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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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das rote Buch mit all meinen Impfungen und Daten aufbewahrte – wie viel ich bei der Geburt gewogen habe und so weiter. Warum war ich nicht längst auf die Idee gekommen, dort nachzuschauen?
    Jetzt blätterte ich darin herum und erfuhr, dass ich hinsichtlich Größe und Gewicht an der unteren Grenze gelegen und außerdem Milchschorf und selbst in diesem zarten Alter bereits »ungleiche Pobacken und Beinlängen« gehabt hatte. Na toll, das hatte mir noch gefehlt. Reichte es nicht, dass ich keine Freunde hatte? Und jetzt also auch noch ein schiefer Hintern!
    Eine halbe Minute lang stand ich vor Mums bodenlangem Spiegel und studierte meine Pobacken. Waren sie immer noch ungleich? Schwer zu sagen. Dann blätterte ich das Buch bis zur letzten Seite durch. Dort stand, dass ich »ein aktives, gesprächiges Kind« gewesen war. »Keine Probleme im Unterricht.« Und sofort ging es mir wieder besser. Aber von meinem Dad nichts, nicht den mindesten Hinweis. Wie immer. Was laut Mum daran liegt, dass es einfach nichts gibt. Sie hatte mir alles erzählt, was sie wusste. Und wie es aussah, hatte sie nicht gelogen.
    Ich lehnte mich in Mums Kissen zurück und zerbrach mir den Kopf, wo ich etwas verstecken würde, das niemand finden sollte, wenn das hier mein Zimmer wäre. Ich schaute auf das Schwarz-Weiß-Foto, das Mum auf ihrem Nachttisch stehen hatte: ein Babybild von mir. Ich habe einen einzigen makellosen Zahn (nichts Abgesplittertes in Sicht) und grinse fröhlich in die Kamera, als wollte ich sagen: »He, hast du meinen coolen neuen Zahn gesehen?«
    Wann war das Leben so kompliziert geworden? Als ich meinen zweiten Zahn bekommen hatte, oder wie?
    Wann kriegt man eigentlich Zähne? Mit eins oder zwei? Ich nahm das Foto in die Hand und drehte es um. Vielleicht stand ja ein Datum drauf? Nein, nur eine Zahl, mit Bleistift in die Ecke gekritzelt und teilweise von der Klammer verdeckt, mit der das Bild im Rahmen fixiert war. Ich schob die Klammer beiseite und da entdeckte ich etwas: Zwischen dem Foto und der Pappe steckte ein vergilbter Zettel. Ich sog scharf die Luft ein. Was zum Teufel war das? Vorsichtig drückte ich die Pappe weg, zwängte meinen Finger hinein und zog den Zettel heraus. Das war es! Vielleicht hatte ich endlich gefunden, was ich suchte. Etwas über meinen Dad. Das entscheidende Puzzleteil, das mir weiterhelfen würde – einen Namen womöglich.
    Ich faltete den Zettel auseinander, wobei ich ihn vor Ungeduld fast zerriss.
    Es war nur eine Geburtstagskarte von Großtante Rita, die sie vor vierzehn Jahren geschrieben hatte. Auf der Vorderseite tollten ein paar Frühlingslämmer herum und hintendrauf stand: »Herzlichen Glückwunsch zum ersten Geburtstag, Sadie – von deiner Großtante Rita.« Alles genau wie auf der diesjährigen Karte. Gleiches Bild. Gleicher Text. So ein Reinfall.
    Frustriert nahm ich Mums »Geheimschatulle« an mich und setzte mich auf den alten Rechner. Gab es verborgene Fächer, die ich übersehen hatte? Oder einen doppelten Boden? Aber nichts. Null.
    Ich mailte Billy. Er hatte eine Homestudy-Stunde, das heißt, er saß zu Hause am Computer.
    SD: Ich bin sicher, dass sie was verheimlicht. Das spüre ich einfach.
    Billy: Ja, vielleicht – hast du sie um Hilfe gebeten?
    SD: Nein.
    Billy: Warum nicht?
    SD: Weil deine Mum rübergekommen ist und Good as it Gets bei uns angeschaut hat.
    Billy: Oh, tut mir leid!
    SD: Brauche dringend Rat.
    Prompt läutete mein Telefon und Billy war dran. Anscheinend langweilte er sich gerade.
    »Ich hab die ganze Wohnung durchsucht«, berichtete ich.
    »Laptop?«
    »Schon zweimal.«
    »Koffer unter dem Bett? Meine Mum hortet alles da drin, sogar meine Milchzähne und Haare und weiß der Teufel was.«
    »Würg. Mum hat so ein Kästchen, das hab ich gecheckt. Ich hab eine Glückwunschkarte zu meinem ersten Geburtstag von Großtante Rita gefunden, und weißt du was?«
    »Was?«
    »Sieht haargenau gleich aus wie die zum fünfzehnten.«
    »Die Lämmer auch?«
    »Ja.«
    »Wieso kriegst du eigentlich immer die Lämmer und ich die Traktoren?«
    »Weil sie vor sechzehn Jahren zwei Großpackungen davon gekauft hat, nehme ich an.«
    »Und die gehen erst aus, wenn wir zwanzig sind oder so.«
    »Wenn wir Glück haben. Jedenfalls weiß ich nicht, wo ich sonst noch suchen soll.«
    »Alter Computer – hat sie vielleicht einen alten Computer? Du weißt schon, so ein Steinzeitmonster, das sie noch vor ihrem letzten Laptop hatte?«
    Ich schaute hinunter. Klar hatte sie einen.

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