BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
gesprochen.
Und sie hatte die Stimme erkannt.
Weil Caitlin Appleton sie nie vergessen würde, nie im Leben...
Sie war längst stehengeblieben und wandte sich in die Richtung, in der sie den anderen
wusste
, ohne ihn sehen zu müssen.
»Herr?«, flüsterte sie – erschrocken, ehrfürchtig und unterwürfig in einem.
Eine hochgewachsene Gestalt löste sich aus den Nebeln, die wie Tücher aus schmutziger Gaze über dem Parkplatz hingen.
»Ich bin zurück«, erklärte der Mann. Seine Stimme klang dunkel, eisig, bedrohlich –
– wunderbar
, fand Caitlin und fröstelte, als der Mann ihr gegenübertrat.
»Endlich«, flüsterte sie schmachtend und bog ihren Kopf zurück, so dass sich die Haut ihres Halses straffte und das erregte Pulsieren ihrer Schlagader den Blicken des anderen schier aufdrängte.
»Jetzt nicht«, knurrte Sardon unwirsch. Er war nicht
deswegen
hergekommen. Nicht in erster Linie zumindest.
»Bring mich zu
ihm
«, verlangte der mächtigste und älteste aller Vampire, und mit einem abgründigen Lächeln setzte er hinzu:
»–
Hüterin
.«
Das Summen der Triebwerke war im Innern des Flugzeuges kaum zu vernehmen. Nur Gabriel empfand es als störend. Seine Sinne waren nicht allein die eines Menschen.
»Du bist ein tapferer junger Mann«, sagte eine Stimme neben ihm.
Er wandte den Blick und sah der älteren Frau, die auf dem Sitz neben ihm hockte, ins Gesicht.
»Bin ich das?«, erwiderte er.
»Wenn du ganz allein schon auf eine so große Reise gehst...«, sagte sie.
»Kümmere dich um deinen Kram«, zischte Gabriel, die Frau nicht aus den Augen lassend.
Ihr Gesicht verfiel, ein kleines bisschen nur. Kosmetik würde den »Schaden« beheben.
Sie lächelte den Jungen in maskenhaft starrer Freundlichkeit an.
»Du hast recht«, sagte sie, »das sollte ich tun.« Damit vertiefte sie sich wieder in die Lektüre ihrer Illustrierten.
Gabriel schüttelte sich angewidert. Die Alte hatte grässlich »geschmeckt«. Aber nichtsdestotrotz war er »auf den Geschmack« gekommen...
Er sah sich suchend um.
Wer kam in Frage?
Unsichtbar griffen forschende Fühler hinaus – und wurden fündig.
Gabriel konzentrierte sich auf das, was nötig war, um sein Vorhaben unauffällig in die Tat umzusetzen. Dann winkte er der blonden Stewardess.
Sie kam zu ihm, beugte sich herab.
»Was gibt es, junger Mann? Wie kann ich dir helfen?«, fragte sie.
Gabriel verriet es ihr nicht. Noch nicht.
»Mir ist...«, begann er zögernd.
»Du bist blass, mein Junge. Bist du schon einmal mit einem Flugzeug geflogen?«
Gabriel schüttelte den Kopf. »Nein.«
Die Stewardess lächelte ihm aufmunternd zu. »Dann bist du das Fliegen also nicht gewöhnt. Das wird dir ein bisschen auf den Magen geschlagen sein.«
»Ja, ich glaube...«, sagte der Junge, den Ton seiner Hautfarbe noch eine Spur ins Käsige verändernd.
»Du wirst sehen, beim nächsten Mal macht dir das nichts mehr aus«, meinte die Blonde.
»Ich möchte nicht mehr fliegen«, erklärte Gabriel. »Oh, ich glaube, ich muss...« Er hielt sich hastig die Hand vor die Lippen, würgte.
»Komm mit, mein kleiner Freund. Ich helfe dir.«
Die Stewardess reichte ihm die Hand und zog ihn sanft von seinem Sitz hoch. Auf scheinbar wackligen Beinen folgte er ihr in den vorderen Teil des Flugzeugs, wo der Arbeitsbereich des Bordpersonals lag.
»Komm hier rein«, sagte die junge Frau und öffnete die Tür zu einem Waschraum, der noch winziger war als die für die Passagiere bestimmten. Der Junge schlüpfte durch die schmale Tür und ging vor der Toilette in die Knie.
»Geht's, kleiner Mann?«, fragte die Stewardess.
Gabriel stöhnte mitleiderregend.
Sie trat hinter ihn. Darauf hatte er gewartet. Wie von Geisterhand bewegt schlug die Tür zur Waschzelle zu.
»Was...?«, rief die junge Frau erschrocken und scheiterte bei dem Versuch, sich in der Enge hier drinnen zur Tür hindrehen zu wollen.
Gabriel erhob sich.
»Es ist alles in Ordnung«, meinte er ruhig.
Die Stewardess sah zu ihm herab. Ihre Blicke trafen sich.
»Ja«, erwiderte sie leise, »natürlich. Alles in Ordnung.«
Der Junge bedeutete ihr mit einer Geste, sich niederzuknien.
Sie tat es.
Seine Hände berührten ihr Gesicht, sanft und zärtlich, nicht wie ein Kind, sondern wie ein erfahrener...
... Mann?
Erschrecken, das rasend schnell zu Entsetzen anschwoll, verzerrte ihre hübschen Züge zu einer Grimasse. Ihren Schrei erstickte eine kräftige Hand. Nicht die eines sechs- oder siebenjährigen
Weitere Kostenlose Bücher