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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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seines eigenen Blutes. Seine sichtbaren Gedärme sahen aus wie ein zusammengerollter Alien in bibberndem Schlaf. Der Mann hatte die Augen noch offen, war noch voller ungläubigem Leben. Wir kümmerten uns nicht um ihn und rannten zur Treppe. Nach fünf Stufen fiel ich beinahe hin und verrenkte mir den Knöchel an einem Kopf, dessen Körper noch auf dem ersten Treppenabsatz lag. Devaz blieb wieder stehen, beugte sich vor, biss ein Stück aus der Seite und schluckte es fast ganz hinunter.
    SCHNELL.
    Wilson war zwei Absätze weiter, wurde aber langsamer. Die Fleischvöllerei holte ihn langsam ein, eine Wirkung wie zu sauerstoffreiches Blut: du wurdest in Gefäßen und Adern fett, Hände und Füße wollten schier platzen. Ich erreichte ihn am Ende der Treppe – wieder ein Gang, mit einem reflektierenden Vinylboden, der nach Desinfektionsmitteln roch –, und wir sahen gerade noch, wie zwei WOKOP-Leute achtzehn Meter weiter eine zweite Treppe hinauf verschwanden. Ich sah über Devaz’ Schulter. Walker mühte sich die Treppe hinauf. Er sah so aus, als würde er jeden Augenblick stehen bleiben, sich hinsetzen und die Augen schließen. Ich konnte nicht auf ihn warten.
    Eine Kugel traf mich in der Schulter. Eine andere traf Caleb im Oberschenkel. Ein muskulöser Jäger von vielleicht zwanzig Jahren, bekleidet nur mit roter kurzer Laufhose und blendend weißen Sportschuhen und mit einer Handfeuerwaffe bewaffnet, war aus einer Tür zu unserer Linken gesprungen, hatte uns gesehen und gefeuert, auch wenn er aus dem Grundtraining gewusst haben dürfte, dass das ohne Silber sinnlos war. Devaz erwischte ihn mit drei Sprüngen und wirbelte ihn an den Haaren herum. Der Jäger ging in die Knie und sah mich an. Er schoss erneut – traf eine Wand –, dann trat ihm Devaz die Pistole aus der Hand. Die jungen Bauchmuskeln waren wunderschön anzuschauen. Devaz zerrte an den Haaren, um den Kopf nach hinten zu ziehen, dann riss er mit den Krallen an der angespannten Kehle, die sich einen Augenblick Zeit damit ließ, aufzuplatzen und einen dünnen Blutstrahl von sich zu geben. Das war zu viel für mich. Ich sprang vor, ließ Caleb fallen, schnitt mit meinen tödlichen Krallen über den gelenkigen Bauch, ging auf die Knie und senkte meine Zähne ins Fleisch unterhalb der Rippen.
    Der niemals ruhende Analytiker in einem Winkel meines Gehirns meinte: ›Du musst aufpassen, du entwickelst eine Vorliebe für gesunde junge Männer. Das kannst du dir nicht leisten. Entwickelst du eine Vorliebe, dann entwickelst du ein Muster. Entwickelst du ein Muster, wirst du geschnappt …‹ Aber es war so gut. Gut zu spüren, wie sein Leben in mich pulste (auch wenn es nicht ganz mir gehörte; Devaz nahm sich ein paar Brocken, bohrte seine Faust durchs Brustbein und riss das Herz heraus); der doppelte Hunger, erzwungen durch den Aussetzer im Monat zuvor, ließ jedes Bruchstück erstrahlen: seine blonde Mutter, ein sonnendurchfluteter Hof mit einem roten Tretauto, das pfirsichhafte Diptychon des Hinterns einer Brünetten, bei der er nicht hatte fassen können, dass sie das eine Mal direkt einen 69er mit ihm geschoben hatte, der Typ, der bei einem Konzert der Whites Stripes ohnmächtig in einer Pfütze aus Erbrochenem lag, all die weit zurückliegenden, riesigen Eindrücke der Kindheit wie damals, als die Wolken so rasten, und wenn du rücklings auf der Straße lagst, sah das aus, als würden die Häuser umfallen, und sein Dad, der ihn die Treppe hinauftrug, als er krank war, und in seinem Fieber hatte er in den starken warmen Armen plötzlich die Liebe seines Vaters erkannt, doch irgendwie hatte sie sich abgewendet oder war verwässert und jetzt war ein Großteil seines Verstandes voller Schrott und Fernsehen und Pornographie, und er wollte sich überhaupt nicht diesen Leuten anschließen, aber Nog meinte, er könne ihn da unterbringen, das wäre toll –
    Stopp. Stopp.
    Das tat ich aber nicht sofort. Fressen raubt dir Sekunden, Minuten, Stunden. Leben ausblutendes Fleisch dehnte die Zeit zu einem schwarzen Loch. Nur noch ein paar Sekunden. Nur noch einen Bissen.
    Als ich meine Schnauze reckte, wirkte der Gang deutlich anders, so als habe jemand eine Schleuse geöffnet, und all der Lärm und die Dringlichkeit seien davongeflossen. Der Feueralarm war aus, aber in der Stille steckte noch mehr. Ich drehte mich um und sah Caleb, der auf Händen und Knien war und das frische Blut aufleckte. Er war noch immer schwach, aber in seinen angewinkelten Ellbogen lag

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