BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
wurde.
Durch einen solchen Spalt hatte Heaven die von Germain geleitete Feier beobachtet – nun wanderte ihr Blick erneut suchend durch das Gewölbe, das Ähnlichkeit mit einem Kirchenschiff besaß, aber frei war von wahrer christlicher Symbolik. Hie und da standen Schalen mit undefinierbarem Gebräu zwischen den Fetischen, die den Boden rings um den etwas erhöht auf einem Podest stehenden Altar bedeckten.
Aber weder den singenden, tanzenden Voodoosi, noch dem Mädchen Aimee auf dem Opferstein zollte Heaven vergleichbare Aufmerksamkeit wie...
... der Gestalt, die dort den kunstvoll geschmückten Dolch erhoben hatte, um zu vollenden, was Isaak Germain unterbrochen hatte.
Dass das Entsetzen wie kalter Nebel durch Heaven Gehirn kroch, lag daran, dass sie den Mann am Altar kannte. Oder zu kennen glaubte.
Immerhin war sein Aussehen identisch mit dem Mann, der ein paar Schritte hinter ihr auf dem Boden der Kammer kauerte und damit beschäftigt war, nicht an dem Blut, das in immer heftigeren Eruptionen aus seinem Mund quoll, zu ersticken...
Sie fuhr zu ihm herum. »Was geht hier vor? Hast du etwa einen Zwillingsbruder?«
Isaak Germain starrte aus tränenverschleierten Augen zu der Frau auf, die keine Kleidung im eigentlichen Sinn trug. Das anthrazitfarbene Etwas, das ihre weiblichen Rundungen umfloss, erinnerte viel mehr an gekonntes
body painting
. Hauchdünn wie getrocknete, aber elastisch gebliebene Farbe wirkte der Stoff, der sich um ihre Haut spannte.
Der Grand Commandeur stoppte den Flug seiner Gedanken.
Er starb! Zumindest fühlte er sich, als hauchte er sein Leben unter Qualen aus.
Wie Gift aus einer tödlichen Frucht, die ihre Schale in ihm geöffnet hatte, breiteten sich Krämpfe und unlöschbare Feuer in seinem Innersten aus. Halb von Sinnen starrte Germain auf das Sekret, das er in schnell aufeinanderfolgenden Schüben erbrach. Zunächst glaubte er nicht daran, dass es Blut sein könnte. Es sah aus wie der geleeartige Schleim, der aus Kauri-Muscheln troff, wenn man sie gewaltsam öffnete...
»Antworte!«
Sie erwartete wirklich eine Antwort. Sie musste verrückt sein! Was meinte sie mit
Zwillingsbruder
?
Als Isaak Germain nicht darauf einging, überwand Heaven die Distanz zu ihm mit ein paar schnellen Schritten, packte ihn am Kragen seiner Robe und riss ihn vom Boden empor. Auch als er stand, das Kinn auf die Brust gestützt und immer noch sabbernd, ließ sie ihn nicht los.
Gut so
, dachte er, denn aus eigener Kraft hätte er sich kaum noch aufrecht halten können. Ein teuflischer Chirurg schien das Korsett des Rückgrats aus Germains Körper entfernt zu haben. Schlapp und haltlos, als besäße er kaum Gewicht, zitterte der massige Priester im Griff der absonderlichen Besucherin.
Er wusste immer noch nicht, was sie von ihm wollte. Oder wie sie ihn dazu gebracht hatte, die Zeremonie zu unterbrechen, um zu ihr zu gehen.
Daran, dass normalerweise niemand in die Intimsphäre dieses ihm allein vorbehaltenen Raumes hätte eindringen dürfen, verschwendete der Großmeister der Voodoosi kaum noch einen Gedanken.
Es spielte wirklich keine Rolle mehr im Angesicht des Todes.
Ungläubig blickte Heaven auf die Gestalt, um deren Kragen sich ihre Faust gekrampft hatte. Ihr Griff bewahrte Isaak Germain davor, sich der Schwerkraft zu ergeben und sofort wieder zu Boden zu sinken. Er ließ es sich gefallen, als wäre er ihr Spielzeug. Eine Marionette, deren Fäden jemand blutig durchtrennt hatte.
Jemand...
ETWAS!
Heaven rief sich Germains Andeutungen in Erinnerungen. Die mysteriöse Gefahr, von der er gesprochen hatte. Eine Gefahr, die
allen
hier in dieser Stätte der Zusammenkunft drohte!
Aber von wem?
Heaven brauchte Germain nur anzuschauen, um ihm zuzugestehen, dass kein Bluff der Welt
so weit
gegangen wäre.
Das Gewand, an dem sie ihn hielt, begann wie elektrisch aufgeladen zu knistern.
Das war der Anfang. Dann verlor es seine Helligkeit, weil das Weiß von abgrundtiefem Schwarz verschlungen wurde, als saugte sich der Stoff mit Tinte voll. Oder als...
Heaven blinzelte.
Nur kurz hatte sie den Blick von den Geschehnissen im Gewölbe gelöst, um sich ein Bild von Germains Zustand zu machen. Nun erhielt sie den letzten Beweis, dass eine starke übernatürliche Kraft ins Geschehen eingegriffen hatte – eine Macht, die mit Isaak Germain nach Belieben verfuhr!
Im selben Maße, wie sich seine Kleidung verdüsterte, hellte sich die
Haut
des Priesters auf!
Bleichte! Und schälte sich von seinem
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