BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Kindes Gabriel, das anfangs nichts von seiner Natur gewusst hatte.
Anfangs.
Dieses Handicap war überwunden. Gabriel war sich seiner bewusst geworden. Mit allen Konsequenzen.
»Sardon...«, echote Rona mit bebender Stimme, »... lebt noch? Aber ich sah ihn sterben! Mit meinen eigenen Augen!«
»Augen«, erwiderte der junge Mann, an dem momentan nur die Augen den Teufel dahinter erahnen ließen, »können trügen.«
»Worte auch«, versetzte Rona aufgewühlt. »Sogar noch um vieles leichter!«
»Was hätte ich davon, wenn ich dich belügen würde?«
»Vielleicht willst du mich quälen.«
»Meine
Heerführerin
...? Damit würde ich mir keinen guten Dienst erweisen.«
»Du hast mich oft gequält in der Vergangenheit. Und in Paris wäre ich sogar beinahe von Sardon getötet worden, nur um deinen Spieltrieb – oder was auch immer – zu befriedigen!«
»Ich wollte deine Fähigkeiten testen – ebenso wie die deines Geliebten.«
»Fast hätten wir uns gegenseitig umgebracht. Wärst du rechtzeitig eingeschritten?«
Gabriel schüttelte in täuschend echter menschlicher Manier den Kopf. »Nein. Warum?«
»Du bist wirklich der Teufel!«
»Das will ich hoffen...« Gelassen trat er auf Rona zu und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Die Berührung war unangenehmer als alles, was die Wolfsfrau je an sich herangelassen hatte. Dennoch war sie nicht imstande, die Distanz wiederherzustellen. Reglos stand sie da. Ihre Brust hob und senkte sich. Sie war fast einen Kopf kleiner als die zwischenzeitlich auch äußerlich fast erwachsen gewordene Ausgeburt des Satans.
»Beweise mir, dass Sardon noch lebt!«, forderte sie.
»Das ist nicht nötig. Er wird es dir selbst beweisen. Er wird bald eintreffen, wie ich es bereits sagte: mit meinen Kindern.«
»Du hast... Kinder?«
Gabriel lächelte. »Besondere Kinder. Du bist ihnen schon einmal begegnet. Aber du würdest sie nicht wiedererkennen. Sie entsprechen auch nicht dem geltenden Schönheitsideal.«
»Kinder, deren Vater du bist, könnten noch so schön sein, ihr Wesen würde sie als das entlarven, was sie wirklich sind. – Wo soll ich ihnen schon einmal begegnet sein?«
»Das spielt keine Rolle. Du bist eine kluge Frau. Ich habe gut gewählt.«
Er wusste, wie er sie treffen konnte. Die Gefühle derer zu manipulieren, mit denen er sich umgab, beherrschte er virtuos.
»Gut gewählt? Ich werde alles tun, um deine Pläne zu vereiteln!«
»Das kannst du nicht. Und da du klug bist, weißt du das bereits...«
Rona kniff die Lippen zusammen. Dann trat sie ans Fenster des Hauses, das einem Juden namens Jeb Holski gehört hatte und schräg gegenüber dem Gemüseladen Gershom Chaims gelegen war.
»Wenn
du
so klug bist, wie du gerne tust, weißt du wohl längst, wer sich dort drüben eingenistet hat?«
»Heaven und der 'Hohe Mann' Anum.«
Bis auf die kleine Spitze gegen Anum war Gabriels Ton fast beiläufig.
»Okay, du weißt es also. Dann könnte wahr sein, was du über Sardon sagst – obwohl ich sah, wie Heaven ihn pfählte.«
»Sie pfählte nicht Sardon, sondern ein
Ding
, das glaubte, er zu sein.«
»Ein... Ding?«, Rona fröstelte.
»Du kennst es vielleicht als Genvampir. Ich formte ihn nach Sardons Ebenbild und pflanzte ihm eine Kopie dessen Bewusstseins ein. Er musste daran glauben, er wäre tatsächlich Sardon, um überzeugend zu sterben. Du verstehst?«
»Nicht das geringste.«
»Die Details sind nicht wichtig. Sobald du dem echten Sardon gegenüber stehst, wirst du keine Zweifel mehr haben, dass ich die Wahrheit sage.«
Rona schüttelte ihre Erstarrung ab. »Du sagtest vorhin, er würde sein Leben verlieren, sobald er Jerusalem erreicht. Trachtest du ihm danach?«
Gabriel lächelte wie ein dekadenter Milliardärssohn. »Sein Tod hätte keinen Nutzen für mich – zur Zeit jedenfalls. Aber er wartet tatsächlich hier in Jerusalem auf ihn. Und
du
wirst Sardon zeigen, wo.«
»Ich?«
Gabriel nickte so überzeugt, wie jemand nur von einer Sache sein konnte. »Erinnere dich: Weshalb bist du ursprünglich in diese Stadt gekommen – als du noch nicht wusstest, dass ich dich ohnehin hierher gerufen hätte?«
»Um Sardons Tod zu
verhindern
«, sagte Rona. »Mein alter Mentor Chiyoda hat mich die Vision einer Welt erleben lassen, in der Anum regiert. Eine schreckliche, düstere Welt ohne Hoffnung –«
»War Sardon dort noch am Leben?«
»Das war er. Aber er war seinem Bruder im Streit um den 'Thron' unterlegen.«
»Eine glaubhafte Entwicklung«, sagte
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