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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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klang nicht recht überzeugend. Er hatte kaum einen Bruchteil dessen getrunken, was er brauchte (er konnte kaum stehen), aber das musste im Augenblick genügen. Walker hatte die Fesseln abgestreift. Ich trat über Tunners zerfetzte Leiche, schickte Devaz, dem ganz schwindlig war vom frischen Fleisch, den Befehl, uns zu folgen. Walker, der sich die Rippen hielt und humpelte, bildete die Nachhut.
    Die Lage im nächsten Raum – der Ort von Calebs Käfigsitzungen – bewies, wie schalldicht die Tresortür war, denn selbst meine Wolfsohren hatten nichts von dem mitbekommen, was sich hier abgespielt hatte. Der Käfig selbst war noch intakt, doch die Tür war herausgerissen und ein paar Stäbe waren verbogen worden. Überall Blut, großzügig vergespritzt, verzweifelt verschmiert, in gerinnenden Pfützen. Die Ergebnistafel der Kämpfe mit Caleb lag mit der Anzeigenseite auf dem Boden. Eine lange Spirale Stacheldraht war durch die Gitterstäbe gezogen worden. Ein junger, dunkelhaariger Jäger in blutgetränktem Metallica-T-Shirt und Kampfhose war darin gefangen, tot. Fünf weitere Leichen; über eine von ihnen, mit aufgerissenem Gedärm, machte sich noch immer Wilson her, von Kopf bis Fuß mit Blut und Sekret verschmiert und glänzend.
    Calebs Knie gaben nach, und er fiel um. Wilson drehte sich um und sah uns. Er wollte schon losspringen. Ich spürte, wie sich Beine und Gesäß anspannten.
    NEIN! DIE NICHT!
    Er kannte mich: Ich war die Frau, die ihn gevögelt und ihm die Mutter aller Knutschflecken verpasst hatte; ich war die Werwolfstimme in seinem Schädel, der Werwolfwille in seinen Gliedern. Die Blutfülle unterdrückte ein wenig seine Verachtung, die er bei leererem Magen wohl gespürt hätte. Wolf hatte ihn vollständig von Ohren bis Krallen erfasst. Er erhob sich und sein Glied reckte sich mit ihm.
    BRING UNS HIER RAUS.
    Caleb hatte genießbares Blut gefunden und leckte es vom Boden. Ich konnte nicht zulassen, dass er zu viel davon bekam. Nicht nur, weil wir keine Zeit hatten. Ich streckte die Hand aus und packte ihn am Arm. Schwach schlug er nach mir. Ich hob ihn hoch und legte ihn mir über die Schulter. So ging es schneller, zumindest, bis wir in Schwierigkeiten gerieten. Walker kniete über einem der toten Jäger. Die Hände baumelten an ihm herunter, sein Körper war völlig entspannt. Genauso gut hätte er gleich meditieren können. Vor meinem Fuß lag ein Maschinengewehr (das von Sobel, Kehle herausgebissen, linker Arm ab), also schubste ich es Walker zu. Es schlug ihm gegen das Bein.
    ›Ja, heb es auf.‹ Dazu brauchte es keinerlei Telepathie. (Die Befehle an Devaz und Wilson ergingen in einem Medium, das nicht ganz Sprache und nicht ganz Bild war, möglich nur in Befehlsbrocken, die den Empfängern wie aufgezwungene instinktive Entscheidungen erschienen, Kräfte, die sie erfassten und mit sich zogen wie Unterströmungen.) Walker nahm die Waffe, tat aber nichts, um aufzustehen. Trotz allem, was hier vor sich ging, dachte ich über die Frage nach, ob er wohl jetzt weniger als ein Mann für mich war. Ja, war er – wie auch anders: Zu viel von meiner menschlichen Vorstellung von Maskulinität hatte mit Kraft zu tun –, und dennoch war er nicht minder sexuell interessant. So ist das wohl, ging mir auf. Verändern und lösen sich die eigenen fundamentalen Grundlagen auf, dann zählen auch die anderen immer weniger. Jeder sollte mal ein Jahr lang Werwolf sein. So eine Art freiwilliger Dienst. Das würde sie lehren, sich nicht derart an Kategorien zu hängen.
    ›Ich habe wohl nicht mehr alle Murmeln beisammen‹, dachte ich.
    Wilson war bereits in dem hell erleuchteten Gang hinter der Tür an der anderen Seite des Raums, Devaz nicht weit dahinter. Mit einem Satz und dem Gefühl intensiver Freude sprang ich über den Käfig (ich erinnerte mich noch an meinen Vater, der mich als Kind hoch über seinen Kopf gehoben hatte, und plötzlich war mir die ferne Landschaft der Zimmerdecke schockierend nahe) und schloss mich ihnen an. Drei weitere Jäger mit fehlenden Kehlen, die Wände ein Jackson Pollock aus Blut. Wir rannten bis zum Ende, dann folgten wir Wilson nach rechts in den nächsten, breiteren Gang, der zu einer Metalltreppe führte. Ein zersplittertes Glaspaneel, das vom Boden bis zur Decke reichte, ging links von uns auf ein Zimmer mit einer Reihe von Monitoren und drei, vier Schreibtischen mit Laptops hinaus. Ein Jäger, aufgeschlitzt von Bauchnabel bis Kehle, lag zuckend in einer gerinnenden Pfütze

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