BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
faulenden Fleisch...!
Germain riss den Mund auf, als stünde er auf einem Scheiterhaufen, der ihm – wie Aimee drüben auf dem Altarstein – jedes Härchen vom Körper sengte. Aber kein Laut drang über seine verdorrenden, Blasen werfenden Lippen. Er sah aus wie eine ins Riesenhafte mutierte Laborratte mit deutlichen albinoiden Merkmalen.
Wer ihn in diesem Moment sah, kahl, pigmentlos und aus unzähligen kleinen Wunden blutend, hätte ihm die Fähigkeiten abgesprochen, die er noch Minuten zuvor eindrucksvoll bewiesen hatte: die Fähigkeit, Massen zu führen, sie mitzureißen...
Ein anderer tat es nun für ihn. Jemand, der aussah wie zuvor er.
Auch wenn es Heaven wie Minuten vorkam, so liefen die Dinge, auf die es wirklich ankam, doch binnen
Sekunden
aus dem Ruder.
Plötzlich bäumte sich Germain auf – aber nur, um sich übergangslos wieder zu entspannen und vollkommene Ruhe zu verbreiten. Stoische Ruhe, wie sie nur Toten zu eigen ist, die keine Ambitionen haben, aus dem Jenseits zurückzukehren.
Und die Chancen, dass Isaak Germain zum Wiedergänger werden könnte, standen miserabel. Unter Heavens Fingern verwandelte er sich in dieselbe amorphe Substanz, zu der auch die Tierleichen auf den Fetischen zerfielen – als gäbe es zwischen ihnen und Germain mehr als nur eine flüchtige Verwandtschaft.
In diesem Augenblick begriff Heaven, dass sie in ein Wespennest gestochen hatte. Auch wenn die Fährte, der sie gefolgt war, nicht im Unterschlupf von Vampiren geendet hatte – was sich hier manifestierte, war mindestens ebenso gefährlich! Weil es auf
dieser
Seite der Welt eigentlich nichts zu suchen hatte.
Heaven erkannte es in dem Moment, als das Wesen mit dem Aussehen Isaak Germains ihr das Gesicht zudrehte, die Dolchklinge grimassenhaft lächelnd bis zum Schaft in Aimees Nabel trieb und seine Maske fallen ließ. Sich zeigte, wie es
darunter
aussah.
Und Heaven mit einem Blick zu sich befahl – wie sie es bei Isaak Germain getan hatte, der jetzt nur noch von winzigen schwarzen Blitzen umsponnene Asche war. Kalt verzehrt von dem, was nun nach Heaven griff...
Die Wände des Gewölbe zerliefen wie Wachs in der Sonne. Und bei jedem Schritt, den Heaven auf den Altar zumachte, versank sie bis zu den Knöcheln in morastigem Stein...
Es ist nicht wahr,
dachte sie.
Er betrügt mich!
Es
.
Das Ding auf dem Podest! Das dämonische Gewächs, das mit nichts Ähnlichkeit hatte, was Heaven je gesehen hatte. Das schemenhaft
blieb
, weil ihre Sinne es nicht benennen konnten...
Unwillkürlich musste sie an die Geschehnisse im Garten Eden denken, wo das erste von Gott erschaffene Menschenpaar bestimmt worden war, den Tieren und Pflanzen Namen zu geben – um ihnen auf diese Weise erst
Wirklichkeit
zu verleihen.
In diesem einsamen Moment im Angesicht einer unbenamten Kreatur bildete sich Heaven ein, dass sie verstand, welcher immensen Gefahr Gott dadurch für spätere Generationen hatte vorbeugen wollen. Für dies hier gab es keine passenden Begriffe – und Heaven war nicht in der Lage, welche zu erfinden.
Es blieb Es. Schattenhaft, gewaltig... und ganz nah!
Nicht nur Heaven saß in der Falle. Nicht nur Aimee war sein Opfer. Es würde keinen schonen. Nicht den Chor der Kinder, nicht die immer mehr außer Rand und Band geratenden Musikanten – und auch die anderen Voodoosi nicht!
Heaven konnte nur ahnen, dass die Menschen hier an Kräften gerührt hatten, die sie nicht zu beherrschen vermochten – die vielleicht
niemand
beherrschen konnte. Das Fremde war zu stark, zu anders.
Hohl hallte das Echo seiner Rufe in Heaven wider. Abstrakte Gedankenmuster, die ihr eigenes Denken umzuprogrammieren drohten. Es empfänglich machten für... die Idee, in dem Namenlosen aufzugehen. Die eigene Identität aufzugeben und künftigen Terror
mit
zu betreiben. Hier, in dieser Welt, oder anderswo, in einer Umgebung so fremd wie das Wesen, das
Ding
, das in diese Realität eingebrochen war...
Heaven erreichte das Podest, wo auf dem Altarstein Aimee lag, der Blut aus Mund, Nase und Ohren quoll. Sie zuckte und wand sich in den Fesseln, die ihre Arme und Beine banden. Ihre Haut war fast durchscheinend vor Blässe geworden. In ihren Augen waberte die Schwärze, als hätte jemand sternenlosen Weltraum hineingepackt.
Sie war nicht mehr bei Sinnen. Vielleicht spürte Aimee gar nicht mehr, was das Abscheuliche in Gestalt Isaak Germains ihr antat – obwohl Heaven dies bezweifelte. Viel wahrscheinlicher war, dass das Leid, der Missbrauch
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