BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
dann noch, als sie sich längst tot wähnte, zu Asche verbrannt, in der nur ihr Geist noch leben musste.
Der Schmerz wollte nicht enden, obwohl nichts mehr vorhanden schien, worin er wüten konnte.
Und ein Gedanke war in Rona, schlicht und wahrhaftig:
So ist die Hölle.
Gabriel sah auf Rona hinab. Ein erbärmliches Bild bot die einst so stolze Wölfin. Sie wälzte sich im Dreck, kreischend und geifernd vor Schmerz, der nicht der ihre war.
Der Satan wandte den Blick ab. Nicht weil Ronas Qual ihn rührte, sondern weil die Wölfin nicht wichtig war, im Augenblick jedenfalls.
Anderes erforderte seine Aufmerksamkeit, Wichtigeres.
Er hatte seine mehr als nur gedankliche Verbindung zu Rona gelöst, als er genug gesehen hatte von dem, was Yamuna im Korridor erfuhr.
Der Inkarnierte wusste, dass es soweit war – dass die Ankunft unmittelbar bevorstand, jener Moment, auf den Luzifers Gesandte so ewig lange hingearbeitet hatten.
Mühelos hatte er die Masken – erst die des Tieres, dann die flammende – durchschaut. Solcherart war er nicht zu täuschen, denn Masken hatte er selbst viele Leben lang getragen.
Gabriel drehte sich den Archonten zu. Im perfekten Kreis umstanden sie den Krater. Sein Blick wanderte entlang ihrer Reihe, verharrte auf jedem seiner Kinder einen Moment lang und blieb schließlich drunten auf dem Tor zur Zeit ruhen.
So unermesslich bedeutsam war, was jetzt endlich folgen konnte.
Und so lapidar Gabriels Wort.
"Jetzt."
Satans Kinder wussten, was sie zu tun hatten.
Sie wussten es, seit sie endlich bei ihrem Vater sein durften. Seine bloße Nähe war ihr Wissen. Und ihr Streben galt einzig seinem Wohlgefallen. Nur zu diesem Zweck hatte er sie einst vom Tod erlöst. Was sonst sollten sie tun, als ihr geschenktes Leben ihm und seinen Wünschen in aller Konsequenz zu widmen? Ihr Leben – und die Macht, die ihm inne war.
Gespenstisch war die Stille, in der es zunächst vonstattenging.
Die zwölf Archonten hoben die Arme, streckten die weißen Finger, bis sie die der nebenstehenden Geschwister berührten. Als der Kreis so geschlossen war, lief ein sachter Ruck durch die Körper, und in den bleichen Gesichtern flammten die eben noch wässrigen Augen in glosendem Rot auf.
Leiser Wind hob an und strich wispernd durch die Kutten, leise und doch laut genug, um das jetzt aufklingende Flüstern der Albinos zu übertönen.
Er gewann an Stärke, wuchs sich aus zum Sturm, der sich allein auf den Kreis der Zwölf beschränkte. Alles andere blieb unberührt von dem Tosen. Es packte nur die Archonten, aber es vermochte sie nicht von der Stelle zu bewegen. Sie schwankten wie Halme im Wind, doch ihre Wurzeln mussten endlos tief in den Sand zu reichen, und ihre Fingerspitzen schienen wie miteinander verschmolzen.
Der nunmehr brüllende Wind zerrte an den Gewändern der Archonten und riss sie ihnen schließlich vom Leibe, als würden sie von unsichtbaren Zähnen und Klauen zerfetzt.
Nackt standen sie da, im Dunkeln schimmernd und starr wie aus Blöcken weißen Marmors geschlagen. Aber es schien, als schmirgele der unmögliche Sturm den Stein ab, und als lege er frei, was darunter war.
Etwas wie Herzen, die nicht in der Brust, sondern in der Leibesmitte der Archonten schlugen. Und sie pumpten nicht Blut durchs Aderwerk, sondern sogen
etwas
aus jedem Winkel der Körper – etwas, das wolkig in der transparenten Blässe der Leiber trieb, wie schwarze Tinte, die man in Wasser goss.
Es war die Kälte des Todes, die der Satan einst nicht aus den Kinderleichen getilgt, sondern darin konserviert und mit dunkler Macht angereichert hatte.
Die sichtbar gewordene Totenkälte wurde angezogen von jenen pochenden Organen, verschmolz damit und ließ sie aufquellen. Mit jeder Bewegung wurden die Herzen, die keine waren, größer. Und schwärzer. Bis sie den Albinos auch den letzten Rest von Blässe genommen hatte.
Lichtschluckenden Statuen gleich standen sie um den Krater. Nur ihre Augen leuchteten noch. Bis sie die Lider schlossen.
Und damit den Impuls zündeten!
Die Röte ihrer Augen tropfte jenseits der geschlossenen Lider hinab. Ins Zentrum der Schwärze –
– die nun explodierte!
Münder wurden aufgerissen. Orkanhaft heulend fuhr finstere Kraft aus. Fegte über den Krater in der Wüste und prallte aus zwölf Richtungen aufeinander, donnernd, diesen kleinen Teil der Welt erschütternd.
Unirdische Kälte griff um sich, umkrustete jeden Stein in der Nähe mit Eis, ließ den Sand erstarren – und
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