BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Streifens auf sich hatte.
Aber dieser eine schwieg.
Weil er kein Freund war? – Niemandes Freund?
Hidden Moon ertappte sich dabei, wie er ihn regelrecht zu hassen begonnen hatte, diesen an sich so unscheinbaren Aboriginal, der doch eines der größten Mysterien war, denen er in all den Jahrhunderten begegnet war. Allein seine Art und Weise, zu verschwinden und unvermittelt wieder aufzutauchen, machte ihn... unheimlich.
"Kommt mit."
Hidden Moon sah erschrocken auf – und genau in das flache Gesicht Esben Storms. Wie aus dem Nichts war er gekommen. Wie immer. Und wie immer verlor er kein unnötiges Wort.
"Wohin?" Wenn Chiyoda von dem plötzlichen Auftreten des Aboriginals überrascht worden war, so ließ er es sich nicht anmerken. Ebenso wenig wie Makootemane.
"Ich habe euch etwas zu zeigen", sagte Esben Storm. Er streckte die Hände aus.
Ohne weitere Fragen zu stellen, erhoben sich Chiyoda und Makootemane und griffen danach. Hidden Moon wollte es ihnen gleichtun, aber Storms unterschwellig scharfer Ton ließ ihn zurückschrecken.
"Du nicht!"
"Aber –"
Keine Antwort.
Die Dreiergruppe wurde für einen Moment durchscheinend wie farbiges Glas, dann war sie verschwunden.
Auf Traumpfaden gehen
nannte Esben Storm seine Art der Fortbewegung. Sie mochte vergleichbar sein mit dem Wandern durch die Wirklichkeiten, wie Chiyoda es vermochte. Aber der alte Chinese machte aus seiner Methode kein solches Geheimnis wie der Aboriginal, und –
Sie kamen wieder. So plötzlich, wie sie verschwunden waren.
Aber nur Esben Storm schien unverändert. Chiyoda und Makootemane indes wirkten, als kehrten sie geradewegs aus der Hölle zurück!
"Bei allen Mächten! Was war das?"
Trotz des leisen, kaum hörbaren Tons sprach schiere Fassungslosigkeit aus Chiyodas Worten. Entsetzen hatte ihm wie mit Krallen tiefe Furchen ins schmale Gesicht gegraben. Aschfahl war seine Haut.
"Ich weiß es nicht", flüsterte Makootemane, "und ich bin nicht sicher, ob ich es wissen
will
." Er wirkte, als zeigten sich die bislang unsichtbar gebliebenen Spuren der hinter ihm liegenden Jahrhunderte in dieser Minute allesamt zugleich.
Esben Storm schwieg. Unverändert.
Hidden Moons Blick flog von einem zum anderen und blieb schließlich an dem alten Arapaho hängen, der ihm am vertrautesten war.
"Wo seid ihr gewesen?" stieß er hervor. "Was hat er euch gezeigt?"
Niemand schien ihn wirklich wahrzunehmen. Als machte das Grauen, das sie zweifelsohne geschaut haben mussten, sie blind und taub für alles andere.
"Ich verstehe nicht, was es wirklich zu bedeuten hat." Makootemanes Blick ging scheinbar ins Leere, aber er sah noch immer, was der Aboriginal ihnen gezeigt hatte. Als hätten sich die Bilder auf ewig in seine Netzhäute gebrannt.
Esben Storm hatte ihn und Chiyoda zu einem Punkt der wahren Welt, der Ersten Wirklichkeit geleitet, auf Wegen, die sie nicht verlassen konnten und auf denen niemand sie zu sehen vermochte. Nur sie selbst waren zu sehen imstande auf diesen Traumzeitpfaden –
– die durch den schlimmsten aller Alpträume geführt hatten!
"Es bedeutet das Ende", sagte Esben Storm. Seine Stimme klang oberflächlich so unbeteiligt wie eh und je. Darunter aber verbarg sich ein leichtes Zittern. Und dieser Eindruck war es, der den beiden Alten das Gesehene wirklich bewusst zu machen.
Etwas, das selbst Esben Storm, wenn auch nur kaum merklich, aus seiner stoischen Fassung brachte – das musste die größte aller nur denkbaren Katastrophen sein. Etwas, das die Welt in ihren Grundfesten erschüttern würde. Oder vernichten...
Dennoch unterschied sich Makootemanes Art der Verzweiflung von der des Chinesen. Seine Gedanken galten vor allem einer Person, die ihm wie eine Tochter war. Und die er leiden hatte sehen müssen wie die geringste Kreatur auf Erden.
Chiyodas Stimme klang verloren, als verwehe sie in der Endlosigkeit des Universums.
"Was geschieht nur mit dir? Was tut er dir nur an?" Er schluckte schwer; Tränen trübten seinen Blick, als er wie abschiednehmend ihren Namen hauchte. "Rona..."
9. Kapitel
Das Los der Wölfe
Satans Hand senkte sich auf Rona herab, fiel wie ein Schatten, der größer war, als er es hätte sein dürfen, über ihr Gesicht, und dann spürte sie, wie sich die Finger des Teufels einmal mehr wie stählerne Klammern um ihren Schädel schlossen.
Diesmal aber war Rona fast dankbar dafür. Denn obschon sie nicht wirklich begriff, wovon sie eben Zeuge geworden war – sie hatte nicht mehr gesehen,
Weitere Kostenlose Bücher