BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Vampir stehen, verließ das Gemach und nur Sekunden danach das Gebäude. Als Gerome auf den Balkon hinaustrat, sah er Sardon gerade noch in der Menge verschwinden.
Und wenig später einen dunklen Schatten aufsteigen, der nach ein paar Flügelschlägen mit der Regennacht verschmolz.
Was Zefrem nicht wissen konnte, war...
... dass Sardon seine Zähne nur zu gern in die Schlagader der angebotenen Kreolin geschlagen hätte. Wäre da nicht jenes Gelübde gewesen, das er abgelegt hatte und demzufolge er erst dann wieder Blut saugen durfte, wenn er den Lilienkelch zurückerlangt hatte.
Mit diesem Schwur hatte er sich selbst bestraft. Denn er hatte versagt. Seine Pflicht nicht erfüllt, die gewesen war, den Kelch zu hüten. Er hatte ihn verloren, ohne sich daran erinnern zu können, wie es dazu hatte kommen können. Doch annähernd 150 Jahre waren genug, um den Gedanken an das Wie und das Warum zu verdrängen. Es zählte allein, das Unheiligtum zurückzuholen, wo und in wessen Händen es sich auch befinden mochte. Und Sardon war bereit, zu diesem Zweck alle Mühsal auf sich zu nehmen.
Daneben sah er seine Aufgabe jedoch auch darin, sich dem schleichenden Untergang der Alten Rasse entgegenzustellen. Denn mit dem Verlust des Kelches schwand auch die Lebensmoral der Vampire. Kaum merklich, aber stetig. Als wäre das Artefakt mehr gewesen als nur Mittel zur Fortpflanzung. Als hätte das Wissen um seine Präsenz dazu beigetragen, die alten Werte und Traditionen aufrecht zu erhalten.
Deshalb war Sardon dem Ruf Geromes nach New Orleans gefolgt. Zumal er, wenn getan war, was getan werden musste, die Reise in die Neue Welt auch nutzen konnte, um hier nach Hinweisen auf den Verbleib des Lilienkelches zu forschen.
Doch zunächst galt es, sich des Abtrünnigen anzunehmen. Wie er Gerome schon gesagt hatte, war ihm das Problem nicht neu. Es stellte sich in der Tat stets, wenn irgendwo auf der Welt Kriegsgemetzel entbrannten. Und Sardon gestand sich ein, dass er die Beweggründe jener Vampire, die sich in solchermaßen verlockender Situation dem Blutrausch ergaben, nachvollziehen konnte – ein wenig zumindest. Denn viele Oberhäupter hielten die Angehörigen ihrer Sippen allzu kurz, was ihre Blutgelüste anging.
Und so ergriffen manche eben die erstbeste Gelegenheit, sich das Gedärm im Überfluss mit dem Elixier der Alten Rasse zu füllen, zumal die Angst, in der die Opfer zu Kriegszeiten oft unterbewusst lebten, das Blut die rechte Würze verlieh.
Sardon störte sich nicht in erster Linie daran, dass ein Vampir eigene Wege ging. Schließlich tat er selbst nichts anderes, wenn auch aus gutem Grunde. Viel schwerer wog der »Überschuss« an Dienerkreaturen, der solchen Alleingängen oft anhing. Einmal dem Blutrausch verfallen, saugten diese Vampire ihre Opfer bis zum letzten Tropfen aus, so dass sie daran starben – um sich dann, beseelt vom Keim des Bisses, zu Untoten zu erheben. Und diese Kreaturen bedurften der Führung ihrer Herren. Doch ein solches Heer, wie es in diesen Fällen erstand, war von einem einzelnen nicht zu kontrollieren.
Dazu kam noch, dass, wenn diese Unsitte um sich griff, die Vampire sich auf lange Sicht die Nahrungsquelle entzogen. Denn es war abzusehen – wenn man wie die Alte Rasse in Jahrzehnten als kleinster Zeiteinheit rechnete –, dass die Menschheit in naher Zukunft ausgerottet sein würde, samt und sonders überbordender Blutgier zum Opfer gefallen. Zumal sich ja auch die Dienerkreaturen aus den Adern Lebender nährten, ohne allerdings selbst Kreaturen schaffen zu können.
Aber auch das war nicht der einzige, nicht einmal der wichtigste Grund, der Sardon solchem Treiben Einhalt gebieten ließ. Die größere Gefahr sah er darin, dass Legionen von Untoten die Menschen auf die Alte Rasse aufmerksam machen würden. Früher oder später mussten auch der Dümmste und der Blindeste sich einen Reim darauf machen, wer für solche Vorfälle verantwortlich war. Und wenn erst einmal zur kollektiven Jagd auf die Vampire geblasen wurde, dann stand die Alte Rasse auf verlorenem Posten. Denn es gab sehr wohl Mittel und Wege, ihnen den Garaus zu machen.
Doch diese Überlegungen waren müßig, und Sardon schob sie beiseite. Er war mit der Lösung dieses Problems vertraut, und sie war nicht einmal sonderlich schwierig. Denn die Menschen selbst lieferten ihm mit ihren Kriegen das geeignete Werkzeug.
Er musste nur die richtige Verbindung knüpfen.
Und Sardon fand einen geeigneten Kontaktmann.
Einen
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