Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
Ich saß ja drauf.
»Ja, aber das Ding ist riesig – ein richtiger Dinosaurier.«
Ich versprach mir nicht viel davon, aber vielleicht lohnte es sich trotzdem, mal reinzuschauen. Falls das überhaupt ging. Billy war zum Glück ein Schlaukopf – und Tony Cruz der absolute Computer-Crack, das wusste ich.
»Okay, dann bring ihn rüber.«
»Aber wie? Das Ding ist viel zu groß und schwer«, jammerte ich. »Ich weiß nicht, wie ich den zu dir rüberkriegen soll.«
»Dir wird schon was einfallen«, sagte Billy. »Ich setz mich gleich mit Tony in Verbindung. Wenn jemand in so ’nen Dinosaurier reinkommt, dann er. Der ist ’ne Art Linux-Guru. Ich geb ihm das G.A.«
Billy fing an zu surren und zu piepen, als ob er einen Kurzschluss im Kopf hätte.
»Du gibst ihm was?«
»Das Go Ahead. Grünes Licht.«
Abgesehen von seinem Haarschnitt war Billy der letzte Idiot.
Ich zog eine Jogginghose an, dazu ein Poloshirt und meine brandneuen Uggs (falls nur die leiseste Chance bestand, dass mir Tony Cruz über den Weg laufen würde, wollte ich zumindest okay aussehen).Und ich fand, dass mir das gelungen war, auch wenn man sich nicht selber loben soll. Shonna war immer neidisch auf mein Talent gewesen, mich so lässig zu stylen, als hätte ich gar keinen Aufwand betrieben.
»Ich brauch vier Stunden, um mich fertig zu machen, und du fummelst zehn Minuten rum und siehst besser aus als ich. Vielleicht weil du so ’n Winzling bist. Du musst weniger Fläche mit Klamotten und Make-up ausstaffieren«, sagte sie. Ich wurde sofort traurig, wie immer, wenn ich an etwas Nettes dachte, das Shonna zu mir gesagt hatte. Am liebsten hätte ich sie angerufen, um ihr zu sagen, dass ich sie vermisste. Manchmal fehlte sie mir so sehr, dass es beinahe körperlich wehtat.
Aber Shonna hätte mich nur ausgelacht. Ich begrub den Gedanken und konzentrierte mich auf eine Frisur, die von den Wurzeln her Stand hatte, ohne dass man toupieren musste.
Ich fand Mums Schmuckkamm im Badezimmerschränkchen und befestigte ihn im Haar, so wie es in meinem Kalender beschrieben war, dann bürstete ich einen Teil der Haare vorwärts und band sie zu einem Pferdeschwanz zusammen. Der Kalender hatte Recht: Das »Bumpit« gab der Frisur tatsächlich mehr Stand und Volumen.
Jetzt musste ich nur noch ein Transportmittel finden, in dem ich den riesigen PC unterbringen und hinüberrollen konnte. Leider fehlte bei allen unseren Koffern entweder eine Rolle oder die Reißverschlüsse waren kaputt, und schließlich blieb als einzige Alternative der Einkaufstrolley von Großtante Rita – so ein Rollwägelchen, in dem alte Damen ihre Einkäufe herumkarren und mit dem sie einen im Bus rammen, wenn man nicht schnell genug aus dem Weg springt. Das hier war ein schickes rot-grün kariertes mit Zickzack-Metallgestell. Ich deckte den Computer mit einem alten Laken ab und schleppte ihn zur Wohnungstür hinaus.
Irgendwie schaffte ich es, den Trolley im Lift hinunterzubringen, aber jetzt musste ich mir was einfallen lassen, warum ich mit dem Ding herumlief, und zwar schnell, weil nämlich die 50-Pence-Frau zielstrebig auf mich zukam und mich garantiert gleich anquatschen würde.
»Haste mal 50 Pence übrig, Schätzchen?«, fragte sie prompt.
»Nein, tut mir leid«, antwortete ich.
»Was is ’n da drin?«, wollte sie als Nächstes wissen und beäugte Großtante Ritas Trolley.
»Wäsche«, sagte ich und beobachtete ihr Gesicht, ob ihr das irgendwie komisch vorkam oder nicht.
»Oh«, sagte sie, »Wäsche«, und ging weiter.
Ich brauchte kaum fünf Minuten, um von unserer Wohnung zu Billy zu kommen. Ich musste nur die Straße runtergehen, am Minimarkt vorbei über die Kreuzung und dann geradeaus weiter, den Taxibetrieb, die edle Konditorei, den Kebabstand und Kens Zeitungskiosk passieren, bis ich zur Kommandozentrale von Onkel & Tante kam: Zés Café und Delilahs Salon. Weil ich mein Leben lang in dieser Gegend gewohnt hatte, machte ich mich an jeder Ecke auf einen potenziellen Spion gefasst, der mich fragen würde, was ich in meinem Trolley hatte.
»Was ist denn in dem Trolley da, Herzchen?«, sagte Rez – einer der Taxifahrer.
»Wäsche.«
»Aha.«
»Wo willst ’n hin mit dem Trolley?«, fragte Ken. »Kaufst du für deine Tante ein, du braves Mädchen?«
»Wäsche.«
»Oho.«
Endlich kam ich an Onkel Zés Café vorbei. Er runzelte die Stirn, als er den Trolley sah, kassierte aber gerade ab, sodass er nicht herausrennen und mich fragen konnte, was drin war. Jetzt
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