BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Glocke aus jenseitiger Kälte und der Finsternis des Todes, die seine Kinder über der Senke hatten entstehen lassen.
Sie war perfekt. Weder unzerstörbar noch ewig, sicher nicht, aber sie würde lange genug standhalten, um –
Drunten am Tunnel sah es aus, als sei ein Tor zur Hölle geöffnet worden. Brodelndes Glutlicht kochte förmlich aus der Öffnung, und mit jedem Sekundenbruchteil gewann es an Blendkraft, wurde greller und gleißender, bis selbst des Teufels Augen es kaum mehr ertrugen.
Unbewusst kniff Gabriel die Lider ein wenig zusammen. Die Augen tränten, und zugleich schien ihm, als würden ihm die Augäpfel in den Höhlen gebraten.
Wieder lachte er.
Und wenn schon
, ging es ihm durch den verderbten Sinn,
ich brauche sie nicht mehr – sie nicht und diesen armseligen Leib nicht mehr! Nicht mehr lange...
Und dann war ER da.
Einen zeitlosen Moment lang schien es, als halte etwas die tosende und flammende Lichtfülle unmittelbar an der Schwelle zum Korridor auf. Als sei dort etwas wie eine unsichtbare Wand oder eine Membran, die dem Ansturm der Macht vom Anfang der Zeit standhielt.
Aber es gab nichts, was sie aufhalten konnte.
Nicht
jenseits
der Schwelle.
Nur diesseits –
Ein Geräusch, als lasse ein Titan eine Peitsche knallen.
Dann brach die flammende Flut aus dem Tunnel. Füllte die Senke binnen eines Lidschlags wie weißglühende Lava. Und eruptierte wie aus dem Schlund eines Vulkans, stieg brodelnd in die Höhe –
–
wollte
es tun.
Und vermochte es nicht.
Die Falle schnappte zu!
In dem Augenblick, da die grellflammende Wolke das Kältegespinst der Archonten berührte, erstarrte sie. Fror ein in etwas, das rußgeschwärztem Eis annähernd gleichsah und doch etwas vollkommen anderes war.
Eben noch wirbelnde Lichtfülle gerann binnen eines Sekundenbruchteils zu völliger Reglosigkeit.
Tosendes Feuer wurde... materiell. Greifbar.
An
greifbar!
ARMAGEDDON begann.
Zwischenspiel
Die Beste aller Welten
Sein wahres Alter hatte Chiyoda längst schon selbst vergessen.
Aber nie zuvor in diesen ungezählten Jahren hatte der weise Chinese sich so alt gefühlt wie jetzt. Obwohl er kaum zu sagen vermocht hätte, wann dieses Jetzt eigentlich war. Gestern, heute und morgen, hier oder da – all dies war ohne tieferen Sinn für ihn, der die Wirklichkeiten durchstreifte wie andere die Räume eines riesigen Hauses.
Eines aber erkannte Chiyoda nunmehr mit niederschmetternder Wahrhaftigkeit: Seine Wanderungen durch die Welten, sie waren nie mehr gewesen als Flüchten, nur Versuche, der einen grausamen und
echten
Wirklichkeit zu entkommen.
Und letztendlich war er in diesem Bemühen gescheitert. Die Ereignisse der allerjüngsten Vergangenheit zwangen Chiyoda zu diesem Eingeständnis, und es schmerzte ihn mehr als alles zuvor.
Seinem Fluch hatte er nicht entkommen können. Nicht auf Dauer. Wie hatte er sich auch anmaßen können, als kleiner Mensch, der er schlussendlich doch nur war, einer Macht widerstehen zu können, die Menschengenerationen mit Verdammnis gestraft hatte?
Selbstbetrug war alles, was er unternommen hatte. Und mehr noch: Nicht allein sich selbst hatte er belogen, sondern – und diese Erkenntnis traf ihn fast härter noch – so viele andere, die alle Hoffnung auf ihn gesetzt hatten. Weil er diese Hoffnung in ihnen geweckt hatte!
So viele waren es, die ihm geglaubt,
an
ihn geglaubt hatten, dass er ihnen in seinem abgeschiedenen Domizil in der Mandschurei Wege aufzeigen könnte, wie sie dem Wolfsfluch entrinnen könnten.
So viele hatte er enttäuschen müssen...
Weil es eine Flucht vor dem Fluch nicht gab. Weil niemand dem Leben entfliehen konnte...
Ein Laut kam über Chiyodas schmale Lippen, so schauerlich, dass er selbst davor erschrak –
– wie auch unter der Berührung, die er plötzlich an der mageren Schulter spürte!
Ein Atemzug, witternd wie der des Wolfes, genügte, um ihn zu verraten, wer da zu ihm getreten war.
"Makootemane – mein Freund." Die Stimme des Weisen klang heiser und schwach wie im Fieber.
Der uralte Arapaho ließ sich neben Chiyoda ihm Gras nieder.
"Du solltest dich nicht länger geißeln", sagte Makootemane.
Der Chinese lachte bitter auf.
"Ich muss mich nicht selbst geißeln", erwiderte er. "Das Leben an sich ist meine Geißel."
"Nur solange du es zulässt."
"Ich habe mich verweigert, und letztlich war es vergebens", erinnerte Chiyoda.
"Du bist stark genug, um es wieder zu tun. Wieder mit Erfolg."
"Zu welchem Zweck? Um am Ende
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