BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
fuhr herum.
Auf der Lehne eines grobgezimmerten Holzstuhls saß ein mächtiger schwarzer Vogel! Ein Adler, dessen Schnabel sich öffnete und die Worte entließ: »Verzweifle nicht! Ich bin da, um dir zu helfen. Gemeinsam wird es uns gelingen, den Teufelskreis, in dem du gefangen bist, zu durchbrechen. Aber du musst es
selbst
wollen!«
Chiyoda riss die Hände vom Gesicht weg – so schnell, dass er sich mit den langen Krallen selbst eine blutende Scharte zufügte.
»Wer bist du? Ein Adler, der sprechen kann?«, Er lachte irre.
»Ich bin dein Freund. Und andere Freunde sind bei mir. Sie unterstützen mich. Sie sind entsetzt über das, was Gewalt über dich erlangt hat...«
Chiyoda versuchte sich aufrecht hinzustellen. Kerzengerade und beherrscht. Aber das Zittern wollte nicht aufhören; im Gegenteil, es steigerte sich.
»Einer wie ich hat keine Freunde! Ich habe Vater und Mutter getötet – und unzählige danach.«
»Bis du dich entschieden hast, dem, was dich dazu zwang, Widerstand zu leisten«, erinnerte ihn der Adler mit ruhiger Stimme an etwas, was er tatsächlich vergessen hatte.
»Ich bin... gescheitert. Ich habe wieder getötet! Nach so langer Zeit wieder –«
»Denke nicht daran. Auch das warst nicht
du
. Sieh in den Spiegel. Dort siehst du
dich
. Dort siehst du, was du wieder sein kannst, wenn du es willst – mit aller Kraft!«
»Ich habe es gesehen. Und das will ich nicht sein!«
»Ein guter Anfang... Sieh hin!«
Obwohl sich alles in ihm sträubte, schaute Chiyoda noch einmal in den Spiegel. Aber diesmal blickte ihm kein Werwolf entgegen, sondern ein weißhaariger Greis, in dessen Augen eine Güte leuchtete, die unfähig war, irgendeinem Geschöpf ein Leid zuzufügen...
»DAS BIST DU!«
»Nein...«
»DOCH!«
»Vielleicht war ich es...« Chiyoda wollte den Blick senken, aber das Bild ließ ihn nicht los. Das Bild, das ihn zeigte, wie er sein
wollte
.
Hilflos schluchzend sank er auf die Knie. »Was habe ich getan...?«, Er starrte auf seine blutigen Pranken und wünschte, es wären unbefleckte Hände.
Der Adler sagte: »Du kennst einen Weg, dem Wolf in dir zu entkommen. Du kennst einen Ort, wo er keine Macht über dich hat!«
»Wo?«
»Daran musst du dich selbst erinnern. Denn nur du hast den Schlüssel zu diesen Welten. In eine von ihnen hatte ich mich verirrt, als ich gegen ein ähnliches Scheusal kämpfte...«
Chiyoda blinzelte verstört. Der Adler war verschwunden. Wie auch das Haus, in dem er geboren worden und aufgewachsen war. Plötzlich befand er sich in einer Scheune – vor zwei alten Männern, die ihn ernst, aber nicht feindselig betrachteten. Angehörige fremder, ferner Kulturen. Und doch...
... Freunde?
Der Werwolf brüllte auf, als hätte ihn eine Lanze durchbohrt.
Wie Schuppen fiel es ihm von den Augen. In einer stummen Bilderfolge jagten noch einmal die Stationen seines Lebens an ihm vorbei. Erst rasend schnell und zum Ende hin langsamer werdend.
Als er sich nach vorn warf, auf die beiden Männer zu, schloss einer von ihnen die Augen, ergab sich in sein Schicksal, während der andere... unscharf zu werden begann!
Aber Chiyoda erreichte auch Esben Storm, noch bevor dieser sich auf einen der Pfade seiner Traumzeit zurückziehen konnte. Die Berührung reichte aus, um die beiden zu dem Ort mitzunehmen, von dem der Adler gesprochen hatte. Ein Ort, der ihm den Wolf wie eine dämonische Maske vom Leib wischte...
Jerusalem, Tage nach der Kelchtaufe
»Noch«, hallten Gabriels Worte in Rona nach, »ist Sardon nicht tot. Aber er
wird
sterben. Sobald er Jerusalem an der Seite meiner Kinder erreicht...«
Wie versteinert stand sie da.
Auch wegen dieser Voraussage. Aber in gleichen Maße, weil sie noch ganz im Bann dessen stand, was Luzifers Inkarnation ihr über den Ursprung der Werwölfe vermittelt hatte!
Bis in die Zeit des kretischen Königs Minos, weit vor Christi Geburt, hatte er sie zurückgeführt. In einer Art Traum, nicht in der Wirklichkeit. Denn der Zeitreise war Gabriel nicht befähigt. Sonst hätte er sich schon vor Jahrhunderten eine für ihn ideale Welt erschaffen.
Statt dessen war er gescheitert und besiegt worden.
1666 zu London hatten ihm Salvat und seine Illuminaten solchen Schaden zugefügt, seiner damaligen Inkarnation einen solchen Tod bereitet, dass die Macht Luzifers sich erst mühsam davon hatte erholen müssen, ehe es ihr an der Schwelle zum neuen Millennium erstmals wieder gelungen war, sich im Diesseits zu etablieren.
In Gestalt des
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