BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Sardon geschaffen hatte.
Als das Gefäß bis dicht unter den Rand gefüllt war, ließ er das Blut der Hure sinnlos verströmen und leerte den Kelch bis zur Neige. Es schmeckte scheußlich. Der Mann hatte es offensichtlich nicht geschafft, das Blut der jungen Vettel in Wallung zu versetzen. Aber immerhin – es erfüllte seinen Zweck. Sardon spürte die Kraftreserven seines Körpers ansteigen.
»Gehen wir«, sagte er zu dem Uniformierten, nachdem der Lilienkelch in seinen Händen verblasst und schließlich verschwunden war.
Der andere folgte ihm aus dem Zimmer, und wenig später traten sie aus dem Gebäude. Seite an Seite gingen sie durch das Hafenviertel in Richtung des French Quarters. Gestalten, deren Seelen so schwarz waren, dass ihre Träger schon deswegen unsichtbar wurden im Dunkel der Nacht, wichen zurück, wenn die eisige Aura sie traf, die der Vampir einer Bugwelle gleich vor sich herschob.
»Und du meinst tatsächlich, er könnte uns helfen, das Problem zu lösen?«
Gerome sah zweifelnd zu dem Uniformierten hinüber, der reglos in einem Sessel saß und versuchte, stieren Blickes das Nirgendwo zu entdecken.
Sardon nickte. »Er hat den Schlüssel zur Lösung – oder die Macht, wenn du so willst.«
Im Morgengrauen hatten der Vampir und sein willfähriger Gefolgsmann jenes gastfreundliche Haus erreicht, in dem der Sippenführer auf Sardons Rückkehr gewartet hatte. Mittlerweile hatte der neue Tag den Himmel über New Orleans längst erobert, und durch die offenstehende Balkontür drang neben milder Frühlingsluft auch Lärm, der sich von dem der Nacht dadurch unterschied, dass er auf schwer zu beschreibende Weise »geschäftsmäßiger« klang.
Sardon wies auf die Karte, die Gerome auf seinen Wunsch hin besorgt und an der Wand befestigt hatte. Darauf war der südliche Teil Louisianas zu sehen. Gerome zeichnete mit Tinte und Federkiel Kreuze in die Landschaft.
»Sind das all jene Orte, an denen dein Freund Guillaume und seine Horde zugeschlagen haben?«, wollte Sardon wissen, mit dem Kinn zu der Karte hindeutend.
»Zumindest alle, die mir bekannt sind.«
Gerome sah wieder zu dem Uniformierten hinüber.
»Ich hatte ihn droben bei Vicksburg vermutet«, sagte er. »Immerhin belagert er die Stadt doch angeblich seit Wochen, um dem Süden den letzten Zugang zum Mississippi zu schließen.«
Sardon zuckte die Schultern.
»Er wird Vicksburg kaum allein belagern und hat vielleicht ein paar Tage Fronturlaub genommen«, meinte er. »Und das kulturelle Angebot ist in New Orleans wohl eher nach seinem Geschmack als dort oben.«
Gerome rümpfte die Nase.
»Er stinkt widerlich. Als hätte er in Schnaps gebadet.«
»Ja, das ist ein Problem«, erwiderte Sardon. »Ein betrunkener Verbündeter ist unter unserer Würde. Du solltest ihn 'trockenlegen', bevor es losgeht.«
Er grinste und fuhr sich wie zufällig mit der Hand über den Hals.
Gerome grinste zurück.
»Warum hast du es nicht heute Nacht schon getan?«, fragte er dann.
Sardon winkte ab.
»Ich bin nur Gast hier. Und ich fürchte, sein verdorbenes Blut ist nicht nach meinem Geschmack«, redete er sich heraus.
»Nun gut, ich werde dafür sorgen, dass er unser treuer Diener wird«, versprach Gerome mit säuerlichem Gesicht.
Sardon befahl den Uniformierten mit einer Handbewegung zu sich. Der Soldat gehorchte und stakste heran. Der Vampir zeigte auf die Karte an der Wand und erklärte dem anderen sein Vorhaben. Dann lockerte er die Fessel um den Geist des Mannes so weit, dass er zum Denken in den entsprechenden Bahnen fähig war. Fast konnte man sehen, wie das Räderwerk seines Gedankenapparates hinter seiner Stirn langsam in Gang kam.
»Das ist zu schaffen«, erklärte der Uniformierte schließlich und erläuterte die Strategie, die er ersonnen hatte.
»Haben Sie genug Männer dafür?«, wollte Sardon wissen.
Der andere nickte.
Der Vampir grinste zufrieden.
»Dann schlagen wir heute Nacht zu. Mobilisieren Sie alle verfügbaren Truppen, General Ulysses Grant!«
Das Bild war beeindruckend.
Ein Meer von Menschen zog vom südlichen Ufer des Mississippi weiter ins Land hinein, unruhig wogend in der Bewegung der uniformierten Männer. Sardon vermochte ihr Zahl nicht zu schätzen. Aber er war sicher, dass es mehr als zwei- oder sogar dreitausend waren.
Ulysses S. Grant, General der Unionsarmee, hatte ganze Arbeit geleistet und an Truppen zusammengezogen, was er im Laufe eines Tages in Marsch hatte setzen können. Nun saß er im Sattel
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