Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
sonst noch was gemacht, Billy?«, fragte ich. »Hast du zufällig Charles Ward unter deiner Matratze versteckt, neben deinen schmuddeligen Gitarrenzeitschriften?«
Ich war langsam auf alles gefasst.
»Tja, also bei Dad Nummer 254, Charles Ward, ist es ein bisschen komplizierter«, erklärte Billy.
Ich war mir nicht sicher, ob ich erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Noch eine Überraschung würde ich vielleicht nicht so gut verkraften.
»Charles Ward hat ›Schauspieler‹ als Beruf angegeben«, fuhr Billy fort, »aber berühmt kann er nicht sein, weil ich ihn unter diesem Namen nirgends gefunden habe.«
»Das war’s dann also«, sagte ich. Wir hatten Nr. 254 verloren. Und bei Nr. 278 war es so einfach gewesen!
»Es gibt noch eine Möglichkeit«, widersprach Billy.
»Ach ja?«
» British Actors Equity «, sagte Billy. »Das ist die Gewerkschaft, in der alle Schauspieler Mitglied sind.«
»Oh«, sagte ich. »Aber ich verstehe nicht, inwiefern das …«
»Ganz einfach – die können Post an ihre Mitglieder weiterleiten.«
»Okay«, sagte ich. »Jetzt kapier ich.«
»Wir müssen also nur einen Brief schreiben, was Offizielles, Geschäftsmäßiges, das ihn garantiert aufhorchen lässt. Am besten erwähnst du die Samenspender-Website, Fertilityin-touch.com .«
»Da wird er nicht nur aufhorchen«, wandte ich ein, »sondern gleich einen Herzschlag kriegen. Und was soll ich als Ausrede anbringen, warum ich ihn sehen will?«
Billy saß eine Weile schweigend da, den Kopf in die Hände gestützt, und summte vor sich hin.
»Hmmm«, sagte er schließlich. »Journalistin – du bist eine Journalistin, die einen Artikel über Samenspender schreiben will.«
»Und deshalb bitten wir ihn um ein Treffen?«
» Du bittest ihn um ein Treffen, aber ich bin natürlich auch dabei, also …«
»Ehrlich? Ich würde es ja gern allein machen, aber …«
»Red keinen Blödsinn«, sagte Billy. »Ich komme mit, ob du willst oder nicht.«
Ich hätte es wirklich lieber allein gemacht, jedenfalls mein mutigeres Ich, aber trotzdem war ich froh, dass Billy unbedingt dabei sein wollte.
Sehr geehrter Mr Ward,
ich würde mich gern mit Ihnen treffen, um über eine Website namens Fertility-in-touch.com zu sprechen. Ich schreibe einen Zeitungsartikel über Samenspender und soviel ich weiß, hatten Sie vor Jahren Verbindung zu dieser Seite.
Ich schlage Ihnen ein Treffen in …
Ja, wo nur?
»Wo sollen wir ihn treffen? Wir können ihn ja wohl nicht hierher einladen.«
»Irgendwo in der Öffentlichkeit«, sagte Billy, »das ist sicherer – und wirkt auch seriöser.«
»Aber wo?« Ich hatte keine Ahnung, wo man sich zu einem Geschäftsgespräch verabredet.
Billy blätterte den Papierstapel durch, den er im Lauf seiner Nachforschungen ausgedruckt hatte. Ich checkte so lange seine Haare, die er an diesem Morgen zu platt an den Kopf geföhnt hatte. Ich brauchte irgendwas, um Stand reinzubringen – ein Gel oder so.
»Ah, hier, ich hab’s«, sagte er. »Das Equity -Büro – da steht: ›Wir verfügen über einen Warteraum, der auch als informeller Begegnungsort für unsere Mitglieder dient.‹ Wir sagen einfach, dass wir ihn dort treffen. Nett und zentral. Sehr businesslike.«
… Ich schlage vor, dass wir uns am Donnerstag, den 4. Oktober, um 16:30 Uhr vor dem Equity-Büro in der St. Martin’s Lane zu einem Gespräch treffen.
Mit besten Grüßen
S. Nathanson
Damit es professioneller wirkte, setzte ich die Nummer von meinem alten Handy unten auf die Seite. Ich hatte das Telefon und die Nummer noch und ich wollte meine aktuelle lieber nicht rausrücken. Sicher ist sicher, sagte ich mir, aber es gab noch ein Problem.
»Der nimmt uns garantiert nicht ab, dass wir Journalisten sind, Billy«, sagte ich. »Du bist erst sechzehn und ich … hast du mich mal angeschaut? Ich geh kaum als Zwölfjährige durch. Das glaubt er uns nie.«
»Es spielt keine Rolle, wie wir aussehen«, sagte Billy. »Bis dieser Charles Ward uns überhaupt wahrnimmt, haben wir ihn längst abgecheckt und du weißt dann, ob du dich mit ihm treffen willst oder nicht. Und wenn er dir gefällt, kannst du ihm den wahren Grund sagen, warum wir da sind.«
Das leuchtete mir ein.
Es war ein komisches Gefühl, einen richtigen, ausgedruckten Brief abzuschicken. Ich hatte das noch nie gemacht. Feierlich steckte ich ihn in den Umschlag, den Equity an meinen Dad adressieren sollte, dann begleitete Billy mich zum Briefkasten. Wir schauten zu, wie der
Weitere Kostenlose Bücher