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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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spritzten in einem irren, kollektiven Lärm auseinander, halb Angst, halb Zorn, halb Freude darüber, dass etwas Unerwartetes geschah.
    »Los!«
    Die Gesichter huschten nicht verschwommen vorbei, wie es die Konvention vorschreibt, sondern in plastischen Schnappschüssen. Kurz kam mir die kalte Dunkelheit Londons zu Bewusstsein, dazu die Weichheit und die Hitze der Menschenmenge, dann waren wir im Eingang verschwunden und rannten die Haupthalle entlang, Walker hielt die Waffe symbolisch unter der Jacke verborgen, ich umklammerte Zoë wie einen Fußball und dachte: ›Jede Sekunde … jede Sekunde … dann spürst du die Kugel diesen fürchterlichen Bruchteil einer Sekunde, bevor du den Schuss hörst …‹ Die Schaufenster waren deutlich zu erkennen, drängend, dämlich – W H Smith; Superdrug; Tesco Express; lausig, seelenlos, so etwas als Letztes zu sehen –, dann waren wir an den Aufzügen vorbei und wieder draußen auf der Straße.
    Ich sah mich um. Wenn es Verfolger gab, so verbargen sie sich hinter den Kauflustigen.
    »Hier rein!«
    Walker riss die Tür des ersten Taxis in einer Dreierreihe auf. Das beleuchtete Innere war die reine Schönheit. Ich drückte Zoë an mich und stieg ein.

23
    Wir brauchten eine halbe Stunde und jede Menge Nebenstraßen, bevor Walker davon ausging, dass wir nicht verfolgt wurden, und selbst dann sprach er sich noch dagegen aus, in das Hotel in Kensington zurückzukehren.
    »Haben die auf Sie geschossen oder auf mich?«
    »Keine Ahnung«, antwortete er. »Aber Murdoch war es nicht.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Er hätte nicht danebengeschossen. Ich bin nur überrascht, dass er das irgendwelchen Untergebenen überlässt. Ich dachte, er würde sich den Spaß nicht nehmen lassen.«
    »Vielleicht haben sie auf uns beide geschossen«, sagte ich. »Es handelt sich doch immer noch um WOKOP, oder? Ist ja nicht gerade so, als stünden Werwölfe unter Amnestie.«
    »So oder so müssen wir davon ausgehen, dass Ihr Hotel aufgeflogen ist. Meine Bude auch. Mike und mir gehen bald die Rückzugsorte aus.«
    Ich machte mir Sorgen um Cloquet. Ich war seit Stunden fort. Er nagte bestimmt schon an der Tapete. Aber wie konnte ich ihn erreichen und sagen, dass er verschwinden solle, wenn Handy und Zimmertelefon angezapft waren?
    Am Ende rief ich den Empfang an. Dem nicht existierenden Gott sei Dank erinnerte sich der Empfangschef an mich (in der ersten Nacht waren mir die Windeln ausgegangen und ich hatte den nächstgelegenen, rund um die Uhr geöffneten Laden finden müssen); es kostete zwar ein wenig Überredung, aber dann willigte er ein, meine Bitte zu erfüllen. Er würde ›Mr Malraux‹ in Suite 472 anrufen und ihm ausrichten, er solle wegen einer dringenden Nachricht von ›Ms Atwood‹ zum Empfang kommen. Ich würde zehn Minuten warten und dann den Empfangschef auf dessen Handy anrufen, das dieser dann Cloquet geben würde. Selbst Walkers Misstrauen reichte nicht so weit anzunehmen, das persönliche Handy des Empfangschefs könne angezapft werden.
    Cloquet war völlig durchgedreht, aber das war vorauszusehen. Er sprach es nicht aus, aber es war offenkundig, dass er dachte, ich würde ihn fallenlassen. Er hatte mein Vertrauen missbraucht, und ich brannte mit meinem amerikanischen Beach Boy durch. Ich würde ihn beruhigen müssen, das wusste ich – aber nicht jetzt. Jetzt ging es um praktische Dinge. Ich gab ihm die Nummer des sauberen Handys und berichtete ihm, was geschehen war. Er musste sofort aus dem Hotel verschwinden. Wir reisten mit leichtem Gepäck, es sollte also nicht allzu schwer für ihn sein, unauffällig zu verschwinden. Der Empfangschef würde dafür sorgen, dass am Küchenausgang ein Wagen auf ihn wartete. Von dort solle er zu mir ins Dorchester kommen, das erste Hotel, das mir in den Sinn kam, wahrscheinlich aus einem James-Bond-Film. Walker riet mir, ganz aus London zu verschwinden, aber das brachte ich nicht über mich. Ich wollte hier sein, wenn sie Jacqueline und die Schüler aufstöberten. Außerdem waren meine Geographiekenntnisse auf der Insel lausig. In London konnte ich mich wenigstens zurechtfinden.
    Ich meldete mich als Jane Dickinson an. (Cloquet war für eine Weile wieder Pierre Rennard.) Walker ging mit mir nach oben in eine, wie sich herausstellte, warm beleuchtete Art-Déco-Suite. Pink, creme, blassgrün, Walnussverkleidungen und tiefe Teppichböden in karibischem Sandton. Das komfortable, solide Gefühl einer Kabine auf einem Luxuspassagierdampfer,

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