Bad Hair Years
schreiben, es ist einfach, meine Aufmerksamkeit zu gewinnen, wenn man Kellner ist und ich durstig.
Und wenn man aussieht wie der. Es galt also nur noch, meine Schüchternheit zu überwinden. Genau das gedachte ich zu tun, immer donnerstags, von da an, bis er endlich mein wäre. Außer immer so hübsch wie möglich da herumzusitzen, hatte ich keinerlei Plan. Zum Glück wollen meine Freunde nur mein Bestes, hatten ihre Mission gefunden und zudem donnerstags meistens Zeit. Mehr als einmal bekam ich eine aufgeregte »Ich sitze in seinem Service, wo bleibst du denn!«-SMS. Wie alt sind wir denn?, wollte ich antworten, aber es war ja alles meine Schuld. Einmal gab es keinen Platz in seinem Bereich, was mir nur recht war. Ich himmelte lieber aus der Ferne an, so lief ich wenigstens nicht Gefahr, zu laut zu lachen, während er hinter mir stand. Eine wie immer zu spät kommende Manuela sah sich dadurch allerdings veranlasst, entsetzt an der Tür stehen zu bleiben und fünf Minuten »Seid ihr blöd, er bedient da drüben!«-Gesten zu vollführen. Vielleicht waren wir auch alle nur dankbar, uns endlich mal wieder wie Teenies aufführen zu dürfen. Es ging so weit, dass ich schon Angst hatte, mir würde das alles schnell zu doof, während alle anderen immer noch begeistert »er hat wieder das graue T-Shirt an!« smsten. Andererseits wünschte ich mir nichts mehr, als irgendwann einmal in diesem grauen T-Shirt einzuschlafen.
Es half alles nichts. Ganz im Gegensatz zu meinem ansonsten gesprächigen Naturell saß ich donnerstags am Tisch, studierte interessiert die neuesten Sandalen meiner Begleitungen und schwieg. Meine Helfer dagegen liefen zu Bestform auf und übertrafen sich gut gelaunt gegenseitig. Was dazu führte, dass ich jedes Mal von ausgesprochen hübsch anzusehenden Frauen umringt war, die – eine geistreicher und süßer als die andere – ihre Bestellung beim Angebeteten vortrugen, während ich mein »Weißweinbitte« gen Kopfsteinpflaster flüsterte. So ist man natürlich schnell mal die Queen am Tisch. Der Typ allerdings blieb auch bei fünf beschwipsten Weibern gleich nett, gleich charmant, gleich zuvorkommend. Das machte die Sache noch schwieriger. Hätte er nur einmal was falsch gemacht, ich hätte einmal was richtig machen können. So aber kannten mich seine Kollegen auch bald. Ach die, die immer so schnell trinkt, aber nie was sagt, dachten sie wahrscheinlich und grüßten mich immer freundlich. Ich war sehr erleichtert, als eine in diesen Dingen etwas forschere Tine herausfand, dass der Kerl verheiratet ist. Ach! Aber mich immer anlächeln!
Ich mochte dieses Café noch nie. Ich habe auch wirklich Wichtigeres zu tun, donnerstags. Und außerdem hatte der die ganze Zeit das gleiche T-Shirt an, igitt.
Samstag Nacht, kein Fieber
So gehen die Tage und Wochen ins Land, und es passiert tatsächlich immer noch überhaupt gar nichts. Ich hänge vor dem Amore, vor dem Stüberl oder vor dem Fernseher und komme mir noch nicht einmal seltsam dabei vor, wie seltsam. Mir ist einfach wahnsinnig langweilig, Himmel, ist mir langweilig. Jeden Tag der gleiche Stumpfsinn, Kaffee hier, ich verbinde dort, wenn das so weitergeht, bin ich die Nächste, die nach Diktat verreist. Doch, das gibt es noch, ebenso wie »diktiert, nicht gelesen«. Genauso gut könnte man »ich traue meiner Sekretärin kein einziges korrektes Komma zu« drunterschreiben, in meinem Fall hätte man damit sogar recht.
Es ist mir ein Rätsel, wie ich durch die Tage und Wochen komme, denn hier herrscht ja noch nicht mal Stress. Ich meine wirklichen Stress, nicht den, von dem immer alle nachmittags um fünf nach der Arbeit im Biergarten jammern. Das Internet lese ich jeden Tag von vorne bis hinten, dabei sind Twitter, Facebook und Co. noch gar nicht am Start. Und so ein Bürotag hier hat nun mal gefühlte achtundvierzig Stunden.
Ausgehen kommt auch nicht mehr wirklich in Frage. Zwar habe ich manchmal immer noch Angst, ich könnte was verpassen, mittlerweile handelt es sich dabei aber eher um einen guten Film oder um erholsamen Schlaf. Ja, das war mal anders. Aber ich bin mittlerweile auch anders, und der Samstagabend ist schließlich auch nicht mehr das, was er mal war. Glaubt mir, ich habe das überprüft:
Es ist 22:10 Uhr, und ich bin gerade nach Hause gekommen. Da stimmt natürlich was nicht. Ich komme nicht drauf, was da nicht stimmt, werfe die Tasche in die Ecke, die Schuhe von mir, das seltsame Gefühl mit einem Kopfschütteln hinterher. Dann gehe ich
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