BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
hochdekorierten sogar.
»
In derselben Nacht...«, fuhr Zefrem fort...
... lag Agamemnon in seiner Hütte auf dem Bett, die Augen geschlossen, ohne zu schlafen, darauf wartend, dass Semiramis sich wieder davonstehlen würde, hinüber zum Herrenhaus, um sich dem Master hinzugeben und ihm am Ende ihr Blut zu offerieren.
Der Schwarze fröstelte trotz der Schwüle, die ihm den Schweiß aus allen Poren trieb und jeden Atemzug zur Qual machte. Doch die stickig feuchte Luft im einzigen Raum der Hütte war nicht der eigentliche Grund.
Der andere lag neben ihm.
Semiramis.
Nach jener Nacht, in der Agamemnon das schwarze Mädchen mit Jacques La Foré beobachtet hatte, hatte es sich noch einmal verändert. Gravierend. Sie war eine völlig Andere geworden. Dass sie sein Bett noch teilte, hätte Agamemnon zutiefst verwundert – wenn er fähig gewesen wäre, einen halbwegs klaren Gedanken zu fassen.
Nun, das stimmte nicht ganz. Er konnte sehr wohl noch klar denken. Aber nur dann, wenn es um seinen Plan ging.
Seinen
Plan
...
Hätte der Schwarze sich nicht so elend gefühlt, hätte er vielleicht aufgelacht.
Sein »Plan« für das, was er vorhatte, beschränkte sich darauf, abzuwarten, bis Semiramis die Hütte verließ, dann wollte er sich aus dem Staub machen, von der Plantage fliehen.
Einen Fluchtweg hatte er sich bei der Arbeit ausgesucht. Er führte durch das mehr als mannshohen Zuckerrohr in die Sümpfe hinüber. Dort würde er dann weitersehen, darauf hoffend, dass etwaige Verfolger zwischen den morastigen Tümpeln und Wasserlöcher nicht so schnell vorankommen würden. Und um die Hunde abzulenken, hatte Agamemnon ein paar Fleischreste von den Mahlzeiten aufgehoben.
Doch dieser großartige »Plan« schien schon im Anfangsstadium zu scheitern. Daran nämlich, dass Semiramis sich offenbar ausgerechnet in dieser Nacht nicht davonschleichen wollte.
Agamemnon wartete noch dreimal so lange, wie er brauchte, um so weit zu zählen, wie er konnte. Dann schob er sich aus dem Bett, zentimeterweise und fast lautlos – und doch nicht vorsichtig und leise genug.
Die Stimme erreichte ihn auf halbem Wege zur Tür.
»Agamemnon?«
Er wandte sich um. Semiramis saß im Bett. Im schwachen Licht, das von irgendwoher kam und kaum mehr als Umrisse erkennen ließ, sah er eines doch ganz deutlich: die beiden dunklen Punkte, die wie nachtschwarze Muttermale seitlich an Semiramis' Hals prangten.
»Wo gehst du hin?«
Er zögerte, vielleicht zu lange.
»Nur... nur mal raus. Mir ist so warm«, brachte er dann endlich hervor.
»Draußen ist es nicht kühler, trotz des Regens«, meinte sie. Und dann lag, mit einem zuckersüßen und zugleich unendlich verruchten Locken in der Stimme: »Komm her zu mir, Agamemnon, denn mir ist kalt, furchtbar kalt.«
Sie breitete die Arme aus, stand auf. Nackt kam sie auf ihn zu, jeder Schritt eine Provokation. Doch sie verfing nicht bei Agamemnon, nicht mehr. Jede ihrer Bewegung erinnerte ihn daran, was Semiramis mit Jacques La Foré, diesem widerlichen Kerl, getrieben hatte.
Ihre Schönheit, ihr makelloser und herrlicher Körper mit den kleinen festen Brüsten waren das einzige, was sich nicht an ihr verändert hatte.
Die ärgste Veränderung aber fiel Agamemnon erst jetzt auf. Vielleicht war sie zuvor auch noch nicht dagewesen...
Er hörte ein ganz leises, feucht klingendes Knirschen.
Semiramis öffnete den Mund.
Agamemnon schrie erstickt auf.
Die Eckzähne des Mädchens waren mit einem mal nadelspitz und so lang, dass sie die Unterlippe berührten. Wie jene, die der Master ihr in den Hals geschlagen hatte.
Sie fauchte, und ihr Ton wurde schneidend. »Komm her, verdammter Bastard! Ich will dein Blut!«
Agamemnon schluckte trocken; seine Kehle kratzte und schmerzte.
»Semiramis«, stieß er dann hervor, »nein, geh weg. Bitte...«
»Hör auf zu winseln!«
Sie sprang.
Agamemnon streckte wie im Reflex die rechte Faust vor.
Semiramis stürzte getroffen zu Boden, ächzte benommen.
»Ich... das wollte ich nicht...«, stammelte Agamemnon.
Lauf, du Narr! Renn weg! So schnell du kannst!
Die Stimme klang hinter seinen Ohren auf, direkt in seinem Kopf.
Agamemnon gehorchte ihr. Er rannte aus der Hütte, zwischen anderen hindurch, und schon bald tauchte er in den hochstehenden Zuckerrohrfeldern unter. Trotzdem konnte er Semiramis' gellenden Ruf noch hören.
»Er flieht! Ihm nach!«
Der Schwarze wusste, dass tatsächlich eine ganze Weile, mindestens ein paar Minuten vergangen sein mussten,
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