Bad Hair Years
sich zur Abwechslung sportlich betätigen, diesmal im Fitness-Studio. Ich weiß nicht, warum man sich am Wochenanfang gleich zweimal hintereinander körperlich verausgaben muss, aber ich habe da so meine Vermutung. Der Single-Körper sollte tunlichst schlank und fit sein, sonst kriegt man nie einen ab, mit dem man dann wieder glücklich Spaghetti-futternd auf der Couch sitzen kann. Entschuldigung, manchmal tippen sich die Klischees hier von selber, ich kann nichts dagegen tun. Außerdem hilft Sport gegen leichte Depressionen, vor allem sonntags, weswegen Frau R.’s Wochenplan kleine logische Fehler enthält, aber dazu später.
Am Mittwoch ruft das Theater, die Kultur soll und darf nicht zu kurz kommen, solange »der Solist nicht vergisst (und was sich reimt ist gut!), hinterher einen Drink an der Bar im Foyer zu nehmen«. Toll. Wer weiß, wen man als »Einzelbesucher« an der Bar so treffen könnte. Das glaubt die womöglich wirklich, die Frau R.
Am Donnerstag wird es endlich spannend, am Donnerstag könnte man sich in einen Hochseilgarten trauen, so dunkel ist es im Herbst nach Büroschluss schließlich auch noch nicht. Außerdem öfter mal crazy Sachen machen, liebe Singles! Ich vermutete hier erst einen ziemlich glamourösen Freitod-Vorschlag, falls man es alleine so gar nicht mehr aushält, aber nein: im Hochseilgarten lockt »die Geborgenheit der Gruppe, und aus völlig Fremden wird binnen Sekunden eine Schicksalsgemeinschaft, die nicht selten über den vier Stunden dauernden Adrenalinfluss hinaus bestehen bleibt«. Möchte ich aber eine Schicksalsgemeinschaft? Möchte ich, dass der Adrenalinrausch nur vier Stunden dauert? Nee.
Am Freitag dann endlich Tanzen, Wochenende. Aber bitte nicht halbherzig mit dem Beck’s Gold in der Hand am Rande der Tanzfläche im Club, sondern, Achtung, Salsa. Wegen der Erotik, nehme ich an, die kommt in einem Singleleben fürwahr viel zu kurz. In einem Salsakurs bekommt offensichtlich jede einen ab, man muss nur die Hüfte locker genug machen, dann schwingen einen am Ende vielleicht sogar »echte Latinos wie ein Seidentuch über die Tanzfläche«. Ich kann es kaum erwarten.
Samstags sollte man sich erholen, wahrscheinlich für den Fall, dass man freitags die Hüfte allzu locker gemacht hat. Bei einer Massage. Einer professionellen, denn hat man kein Schatzi zu Hause, muss man für die Lockerung der Rückenmuskulatur halt zahlen. Und zwar nicht zu knapp. Allerdings, das gebe ich gerne zu, entspannt man dabei tatsächlich mehr, als wenn man alle drei Minuten »aua, du tust mir weh« schreien muss. Entspannung ist samstags tatsächlich essenziell, denn auf den Samstag folgt der Sonntag. Der Sonntag! Alarm, 24 Stunden Stillstand. Jetzt bloß nicht selbst isolieren, sondern gleich noch mal Kultur. Ausstellungen zum Beispiel. Immer eine gute Idee, denn »manchmal tauschen die Single-Besucher tatsächlich verschwörerische Blicke und ein Lächeln aus«, und wer weiß, was sich daraus ergeben könnte! Diese verschwörerischen Blicke unter den Singles, liebe Frau R., bedeuten alle nur eines: die Genervtheit ob der anwesenden Pärchen.
Offensichtlich kommen Ausstellungen gleich auf Rang zwei nach Supermärkten, was den Flirtfaktor betrifft, wahrscheinlich, weil Supermärkte hierzulande sonntags immer noch geschlossen sind. Allein deshalb und auch wegen siehe oben sollte man sonntags erst mal sein Sportpensum hinter sich bringen, bevor man verschwörerische Blicke in der Neuen Pinakothek austauscht.
Liebe Frau R., ganz herzlichen Dank für die vielen Tipps. Ich werde alle ausprobieren, wenn ich mal Zeit habe. Leider komme ich in nächster Zeit nicht zum Salsa tanzen, sondern höchstens zum auf dem Tisch tanzen. In München steht derzeit nämlich ein Oktoberfest, und als Lokal-Redakteurin sollte man eigentlich wissen, was das für Singles bedeutet.
Glei a Watschn
Ich helfe der Frau R. gern mal auf die Sprünge, wird Zeit, dass eine Eingeborene die Wies’n erklärt. Es heißt Oktoberfest oder Wies’n, meine Damen und meine Herren auch, es heißt nicht »die Wiese« und es heißt vor allem und schon gar nicht Fasching oder Karneval. Ich möchte zu gerne vor allem die Mehrheit der weiblichen Oktoberfestbesucher dazu verdonnern, obigen Satz dreihundertmal mit Kreide an eine Tafel zu quietschen. Weil aber selten jemand macht, was ich sage, erkläre ich es kurz hier und umständlich aber trotzdem ein für alle Mal.
Das Oktoberfest heißt Oktoberfest, weil es im September in München
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