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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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(›Ja, ich weiß. Ich verstehe.‹) »Aber ich nehme jede Hilfe, die ich nur kriegen kann. Ich erwarte gar nichts. Ihr seid jetzt schon so gut zu mir gewesen.«
    Zoë, die rücklings auf meinem Schoß lag, öffnete die Augen. Wieder floss ihr meine Liebe zu, in hoffnungsloser Panik, weil sie wusste, sie würde wieder schwinden müssen. Und als sie das tat (wie das ausgeglühte Ende einer sich auflösenden Sylvesterrakete), ging mir auf, dass ich ihren Bruder noch nie in menschlicher Form gesehen hatte. Ich würde ihn nicht erkennen, wenn man mir Fotos zeigen würde.
    Trish kam die Treppe heruntergesprungen. Sie hatte sich eine enge schwarze Jeans und einen Mohair-Pullover angezogen, der fast genau die Farbe ihrer Augen hatte. Nackte weiße Füße mit kirschroten Zehennägeln. Sie sah aus, als hätte sie eine Woche lang geschlafen und sei rundum erneuert aufgewacht.
    »Seid ihr schon bei Wodka?«, wollte sie wissen. »Wo ist meiner?«

51
    Lymington ist eine georgianische Marktgemeinde und ein Segelparadies an der Küste von Hampshire. Direkt südlich davon trennt der Solent England von der Isle of Wight. Im Norden liegt der New Forest, achtunddreißigtausend Hektar alter Heide und Wald. Southampton und Portsmouth liegen östlich, im Westen ist Keyhaven Marsh, ein tausend Hektar großes Naturreservat, das an einer langen Landzunge namens Hurst Spit endet. Das Haus, das Konstantinov besorgt hatte, lag am Rand der Gemeinde, dort, wo die Salzmarschen begannen; es handelte sich um ein freistehendes Haus mit fünf Zimmern, hohen Decken, mit Holzfußböden, zugig, abgewetzt, geschunden und von Urlaubsfamilien jahrzehntenlang abgewohnt.
    Budarin, der korrupte Arzt, war ein kleiner Russe Ende vierzig, mit dunklen Haaren, die ihm rapide ausgingen, überrascht wirkenden blauen Augen und einem lächerlich engelhaften, kleinen Mund. Funktionaler Alkoholiker. Konstantinov kannte ihn schon seit Jahren. Der Arzt stellte nicht eine einzige Frage. Er sprach fast überhaupt nicht, und wenn, dann auf Russisch. Wie gewünscht, zapfte er Konstantinov, Cloquet, Walker und mir (beschriftet und gesondert aufgehoben) je einen halben Liter Blut ab, und als ich ihm weitere dreihundert Pfund zusteckte, auch sich selbst, auch wenn ein paar trostlose Witze über die Qualität seines Lebenssafts zwischen ihm und seinem Landsmann hin- und herflogen. Er wohnte in einem Hotel im nahe gelegenen Keyhaven, und würde dank einer satten Summe für unbegrenzte Zeit ›auf Abruf‹ dort bleiben. Er konnte uns noch mehr Blut besorgen, aber das würde achtundvierzig Stunden dauern und zehn Riesen kosten. Ich sagte ihm, er solle tun, was immer dazu nötig wäre.
    Madeline und Lucy hatten uns begleitet. Trish war nach London zurückgefahren, um ihren Motorradführerschein zu machen. Mit dem Zahltag nach der Rettungsmission finanzierte sie einen Jahresurlaub: Südostasien im Frühling, dann die USA und Südamerika in Sommer und Herbst. Fergus hatte noch keine festen Pläne, aber Madeline war sicher, dass wir ihn kurzfristig engagieren könnten. Devaz war ohne weitere Nachricht verschwunden.
    »Gib mir Mias Telefonnummer, Schätzchen, dann kann ich ihr sagen, wo du bist.«
    Caleb lag auf einer Campingliege im Keller. Ich hatte ihm einen Viertelliter von Cloquets Blut gegeben. Gerade genug, um ihn zu schwummrigem Bewusstsein zu wecken. »Ich habe hier ein Telefon. Du kannst mit ihr reden.« Ich wischte ihm die Haare aus der heißen Stirn, sah seine Augen klarer werden. Mein lausiger Instinkt verriet mir, dass er krank genug war, seine Mutter zu wollen, nach all den Wochen der Krankheit, Isolation, Erniedrigung und Schmerzen. Er war siebzehn. Siebzehn war gar nichts. »Du sagst ihr einfach, es geht dir gut«, fuhr ich fort. »Ich sage ihr, wo du bist, und dann kann sie dich holen kommen.« Sein Gesicht verriet einen kurzen inneren Kampf. Eine dunkelrosa Träne kroch ihm aus dem linken Auge. Dann gab er mir die Nummer.
    Ich ließ ihn eine Minute reden – eine gelallte, wirre Version unserer Zeit im Kerker –, dann nahm ich das Telefon an mich und eilte hinauf in das große Wohnzimmer an der Vorderseite des Hauses. Es brannte kein Licht. Draußen war es dunkel, aber noch konnte ich die weite Rasenfläche, die Hecke, das Salzgras bis ans Wasser hinunter sehen, wohin Lucy warm angezogen und mit gerunzelter Stirn zu einem Spaziergang aufgebrochen war. Auf dem Solent blinkten gelbe Bootslichter. Ich konnte Madeline in der Küche leise mit Zoë reden hören. Auf dem

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