BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Schon in den Tagen davor hatte es Beschwerden gegeben. Den Protokollen nach gingen Streifenpolizisten den angezeigten Lärmbelästigungen nach, aber sie konnten nichts Verdächtiges entdecken. Aus all den Berichten, die wir jetzt noch einmal durchgingen, war zu lesen, dass die Beamten selbst keinen Grund zu Beanstandungen oder einer Strafverfolgung fanden. Davon sind sie – nach aktueller Befragung – auch jetzt noch überzeugt...
Aber letzte Nacht blieb es nicht bei Geschrei und Lärm. Diesmal beobachteten mehrere Anwohner, wie gegen Mitternacht ein Fenster im obersten Stockwerk aufgerissen wurde und jemand unter irrem Gelächter dicht hintereinander mehrere Leichen auf die Straße hinab warf. Die alarmierte Polizei barg die Opfer und stellte an ihnen dieselben Verstümmelungen fest wie an den Leichenfunden, die nicht nur in Bangor und Umgebung, sondern überall im Land seit geraumer Zeit entdeckt werden...«
Während Heaven weiter zuhörte, war ihr klar, dass der FBI-Agent hier Interna ausplauderte, die der Öffentlichkeit bislang vorenthalten wurden, um nicht noch größere Ängste zu schüren.
Ihr selbst war bewusst, dass die Vampire überall auf der Welt ihre Erkenntnis der plötzlichen Sterblichkeit und Alterung zunächst mit Gräueln an der Bevölkerung zu kompensieren versucht hatten.
Verständlicherweise taten die Behörden alles, um das wahre Ausmaß der Tötungen zu verschleiern. Die Hintergründe blieben für die offiziellen Stellen ominös, eben schleierhaft. Wer glaubte schon an Vampire?
Wieder einmal würden Theorien von Serienmördern oder Massenpsychosen strapaziert werden. Heaven wusste es besser.
»Wie viele Gewalttäter halten sich Ihrer Meinung nach in dem Gebäude auf?«, fragte sie.
»Wir wissen es nicht. Theoretisch kann es ein einziger Mann sein. Der, mit dem wir seit letzter Nacht verhandeln...«
»Sie verhandeln? Worüber?«
»Er behauptet, lebende Geiseln bei sich zu haben. Wir müssen das ernstnehmen.«
Heaven überlegte. Ein Blutsauger genügte für ihre Zwecke.
»Haben Sie vor, das Haus zu stürmen?«, fragte sie.
»Das kommt darauf an, wie sich die Sache weiterentwickelt. Aber das entscheide nicht ich, sondern...«
»Schon gut.«
Sie ließ ihn stehen und ging langsam näher auf das Haus zu, in dem ein dem Wahnsinn verfallener, seinem zur Krankheit gewordenen Trieb folgender Vampir mit einem Großaufgebot der Polizei pokerte. Heaven vermutete, dass es sich tatsächlich nur um das Sippenoberhaupt handelte. Alle anderen mussten der Seuche inzwischen zum Opfer gefallen sein.
Ob sich wirklich weitere Menschen in seiner Gewalt befanden, würde sich zeigen. Aber Heaven war jetzt schon überzeugt, dass diese Geiseln, falls es sie gab, ebenso unschädlich gemacht werden mussten wie der Vampir selbst.
Denn hinter diesen Mauern würde es nichts Lebendiges mehr geben, in das noch nicht der unheilvolle
Keim
von gierigen Zähnen verpflanzt worden war.
Nicht einen einzigen Menschen, der noch Mensch
bleiben
würde, sobald ihn der Tod ereilte. Der Verlust seiner Seele würde ihn zur
Kreatur
machen. Und soweit durfte Heaven es gar nicht erst kommen lassen..!
Zur gleichen Zeit in einem Berg bei New Jericho
Die Finsternis beeinträchtigte Makootemanes Augen nicht.
Im Gegenteil; sie war Balsam für seine geschundene Seele.
Er hatte sich in sie gehüllt wie in eine wärmende Decke. Als wäre dieses 'Tuch' nicht nur in der Lage, die Schande, die seine Hülle befallen hatte, gnädig zu verbergen, sondern sie ungeschehen zu machen...
Das
andere
Augenpaar, das die Höhle und ihn betrachtete, konnte er damit nicht täuschen. Es begleitete ihn seit Jahrhunderten. Und dass es seine Treue noch nicht mit dem Untergang bezahlt hatte, machte ihm Hoffnung.
Eigentlich hätte sein gefiederter Gesellschafter ebenso verenden müssen, wie die Vision es von den Kindern gezeigt hatte, die Makootemanes Blut einst getrunken hatten, um zu Mitgliedern seiner Sippe zu werden.
So mächtig der in ihn gefahrene Drache auch sein mochte, unbesiegbar schien er nicht zu sein.
Zumindest,
dachte Makootemane bitter,
darf ich nicht aufgeben, mir dies selbst einzureden. Was immer mich wie ein Atemzug des Großen Geist traf und vergiftete... ich weiß nicht,
wofür
meine Kinder und ich büßen sollen. Wie gering sind unsere Vergehen gegen das, was hätte geschehen
können.
All die Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte...
Ohne den Blick von den Augen seines Totems zu nehmen, dachte Makootemane:
Warum hast du uns
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