BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
er diesen Namen, den Weiße ihm gegeben hatten, mit dem Joch, von dem er sich mit seiner Flucht befreit hatte, ablegen wollte. Fortan würde er sich wieder mit jenem Namen anreden lassen, den seine Eltern ihm vor 30 Jahren gegeben hatten. »Z...«
Seine Lider schlossen sich, bevor er ausgesprochen hatte.
Einen Gedanken nahm er mit hinüber in Schlaf und Traum.
Er war in Sicherheit.
Wenn auch nur bis zur nächsten Nacht...
»
In der übelsten Gegend von New Orleans...«, wechselte Zefrem wieder den Schauplatz seiner Geschichte...
... wurde Sardon schließlich fündig.
Einen Mann von der Art zu finden, nach der er gesucht hatte, hatte ihn keine sonderliche Mühen gekostet. Nur Zeit. Vor allem, den Mann
ausfindig
zu machen, hatte gedauert. Denn dass ein Mann wie dieser sich in einer
solchen
Gegend herumtrieb, diese Vorstellung hatte selbst Sardon nur schwerlich akzeptieren können.
Offensichtlich war an den anrüchigen Geschichten, die man sich über ihn erzählte, mehr dran, als die meisten, Präsident Lincoln eingeschlossen, zu glauben bereit waren...
Die dunklen Gassen im Hafenviertel quollen über – vor zwei- und vierbeinigen Ratten ebenso wie vor Unrat. Der Gestank waberte fast sichtbar zwischen den eng beieinander stehenden Häusern. Und in den zahllosen Tavernen und Freudenhäusern wurde vermutlich in erster Linie zu Desinfizierungszwecken hochprozentiger Stoff ausgeschenkt.
Der Mann jedenfalls, den Sardon suchte und endlich fand, schien die fette Hure, deren wabbeligen Schoss er gerade mit arrhythmisch zuckendem Becken bearbeitete, mit mindestens 90prozentigem Fusel eingerieben zu haben, bevor er sie in Angriff nahm. Der Dunst in der schmuddeligen Kammer ließ keinen anderen Schluss zu.
In Fledermausgestalt durchschlug der Kelchjäger das Fenster des kleinen Zimmers. Das Geräusch berstenden Glases zählte in dieser Gegend zur üblichen Klangkulisse; niemand störte sich daran. Außer der dicke Nutte, die zwei, drei Sekunden lang Nebelhorn spielte, ehe Sardons bloßer Blick sie zum Schweigen brachte.
Der nackte Mann war von kräftiger, aber keineswegs fettleibiger Statur. Und wenn man in Gedanken die Spuren wegretuschierte, die der Alkohol hinterlassen hatte, war er durchaus stattlich zu nennen. Das dunkle Haar hatte er mit Pomade zurückgekämmt; ein paar wirre Strähnen hingen ihm in die Stirn. Sein kurzgeschorener Vollbart wurde von Silberfäden durchzogen.
»Wassollas?«
Obwohl er nuschelte, klang seine Stimme doch noch immer befehlsgewohnt, wie man es von einem Mann wie ihm erwartete.
Sardon bohrte den Blick durch die Nebel, die über den tiefblauen Augen des Nackten hingen. Etwas verlosch hinter dem glasigen Glanz wie ein Windlicht, das man ausblies.
»Ziehen Sie sich an«, verlangte der Vampir und wies auf das dunkelblaue Kleiderbündel, das am Fußende des Bettes auf dem Boden lag.
Ohne zu widersprechen stieg der nackte Mann in seine goldbetresste Uniform der Unions-Armee. Sardon sah währenddessen zu der Hure hin, die stieren Blickes alles zu beobachten schien und doch nichts mitbekam. Der Anblick ihrer wächsernen Haut, die Sardon an Hefeteig denken ließ, ekelte ihn. Dennoch – er überwand seinen Widerwillen. Wer wusste schon, wann er wieder dazu kam, sich zu stärken?
»Würden Sie sich bitte umdrehen?«, bat der Kelchjäger mit unnötiger Höflichkeit.
Der Uniformierte wandte sich gehorsam um und bekam nicht mit, was hinter seinem Rücken geschah.
Sardon legte die Hände aneinander, so dass die Fingerspitzen sich berührten. Dann verhärteten sich seine Züge, als er seine Gedanken sammelte, sich auf die Art des Aderlasses konzentrierte, die er sich auferlegt hatte.
Zwischen seinen Händen entstand ein zunächst noch durchscheinendes Gebilde. Es wurde scheinbar fester, materieller, und blieb doch unwirklich. Ein Gefäß von der Form einer Lilie, eine gedanklich geschaffene Kopie des verschwundenen Unheiligtums.
Dann ließ Sardon seine Konzentration den zweiten Schritt tun. Unter seinen Blicken reckte ihm die Hure beide Arme entgegen, die Handgelenke nach oben gedreht. Über den Pulsadern schnappte die weiße Haut auf wie an perforierten Schnittlinien. Unsichtbare Messer drangen tiefer, öffneten die pochenden Kanäle darunter.
Blut spritzte und wurde in gezielte Bahnen gelenkt, ehe es irgendetwas netzen konnte. Wie der Strahl aus den Mäulern von Wasserspeiern vereinigten sich die roten Fontänen noch in der Luft und verschwanden in der Öffnung der Kelchkopie, die
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