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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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hier die schreckliche Einsamkeit, die ich schon gespürt hatte, als meine Fruchtblase platzte. Ganz gleich, wie viele Hunderte von Millionen diese Erfahrung durchgemacht hatten, wenn es dazu kam, zählte nur deine eigene Version.
    »Da wären wir«, sagte Murdoch leise und schloss die Käfigtür auf.
    Ich starrte ihn an. »Ich werde Sie töten«, sagte ich ebenso leise. »Sie überstellen mich an die Organisation, ich komme wieder raus, genau wie schon einmal, und ich –«
    »Ich stelle fest, dass ich all dies tun muss«, unterbrach er mich. Das erzwang eine verrückte Pause zwischen uns. »Es gibt einen Impuls«, fuhr er dann fort. »Ich weiß noch, wie ich als Kind lernte, dass ein Gegenstand im All sich für immer weiterbewegen würde, wenn man ihm nur einen kleinen Schubs gibt. Solange er nicht auf einen anderen Gegenstand trifft. Er fliegt einfach ewig weiter.«
    Netzhemd atmete hörbar durch feuchte Nasenlöcher. Ich konnte ihn riechen. Die Frau in mir roch Zigarettenqualm, Bier und Schweiß, in altem Fett Frittiertes. Die Wölfin roch erregtes Blut und rasende Pheromone, abgestandenen Urin, würzigen Fleischatem und den ersten Samentropfen. Er wollte, dass diese Zwischenzeit vorüberging. Es war gefährlich für ihn, meine Persönlichkeit war wie eine flackernde, schwankende Flamme: In einem Augenblick war sie der Grund, warum er nicht konnte, im nächsten warum er nicht nicht konnte. »Warten Sie«, sagte ich zu ihm, »Sie müssen das nicht tun. Das wissen Sie.« Aber ich wusste, dass es sinnlos war. Die Zwischenzeit war vorüber. Sie war mit dem ersten Schritt vorüber, den er auf mich zu tat. Ab jetzt war alles, was ich sagte oder tat, Provokation. Die blanke Tatsache meiner Existenz war Provokation. Das liegt in der Natur der Vergewaltigung. Sein Gesicht war ein wenig aufgedunsen, seine Gliedmaßen ausgefüllt. Darauf hatte er gewartet: Auf die Illusion der Notwendigkeit, auf die Unterordnung unter die Kraft der bewusstseinstrübenden Droge.
    ›Dieser Mann wird dich vergewaltigen.‹
    All die Dokumentationen, Artikel und Aussagen im Schattenriss. All die leichten Intuitionen, die ich bei gewissen Frauen gehabt hatte. Sie ist vergewaltigt worden. Sie auch. Sie auch. All dies flammte und waberte wie eine erstickende Wolke um mich herum, und ich erkannte, dass hinter all dem ein tatsächliches Geschehen lauerte, tatsächlich verringerte ein Mann den Abstand zwischen sich und einer tatsächlichen Frau, drängte sich an sie, in sie, durch sie hindurch, brach die körperlichen Grenzen und raubte ihrem Seelenhaus unbezahlbare Erinnerungen. Hinter all diesen Geschichten lagen freimütige Gerüche und genadelte Handflächen und Beine, krank vor Adrenalin und dem gleichgültigen Gehorsam des Universums vor der Physik: Die Physik sagte, wenn du dich nicht wehren konntest, wenn deine Schenkel offen waren und der Mann entschlossen war, seinen Schwanz in dich zu stecken, dann würde das auch geschehen. Dein Körper würde das aufnehmen, weil er unter derselben sinnlosen Herrschaft stand wie die Sterne und Moleküle. Das hatte ich natürlich auch bei meinen Opfern gesehen, die schockierte Realisierung, dass eine Kralle, mit dem richtigen Druck angesetzt, das weiche Fleisch der Taille aufreißen würde und es nichts gab, was das Universum dagegen unternehmen konnte. Richtig, falsch, gut, böse, Grausamkeit, Mitgefühl … Das Universum zuckte nur mit den Schultern: ›Davon weiß ich nichts. Ich kenne mich nur mit Physik aus.‹ Ich hatte das bei meinen Opfern gesehen. Das sollten wir nicht vergessen. Millionen von Frauen hätten ihren Vergewaltiger ganz zu Recht fragen können: »Wie kannst du so etwas tun?« Millionen von Frauen, die das tatsächlich nicht wussten. Ich schon. Ich wusste, wie er so etwas tun konnte. Er konnte es tun, weil es für ihn gut war, wenn es für mich schlecht war. Er konnte es tun, weil es für ihn nur dann das Beste war, wenn es für mich das Schlimmste war. Ich kannte die Gleichung. Die Gleichung war integer. An der Gleichung änderte sich nichts. Nur daran, wo ich darin stand.
    Es gab noch die Möglichkeit, das Ganze als ausgleichende Gerechtigkeit zu betrachten, Buße für meine eigenen Todsünden. Tante Theresa machte eine Riesenschau daraus, dass man seine Buße vor Gott brachte. Ich hatte meine Mutter mit ihr streiten hören: »Welch lausiger sadistischer Gott will mein Leiden haben? Sei doch nicht so eine Vollidiotin, Theresa.« Ein Blitz der Liebe zu meiner Mutter flammte auf wie

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