Bad Fucking
Anzugsjacke verstaute.
›Warum bloß bin ich so saublöd gewesen und habe mich auf diesen ganzen Wahnsinn eingelassen‹, dachte Hintersteiner niedergeschlagen. ›Hätte ich das verdammte Geld auf ein Sparbuch gelegt, dann würde dernächste Bürgermeister wieder Hintersteiner heißen, und ich könnte in Ruhe die Feier zu meinem sechzigsten Geburtstag vorbereiten. Die Blasmusik würde aufspielen, der Pamminger würde ein paar Spanferkel braten, für die Erwachsenen gäbe es Freibier und für die Kinder Luftballons. Später am Stammtisch, wenn die Frauen längst zu Hause in ihren abgewetzten Fauteuils vor dem Fernsehapparat säßen und ihre geschwollenen Beine mit
Voltaren
einschmierten, würden wir ein paar ordinäre Gstanzeln singen –
Zwei Nonnen lagen Brust an Brust, Jessas na, und fingerlten nach Herzenslust, Jessas na
... – und vielleicht würde ich mich sogar wieder mit Kilian versöhnen. Alles hätte so schön sein können.‹ Aber die Zahlen vor ihm holten ihn zurück in eine Realität, die alles andere als schön war.
»Aus dieser Aufstellung geht also hervor«, sagte Hintersteiner, der eines der Blätter zur Hand nahm, »dass von den sechs Millionen Euro, die die Gemeinde vor drei Jahren investiert hat, genau noch eine Million übrig ist.«
Bendar hob bedauernd die Schultern. »Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Und der Gemeinderat hat diese Investitionen schließlich auch abgesegnet.«
»Ja, aber Sie wissen genau, dass ich die treibende Kraft hinter dieser ganzen Geschichte war. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Gemeinderat diese Investitionen genehmigt hat.«
Dass die Gemeinderäte keine Ahnung hatten, wie diese Hedge-Fonds, Zinsspekulationen und Leerverkäufe funktionierten, stand auf einem anderen Blatt. Kein Mensch in Bad Fucking hatte je mit solchen Dingen zu tun gehabt. Aber plötzlich hieß es von allen Seiten, dassjeder ein Idiot sei, der sein Geld auf ein Sparbuch legte und nicht in hochprofitable Aktien, Anleihen und Fonds investierte. Im Gemeinderat hatte als einziger Julius Wellisch gegen dieses Finanzabenteuer gestimmt, der als Vertreter der Bürgerliste
Rettet die Aale
befürchtete, dass die Gewinne aus diesen Spekulationen in ein Hotelprojekt am Höllensee investiert werden könnten. Hätte Wellisch geahnt, dass von den sechs Millionen Euro fünf im Karibiksand versinken würden, hätte er selbstverständlich für diese hochspekulativen Geschäfte gestimmt.
Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, lag da aber noch eine zweite Mappe. Clever, wie er war, wollte Hintersteiner auch als Privatmann von dieser wundersamen Geldvermehrung profitieren und überwies eine erkleckliche Summe auf die Jersey Islands. Dummerweise hatte er den Versprechungen in den seriös aufgemachten Hochglanzbroschüren geglaubt und sein Geld ebenfalls in Fonds, Aktien, Anleihen, Futures und andere mysteriöse Dinge investiert. Die Geschichte hatte nur einen Haken: Das Geld, das er der IEG
Omega
zur Verfügung stellte, gehörte nicht ihm, sondern der Providenz-Bank.
Wie und weshalb die Gemeinde Bad Fucking ausgerechnet auf die IEG
Omega
gekommen war, wusste er gar nicht mehr so genau. Aber eines Tages war eine schwarze Limousine vorgefahren, der einige vornehme Herren entstiegen, die Geschichten erzählten, gegen die die Märchen aus
Tausendundeiner Nacht
wie profane Erzählungen klangen. Aber im Grunde war es gleichgültig, ob die Finanzdienstleister
Oxana, Sirius, Alpha
oder
Omega
hießen, schließlich war allen gemeinsam, dass sie Teil eines verbrecherischen Netzwerks waren, das eigenenGesetzen folgte. Und wie so oft, wenn es um organisiertes Verbrechen ging, sahen die Politiker einfach nur zu und stellten sich dumm.
In Hintersteiners Bauch begann es zu rumoren. Der eingeschlossene Furz hatte sich offenbar auf die Suche nach einem Ausgang gemacht. Dem Furz ging es gut, der konnte sich – im Gegensatz zu seinem Quartiergeber – auf Nimmerwiedersehen verdrücken.
Alexander Bendar deutete auf das Papier. »Tja, es tut mir leid, Herr Bürgermeister, aber auch hier muss ich sagen, dass Sie zu früh ausgestiegen sind und meinen Rat, die Entwicklung in Ruhe abzuwarten, leider nicht befolgt haben.«
Hintersteiner räusperte sich und schlug einen vertraulichen Ton an. »Natürlich sind die Verluste der Gemeinde schlimm, aber nachdem es vielen anderen Gemeinden in Österreich nicht viel besser ergangen ist, wird man im öffentlichen Interesse so schnell wie möglich Gras
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