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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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Schwarz mir die Faust ins Gesicht schlug.
    Ich spürte, wie mir der Kiefer brach und meine Knie nass wurden. Meine Arme schienen eine ganze Weile damit zuzubringen, wie wild nach nichts zu fuchteln. Etwas traf mich hart am linken Oberschenkel. Ich weiß noch, dass ich versuchte, das Handy festzuhalten, als der Boden auf mich zukam. Ich schmeckte kühlen Staub und hörte das Blut einmal im meinem Kopf hämmern. Dann traf mich etwas am Hinterkopf, das sich wie ein Pflasterstein anfühlte, und bei mir gingen alle Lichter aus.

55
    Als ich die Augen aufschlug, spürte ich Erleichterung: Der Hunger verriet mir, dass ich die Verwandlung nicht verschlafen hatte. Er verriet es mir mit Krämpfen und hilfloser Übelkeit, aber immerhin. Lorcan lebte, aber (verriet mir der Hunger ebenfalls) es waren keine drei, vier Stunden mehr bis Mondaufgang.
    Das waren die guten Nachrichten.
    Ich lag rücklings in einem festgenieteten Käfig in einem Container, wie ich in Sekunden wusste – die gerippten Seitenwände und die nach Eisen riechende Kälte. Linker Knöchel und linkes Handgelenk waren an eine der Stangen gefesselt, meine rechte Hand rätselhafterweise frei. Zwei strahlend helle Sturmlaternen hingen an Haken außerhalb des Käfigs. Auf meinen Lippen schmeckte ich trockenen Schweiß.
    »Fröhliche Wintersonnenwende«, sagte Murdoch.
    Ich mühte mich auf, erst auf die Seite, dann mit Hilfe der Stangen in eine Sitzposition. Man ist dankbar für die kleinen Dinge. Ich war dankbar dafür, Jeans zu tragen, keinen Rock. Wenn die Leute einen umbringen wollen, dann trägt man keine Röcke mehr. Murdoch trat ins bleiche Licht der Sturmlaternen, und da war er in all seiner Größe, Statur und weißem Crewcut. Er trug noch immer das Einbrecheroutfit, nur ohne Sturmmaske und Handschuhe. Er hatte etwas Gewicht verloren, aber den Gesichtsausdruck eines ruhigen, leicht irren Adlers behalten.
    »Was wollen Sie?«, fragte ich. Ich hatte eine raue Kehle. Dehydrierung war ein Hund, der schrill in meinem Schädel bellte. Wolf war am Ende seiner Geduld und wollte die Regeln in meinen Knochen brechen. Aber das waren die Regeln des Mondes, und nach denen waren meine Knochen gezwungen, ihre Form zu behalten. Ein Teil meines Verstandes, dem diese Aufgabe zugeteilt war, ging rasend schnell alle Möglichkeiten durch, Jakes verhasste Abfolgen von Wenn und Dann; der Rest wusste, dass das sinnlos war. Es gab keinen Ausweg. Es gab keinen, weil Murdoch nichts wollte. Anders gesagt, was immer er wollte, hing notwendigerweise damit zusammen, dass es keinen Ausweg für mich gab. Trotz alledem, und noch neben all den sinnlosen Überlegungen, stellte die animalische Mutterschaft eine riesige, dumme Forderung: ›Flehe ihn an. Biete ihm Geld. Irgend- etwas.‹
    »Wiedergutmachung«, sagte er.
    ›Bitte, bitte, bitte.‹ Mutterschaft beharrte darauf, dass es doch einen schwer definierbaren Ton geben müsse, mit dem das gelingen könnte, wenn ich nur darauf käme. Idiotie auf zellulärer Ebene. Ich erhob mich zitternd. Frischer Schweiß nadelte mich. Wolf atmete heiß in Handflächen, Brüsten und Kopfhaut.
    »Erinnern Sie sich noch an unser Gespräch über die Beziehung von Sex und Chaos?«, fragte Murdoch.
    Im Geiste ging ich den Inhalt meiner Taschen durch. Nichts in der Jeans, ein paar Euro, ein Taschentuch, ein Kaugummipapier, Flusen. In der Jacke? Die hatte ich nicht sehr oft an, ich mochte sie nicht besonders, schwarzes Leinen, ein bisschen breit in den Schultern. Tatsächlich hatte sie es nur deshalb nach Kreta geschafft, weil ich sie nie aus der Tasche gepackt hatte, die ich benutzte, seit ich New York vor gefühlt einem Jahrzehnt verlassen hatte. Und sie war nur deswegen ausgepackt worden, weil die Insel kalt und die Jacke das einzig Warme war, das ich eingepackt hatte. Jedenfalls konnte ich mich nicht errinern, dass sich in den Taschen jemals ein Taschenmesser oder ein Korkenzieher, eine Hutnadel oder sonst etwas befunden hatte, das sich auch nur irgendwie als Waffe nutzen ließ. Ich hatte mir angewöhnt, die Springfield im Schulterhalfter zu tragen, hatte sie auch dabeigehabt, als er mich ansprang, aber die hatte er mir natürlich abgenommen, zusammen mit Schlüsseln, Uhr und Handy.
    »Sie erinnern sich gewiss daran«, fuhr Murdoch fort. »Ich sagte, Sex ist eine skrupellose Kraft, die zum Chaos führt. Wenn ich die in diesem Szenario zulasse, dann führt das bald zu Ablenkung, Konflikt, Ungehorsam. In solch einer Einrichtung ist Sex nicht nur ein Luxus,

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