Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
wahrscheinlich um die interessierte Kundin einzulullen, während sie sich überlegte, ob sie sich »den Busen, den Sie schon immer haben wollten, für eine monatliche Rate von 77 Pfund« auch leisten konnte. Ein weiterer Klick förderte ein Foto von Richard Swain-Coles zutage. Seine schwungvolle Unterschrift verlief dummerweise genau über dem Bild. Was darunter zu sehen war? Ein großer dunkelhaariger Typ, der hinter einem Mahagonischreibtisch saß und in die Kamera lächelte.
Das Winston-Churchill-Baby? Ja, schon möglich.
Kummerfalte? Nicht zu erkennen.
Aber die Seite lieferte eine E-Mail-Adresse und ein Formular, das man ausfüllen musste, um einen Beratungstermin zu bekommen. Klick-klick, und schon war Billy in dem Formular drin.
»Wir machen am besten einen Rundumschlag«, sagte er. »Ich melde dich für Wangenimplantate, Botox, Ohrenkorrektur und Fettabsaugen an Po und Oberschenkeln an. Wir wollen doch sichergehen, dass du gleich zu Dr. Swain-Coles persönlich kommst und nicht zu einem Assistenten oder einem anderen Spezialisten oder so.«
Ich dachte an das rote Buch aus Mums Geheimschatulle.
»Ich bin mit ungleichen Pobacken auf die Welt gekommen«, sagte ich.
Das war mir einfach so herausgerutscht, vor lauter Aufregung und weil mir nichts anderes einfiel. Und weil es mir auf einmal bedeutsam erschien.
»Ausgezeichnet«, sagte Billy. »Sollen wir es abschicken?«
»Nein, warte mal«, sagte ich.
»Was?«, fragte Billy. »Wo ist das Problem?«
»Ach, nichts … nur weil es plötzlich so schnell geht, ich meine, ich will schon, aber … verstehst du …«
Billy zog die Augenbrauen hoch. »Abschicken? Soll ich oder soll ich nicht? Abschicken? Soll ich oder soll ich nicht?«, betete er herunter – wie eine Schallplatte mit einem Kratzer drin – und ließ die Maus über SENDEN schweben.
»Ja, okay«, sagte ich schließlich.
»Und soll ich um einen Termin bitten?«
»Ja, okay«, wiederholte ich.
»Oh, gut«, sagte Billy. »Ich bin froh, dass du einverstanden bist, weil ich das nämlich gestern Abend schon gemacht habe und die mir auch schon eine Bestätigung geschickt haben.«
»Du hast was gemacht? Wie bitte?«
»Ich wollte keine Zeit verlieren. Ich meine, wir hätten den Termin ja wieder absagen können, wenn es dir nicht passt, aber ich dachte, ich …«
»Okay, gut«, sagte ich. »Du hast also einen Termin für mich vereinbart und die haben ihn bestätigt. Das heißt, ich bekomme ein Beratungsgespräch, bei dem mir erklärt werden soll, wie mein Körperfett von einer Seite auf die andere gequetscht wird – und das alles nur, um meinen Dad zu finden?«
»Bist du einverstanden? Oder soll ich es absagen?« Billy schaute mich besorgt an. »Ich komme natürlich mit. Du musst nicht allein dahin gehen.«
»Nein, schon gut«, sagte ich. »Ist zwar alles total krank, aber irgendwie ist es auch wieder gut. Vielleicht finde ich Dad und vielleicht kann er sogar meine Pobacken korrigieren, als Einstieg in unsere künftige Vater-Tochter-Beziehung.«
»Dienstag, 16:30 Uhr«, fuhr Billy fort, ohne auf meinen sarkastischen Kommentar einzugehen, »dann haben wir eine Stunde Zeit, um von der Schule nach Westlondon zu kommen. Ach, und du bist natürlich achtzehn und nicht fünfzehn, okay?«
Das ging alles sehr schnell und irgendwas störte mich daran …
»Okay, Billy, aber kannst du mir verraten, warum wir nicht an die E-Mail-Adresse von diesem Dr. Swain-Coles schreiben und ihm den wahren Grund sagen, weshalb ich ihn sehen möchte, statt so zu tun, als ob …. als ob ich mich bei ihm unters Messer legen will?«
Billy schwieg einen Augenblick.
»Also ehrlich gesagt«, erwiderte er schließlich, »bin ich froh, dass wir diese beiden Typen nicht gleich über ihre alten E-Mail-Adressen erreicht haben, denn wenn wir das Ganze ›undercover‹ machen, können wir sie zunächst mal auschecken. Ich meine, kann doch sein, dass du nur noch wegwillst, wenn du sie erst gesehen hast – vielleicht graust dir’s dann, dass du dieselben Gene hast wie die.«
Und da war was dran. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, ob ich meinen Dad mögen würde oder nicht – dafür hatte ich viel zu lange von ihm geträumt. Aber wer sagte mir denn, dass ich Richard Swain-Coles um den Hals fallen wollte, sobald ich seine berühmte Kummerfalte identifiziert hatte? Vielleicht war der Typ so grässlich, dass ich nur noch die Flucht ergreifen und ihn nie wiedersehen wollte?
»Hast du gestern Abend vielleicht
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