BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
in ärgerem Maße als alle anderen, denke ich.«
»Wie kommst du darauf, Herr?«, Judas Iskariot sah erschrocken auf.
Der Nazarener hob nur die Schultern und lächelte schwach.
»Es –«, begann Judas lahm, und jeder spürte, dass ihm etwas auf der Zunge lag, das ebenso sein Herz belastete; aber er sprach es nicht aus. »Es ist nichts«, sagte er statt dessen. »Mir ist nur nicht wohl. Doch wen sollte das wundern?«, Sein Blick machte die Runde, und jeder sah betreten drein. Judas erhob sich. »Vielleicht hilft mir frische Luft«, sagte er und verließ das Haus.
Der Nazarener wollte ihm nach, doch ich stand schneller auf als er.
»Lass nur«, hielt ich ihn auf, »ich sehe nach ihm. Mir wird schon etwas einfallen, um ihn aufzumuntern.«
Ich lächelte zuversichtlich und folgte Judas hinaus. Denn mir war eine Idee gekommen, wie ich noch mehr Übles säen konnte...
Ich fand Judas unter einem Baum, wo er sich in den Schatten versteckte, wie mir vorkam. Das Zwielicht des Abends reichte dort schon nicht mehr hin.
Neben ihm ließ ich mich nieder. Er schenkte mir keinen Blick, aber ich meinte selbst etwas von der unsichtbaren Last zu spüren, die auf ihm lag.
»Worüber sorgst du dich?«, fragte ich. »Und warum sprichst du nicht mit ihm darüber?«, Ich wies zum Haus. »Er hat doch für alles und jeden ein offenes Ohr und hilft, wie er nur kann.«
Judas lachte kurz und bitter. »Von dieser Sorge kann er mich nicht mit bloßen Worten befreien. Er kann mir nicht geben, was ich bräuchte.«
»Was bräuchte es, um dir zu helfen?«
Judas sah mich an. Sein Gesicht lag im Dämmer, aber seine Augen glänzten, als stünden ihm Tränen darin.
»Geld«, brachte er endlich heiser hervor. Er schluckte, doch das Sprechen wurde ihm dadurch nicht leichter: »Viel Geld bräuchte ich.«
»Wozu?«, wollte ich wissen. Ich ahnte es schon, und Judas' Antwort bestätigte meinen Verdacht.
»Ich habe gespielt – und verloren.«
Ich wusste um seine Lust am Risiko, bisweilen auch an der Gefahr, und der Nazarener selbst hatte ihm ein ums andere Mal zugeredet, sich zu mäßigen und zurückzuhalten:
Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um
, hatte er gesagt.
Aber Judas war unbelehrbar gewesen in dieser Hinsicht.
Ich lächelte still.
»Vielleicht kann ich dir helfen?«, meinte ich.
»Du, Bartholomäus?«, Judas lachte freudlos auf. »Wie solltest du? Bist doch selbst so arm wie jeder von uns Zwölfen –«
»Das glaubst du.« Meine Hand fuhr unter mein Gewand, und helles Klimpern von Metall ertönte leise.
»Was hast du da?«, fragte Judas. In seine Augen trat ein anderer Glanz, nicht der von Tränen, sondern jenes Funkeln, das ich von ihm kannte, wenn Wagemut und Tollkühnheit in ihm erwachten.
»Etwas, das dir helfen wird, wenn –«, den Rest meiner Worte ließ ich unausgesprochen, um Judas noch zu reizen.
»Wenn?«, Sein Blick hing an der Stelle meines Gewandes, wo ich meine Hand verborgen hielt. Seine Stimme klang rau.
»– du mir im Gegenzug versprichst, etwas zu tun, das ich von dir verlange.«
»Was soll ich tun?«, fragte er ohne Zögern.
Ich verriet ihm, was geschehen würde (und tat, als vermutete ich diese Ereignisse nur), und was er sodann zu tun hätte.
»Du bist von Sinnen!«, entfuhr es ihm. »Das... das kann ich nicht tun!«
»Wie du meinst«, erwiderte ich leichthin, und das Klirren der Münzen verstummte wie abgeschnitten.
Judas leckte sich die Lippen.
»Zeig sie mir«, verlangte er heiser. »Zeig mir die Münzen.«
Ich streckte ihm die leere Hand hin. »Schlag erst ein, und sie sollen dein sein.«
Er starrte meine Hand an wie ein Tier, das ihn mit Zähnen und Giftstachel bedrohte.
»Wir werden nicht ändern, was geschehen wird«, versuchte ich ihn weiter, »ganz gleich, was wir tun. Im Grunde lädst du dir also keine Schuld auf, wenn du tust, was ich verlange.«
»Warum willst du, dass ich das tun soll?«
Ich hob belehrend den Finger. »Auch das soll noch Teil unseres Handels sein: keine Fragen!«, Wieder ließ ich das lockende Geräusch erklingen.
Judas holte tief Atem – und schlug endlich ein! So fest umschloss seine Hand die meine, als wolle er mir die Knochen brechen. Doch ich lächelte nur.
Dann reichte ich ihm den ledernen Beutel. Er sah hinein.
Ein Keuchen floh ihm von den Lippen, und seine Augen weiteten sich. »Das sind –«
»– dreißig Silberlinge«, sagte ich. »Du brauchst sie nicht zu zählen. Ich hoffe, das ist genug, um deine Schulden zu zahlen.«
»Mehr als
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