BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
auch nur von deiner Schuld ablenken.«
»Ich leide nicht unter Schuldgefühlen. Du hast gesehen und gefühlt, was ich gesehen und gefühlt habe: im Kelch. Hat es dich nicht ebenso überzeugt wie mich? Gib es zu!«
Heaven nickte. »Aber ich bereue es.«
»Reue!«, Anum schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
»Wo willst du hin?«
»Zu unserem Kind! Oder soll es allein sein, wenn es die Augen aufschlägt?«
Heaven griff sich an die Kehle. Sie hatte das Gefühl, ersticken zu müssen.
»Vater!«
Als der Nebel sich um die Archonten lichtete, war der Bus verschwunden. Sie standen inmitten der Jerusalemer Altstadt, umgeben von strömenden Menschenmassen, die Gabriel um sie »herumleitete« – ohne dass die Passanten davon etwas merkten.
»Meine Kinder...« Jovial lächelnd drehte sich der Mann, der höchstens halb so alt wie seine »Kinder« aussah, langsam in dem Kreis, den er mit ihnen um sich her gebildet hatte.
Eigentlich hätten sie sich um ihn drehen müssen. Denn Archonten bedeutete »Planeten«.
Ihr ganzes Dasein dreht sich um mich,
dachte Gabriel.
Sie haben keinen anderen Lebenszweck, als die bevorstehende Schlacht zu entscheiden.
Einem jeden der Geschöpfe, die nie begriffen hatten, warum sie dem sicheren Grab noch einmal entrissen worden waren, blickte Gabriel eindringlich in die Augen.
»Wir waren lange getrennt«, sagte er, und auch seine Stimme blieb in dem intimen Kreis, den sie markierten. »Ein Abgrund aus Zeit war zwischen uns. Nun sind wir wieder vereint. Nun können wir für das gemeinsame Ziel eintreten!«
»Wie lautet das Ziel, Vater?«, Aus zwölf Mündern gleichzeitig kam die Frage.
Der Chor ließ auch Gabriel nicht unbeeindruckt. »Ihr werdet es rechtzeitig erfahren. Vorher aber müsst ihr lernen, mit der wichtigsten Gabe umzugehen, die in euch schlummert. Und die noch nie zum Tragen kam.«
Die Gegenwart Satans, der sie einst tot in ein Haus in Perpignan gebracht und ihnen dort neues Leben eingehaucht hatte, lähmte die Archonten keineswegs. In ihrem Innern schäumten die Gefühle über. Andere Gefühle, als ein Mensch, der nie gestorben war, sie je hätte entwickeln können, aber dennoch mächtig in ihrem Einfluss auf die Hülle, in der sie tobten.
Zitternd umstanden sie ihren Erwecker, der dies nicht als Zeichen von Schwäche wertete. Denn er kannte sie besser als sie sich selbst.
»Was ist das für eine Gabe, Vater?«
»Das werdet ihr erkennen, wenn ich sie in euch erwecke. Jetzt geht...«
Aus Gabriels Augen fuhren Blitze. Und als würde der Blick der Archonten diese Blitze anziehen, schlugen sie in deren rote Pupillen ein, schürten die Glut für die Dauer eines ihrer Herzschläge...
... und verblassten dann wieder, als wäre nichts geschehen.
Mit einem Unterschied: Die Archonten kannten nun die Plätze, zu denen sie sich begeben mussten, um den Willen ihres »Vaters« zu erfüllen.
Um das ihre zu tun, damit die uralte Heiligkeit dieser Stadt hinweggefegt und Jerusalem in den verlorensten Ort des ganzen Planeten verwandelt werden konnte.
Rund zweitausend Jahre, nachdem dies schon einmal geschehen war...
Heaven versuchte sich auf den Geschmack des Blutes zu konzentrieren, das durch ihre Kehle rann. Ihre Augzähne hatten die Schlagader der Frau angestochen, die Anum von der Straße weg ins Haus befohlen hatte. Denn was seinen Durst anging, unterschied der Hohe Mann sich wenig von jedem gewöhnlichen Vampir, der die Heimsuchung der magischen Seuche überdauert hatte, welche die Alte Rasse fast ausgerottet hatte.
Nur noch wenige Oberhäupter existierten, so hatte Anum es berichtet. Wie es aber zum Sterben der Sippen hatte kommen können, darüber konnte nur spekuliert werden. Niemand schien Genaues zu wissen, auch die Überlebenden nicht. Heaven ahnte, dass es mit ihr zu tun haben konnte. Mit dem, was sie getan hatte, nachdem sie mit der Agrippa in den Korridor der Zeit bei Uruk gegangen war.
Hier endete alle Geschichtsschreibung der EWIGEN CHRONIK.
Und Beth' Erinnerung.
Heaven löste den Mund von der Wunde am Hals der Frau, die mit geschlossenen Augen auf dem Bett lag, das einmal David gehört hatte. Sie merkte nicht, was ihr angetan wurde. Ihr Zustand kam einer Vollnarkose gleich. Heaven beneidete sie fast darum.
Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Ein magisches Enzym, das über ihren Speichel in den Körper des Opfers gelangt war, verschloss die Wunde am Hals.
Auf Dauer würde das nicht genügen.
Die Frau muss essen und trinken, um
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