Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Kink
Vom Netzwerk:
das, oder aber ich kann mich nicht erinnern, jedenfalls musste man plötzlich jeden Tag sehr früh in ein Büro. Und lernte deshalb notgedrungen, wie richtiges Trinken geht, von einer kurzen aber heftigen Tequila-Phase mal abgesehen, mit der ich heute nicht mehr in Verbindung gebracht werden möchte. Kurz kam einem noch House Music in die Quere, aber dann ging die Discokugel am Samstag langsam aus und die Kerze auf Restaurant-, Bar- oder Kneipentischen an.
    Manchmal kommt mir ein rebellischer Tag dazwischen, dann versuche ich es noch mal mit Clubs. Es funktioniert jedes Mal wieder ganz hervorragend gar nicht. Gott sei Dank kann ich es mir mittlerweile leisten, zehn Euro Eintritt zu zahlen, nur um dann auf dem Absatz kehrtzumachen und mir ein Taxi zu suchen. Das ich mir dann eigentlich nicht mehr leisten kann. Es ist leider immer das Gleiche: Kurz hinter dem Eingang bekomme ich Platzangst, kurz vor der Bar wird mir zu heiß, kurz vor 4:00 Uhr finde ich sowohl Publikum als auch Musik blöd. Ich habe jahrelang Bier durch Discotheken gekellnert, leider ist mir diese Nervenstärke abhandengekommen. Heute schaffe ich es kaum, mir selbst ein Bier zu holen. Davon abgesehen vertragen meine Augen leider nur ein begrenztes Maß an freigelegten Hüften und klitzekleinen Handtaschen. Ich stand schon in Discotheken rum, da fingen die Beastie Boys gerade mal an, ihr Recht auf Party einzufordern. Und jetzt bin ich müde.
    Heute und seit ein paar Jahren ist alles anders. Heute und seit ein paar Jahren ist Samstag der Tag und die Nacht, an dem ich die Wohnung nur verlasse, um Frühstück und die Zeitung zu holen. Ich möchte und ich muss mich nicht anziehen, der Sprung vom Schlafanzug ins Kleidchen erscheint mir anstrengender als ein Marathonlauf. So wohne ich samstags rum und möchte dabei nicht gestört werden. Allerdings nur im Winter. Im Sommer mache ich jeder Dreijährigen in Sachen »Ich will aber nicht heim« locker Konkurrenz. Ich muss die ganze Woche über hübsch anzusehen draußen sein, da ist es einfacher, nach der Arbeit hübsch in irgendeine Bar reinzufallen. Früher, als es mehr oder weniger egal war, ob ich zur Vorlesung auftauche, ging ich nur am Wochenende aus, wegen Ausschlafen. Heute, wo ich mir einen auf die Tastatur fallenden Kopf wahrlich nicht leisten kann, bin ich nur unter der Woche unterwegs. Es macht keinen Sinn, und das, obwohl ich nachweislich älter und weiser werde. Und trotzdem: Den Samstag könnt ihr haben, Kinder. Es tut mir leid, Tony Manero.

»Und das geht jetzt so weiter, oder was?«
    »Mei, irgendwann wird man halt erwachsen.«
    »Und das war’s jetzt, oder was?«
    »Wie, war’s jetzt? Was?«
    »Büro, schlafen, Büro, schlafen, oder was?«
    »Bald hat sie ja Urlaub.«
    »…«
    »Wo gehst’n du hin?«
    »Ins Stüberl.«
    »Du darfst nicht alleine weg, das weißt du ganz genau!«
    »Sollen sein, die pennt doch eh schon wieder.«

Es sind schon seltsamere Dinge passiert. Aber halt nicht mir
    Ich bin gestern schon wieder auf der Couch eingeschlafen, als wäre ich so erschöpft von des Tages Müh und Not, dass ich es nicht einmal mehr ins Bett schaffe. Den ganzen Tag nichts machen und dabei aber beschäftigt wirken ist andererseits manchmal anstrengender, als wirklich zu arbeiten. In ein bisschen Zukunft werden Ärzte und Psychologen das Ganze »Bore-out-Syndrom« nennen, und in Fachzeitschriften wird ein Foto von mir die entsprechenden Artikel bebildern. Aber nur, weil man dem Kind einen Namen gegeben hat, heißt das ja noch lange nicht, dass es nicht trotzdem in den Brunnen gefallen ist.
    Aber nicht mit mir! Als ich gegen halb zehn völlig zerknittert und verschwitzt wieder wach wurde, befand ich, dass es so nicht weitergehen könne, außerdem war ich plötzlich nicht mehr müde, und es war weder Essen noch Alkohol im Haus. »Was tun?«, sprach ich, und rief die Kolleginnen Sabrina und Natascha an.
    Stunden später auf dem Nachhauseweg schlingert Sabrina quer und zu meinem Entsetzen noch vor einem Bus über die Straße. Sie überlebt, winkt und fällt fröhlich kichernd vor ihrer Haustür vom Rad. Im Weiterradeln schaue ich noch einmal besorgt über meine Schulter, denn sie hat ein bisschen mehr getrunken als ich. Zumindest rede ich mir das ein, denn sonst dürfte ich ja selbst auch nicht mehr auf dem Rad sitzen. Zwei Sekunden später befinde ich mich ca. fünfundvierzig Minuten weit weg zwischen Reihenhäusern und Straßennamen, die ich noch nie gesehen oder gehört habe. Und weiß nicht, wie

Weitere Kostenlose Bücher