BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
verlassen, Großer Geist?
Dann schweifte sein Blick zu dem traditionell beschriebenen Lederstück, das ihm vor drei Tagen überbracht worden war. Von einem sterblichen Arapaho, der ihn regelmäßig besuchte, seit Makootemane sich in die Abgeschiedenheit zurückgezogen hatte.
Einer aus der Stadt, die von den
anderen
Arapaho gegründet worden war. Damals, als die Wildnis ihre Unschuld verlor und die ersten Weißen das Land überschwemmten.
Makootemane hatte stets seine schützende Hand über all die gehalten, die damals nicht das Geschenk ewigen Lebens und ewiger Jugend erhalten hatten. Bis heute hatte keiner aus Makootemanes Sippe je das Blut eines
Weißen
getrunken. Sie waren dem Entschluss treu geblieben, den sie damals nach dem Fortgang des Kelchhüters gefasst hatten.
Sie waren
sich
treu geblieben...
Normalerweise reichte der Besucher aus New Jericho Makootemane nur sein Blut. Diesmal war auch eine Botschaft dabei gewesen.
Eine Botschaft von Makootemane liebstem Sohn. Von Wyando... oder
Hidden Moon
. Dem Knaben von einst, bei dessen Taufe der am Himmel stehende Mond im Erdschatten versunken war.
Nur kurz, aber lange
genug.
Im Moment, da die Finsternis ihren Höhepunkt erreicht hatte, war Wyando aus dem Tode wiederauferstanden. Berstend vor Energie. Und in selber Weise – berstend vor
Leben
– hatte er den Weg Makootemanes und seiner zwölf Geschwister in die Zukunft begleitet.
Nun schickte er Nachricht, dass auch er fortgehen wollte. Mit der Wölfischen, die schon damals an der Seite des Lebensbringers gereist war und nun ohne den Hüter zurückgekehrt war...
Makootemane hatte nicht erwartet, dass sie alt genug werden würde, um noch einmal den Weg der seinen zu kreuzen. Nun war es geschehen, und gefiel ihm nicht.
Am wenigsten gefiel ihm, dass sie behauptete, die Ursprünge dessen, was Makootemane heimgesucht hatte, zu
kennen
. Und dass sie vorgab, sie mit Wyandos Unterstützung beseitigen zu können.
Aber es war zu spät, ihn zurückhalten zu wollen. Wyando und die Wolfsfrau hatten Wald und Stadt bereits verlassen.
Sie waren unterwegs. Seit drei Tagen.
Und heute – vielleicht in
diesem
Augenblick – würden sie derjenigen gegenübertreten, von der in Wyandos Botschaft die Rede war.
Ein Zwitterwesen, halb Mensch, halb Vampirin, dem die Wölfische zutraute, Quell jener Veränderungen zu sein, die den Untergang der Alten Rasse eingeläutet hatten.
Gib gut auf dich acht
, dachte Makootemane, und das Herz wurde ihm eng. Aber dann, im nächsten Moment, tröstete ihn wieder sein Totem. Es erinnerte ihn, dass dies nicht die Zeit zum Trauern war.
Sondern zum Kampf.
Gegen den Drachen, der seinen tödlichen purpurnen Staub auf ihn abgeladen hatte...
Bangor
Der Tote hing mit zerfetztem Hals und schrecklichen Wunden am übrigen Körper zwischen den Geländerstäben der Treppen, die Heaven vom Dach kommend hinabstieg.
Sie brauchte ihn nicht zu untersuchen.
Es war offensichtlich, dass kein Leben mehr in ihm war – auch kein Pseudoleben. Der Mörder hatte es fertiggebracht, seinem Opfer das Blut zu stehlen, ohne den
Keim
zu übertragen. Ähnlich musste er es bei den Leichen getan haben, die er des Nachts aus dem Fenster geworfen hatte. Sonst hätten sie zu Staub zerfallen oder auf andere Weise abnorme Veränderungen zeigen müssen...
Trotz des hellen Tages hatte Heaven es gewagt, als Fledermaus zur rückwärtigen Seite des belagerten Hauses zu fliegen und dort durch ein angelehntes Gaubenfenster in den dahinterliegenden Speicher einzudringen.
Außer wertlosem Gerümpel hatte sie dort nichts gefunden.
Auch nichts gehört – außer der megaphonverstärkten Stimme, die in unregelmäßigen Abständen versuchte, den 'Geiselnehmer' zur Aufgabe zu bewegen.
Heaven hatte ihr Outfit verändert. Die Nachahmung einer Uniform war einem pechschwarzen, hauteng anliegenden Catsuit gewichen, wie sie es am liebsten trug. So gekleidet drang sie tiefer ins Gebäude vor.
Bis sie schmatzende Geräusche und irres Kichern auffing.
Beides kam aus dem zweiten Stock. Die Tür, hinter der es ertönte, war nur angelehnt. Heaven schlich darauf zu und spähte durch den Spalt.
Überall herrschte Halbdunkel, als könnte der Bewohner des Hauses die Mittagshelle nicht ertragen.
Nicht mehr.
In dem Moment, als Heaven sah, was in dem Raum vorging, ertönte eine wie eingerostet klingende Stimme, die ihr zurief: »Nur herein, nur herein! Allerdings kann ich nicht versprechen, dass ich nicht beiße...«
Die Gestalt, die ein
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