Baedeker Reisefuehrer Toskana
sollte, wurde angelegt. Es entspricht im Wesentlichen den heutigen Straßenverläufen. Vom technischen Fachwissen der Etrusker, etwa auf dem Gebiet des Gewölbebaus oder der Hydraulik, profitierten die Römer. Städte wie Volterra, Arezzo oder Fiesole blühten auf, und es wurden Tempel, Theater und Thermen gebaut, häufig aus dem Material abgebrochener etruskischer Monumente. Der strenge axiale Grundriss römischer Stadtgründungen lässt sich an der Kolonialstadt Lucca heute noch gut ablesen: Die beiden Hauptstraßen Cardo und Decumanus kreuzen sich auf dem ehemaligen Forum, der heutigen Piazza San Michele. Parallel dazu haben sich auch die Straßenzüge erhalten, die die Stadt in einzelne Gebäudeinseln (Insulae) teilten. Da im Mittelalter das zerstörte Amphitheater als Unterbau für Häuser diente, ist dessen elliptische Form heute ebenfalls noch erkennbar.
ROMANIK
Vorläufer der Renaissance
Die toskanische Romanik wird auch als Proto-Renaissance bezeichnet, da sie – anders als etwa in Frankreich oder Deutschland – die Renaissance vorbereitete und für diese als Vorbild ähnliche Bedeutung hatte wie die Antike. Zwei Bauwerke in Florenz , beide um die Mitte des 11. Jh.s errichtet, stehen am Beginn der Proto-Renaissance: das Baptisterium vor dem Dom und die Kirche San Miniato al Monte. Das 1059 begonnene Baptisterium, ein achteckiger, zweigeschossiger Zentralbau mit Chorkapelle, war so nahe am antiken Architekturverständnis, dass der Renaissancearchitekt Filippo Brunelleschi im frühen 15. Jh. das Bauwerk kopierte, in der Annahme, es handele sich wirklich um einen Bau der römischen Antike. Durch und durch von antikem Gedankengut inspiriert ist die Fassade von San Miniato al Monte, die mit ihrer weiß-grünen Marmorinkrustierung und ihrem geometrischen Dekor an einen Reliquienschrein erinnert. Doch nicht nur in Florenz, auch in Pisa, wo ab 1062 der größte und vom baukünstlerischem Standpunkt bedeutendste romanische Dom entstand, wurde Architekturgeschichte geschrieben. Ein Novum waren die Konzeption der Kirche als kreuzförmige Anlage mit Querschiff und die Kuppel über der Vierung, die auf byzantinische Vorbilder zurückgeht. Typisch für die pisanische Architektur sind die Blendarkaden mit Rautenmuster im unteren Bereich sowie die Pilasterreihen mit Architrav in den oberen Geschossen, die auf antike Vorbilder zurückgreifen. Hochromanisch sind die Zwerggalerien des Chores. Elemente unterschiedlichster Stile und Kulturregionen verschmolzen an der Bischofskirche von Pisa zu einer neuen Architektursprache, die in der Toskana als Vorbild für den städtischen Kirchenbau im 12. und 13. Jh. wirkte. Besonders deutlich wird dies an der Kirche San Michele in Foro in Lucca, die nicht nur den Grundriss einer dreischiffigen Säulenbasilika mit Querschiff übernimmt, sondern auch das Dekorationssystem mit den an allen Seiten um das Gebäude geführten Blendarkaden und Marmorinkrustationen.
Der romanische Dom in Pisa: Erstmals wurde eine Kirche über kreuzförmigem Grundriss mit Querschiff gebaut.
Detail aus einem Kapitell in der Abbazia Sant‘ Antimo bei Montalcino
Landkirchen
Ab dem 11. Jh. wurden von Landgemeinden viele Pfarrkirchen meist außerhalb der dörflichen Siedlung gebaut. Diese schlichten, kleinen Landkirchen, Pieve genannt, folgen dem basilikalen Schema, haben eine oder drei Apsiden, ihre Pfeiler sind rechteckig und ohne Vorlagen, ihre Wände sind ungegliedert und ohne Schmuck.
Plastik
Die Bauplastik nimmt, von Kapitellen abgesehen, in der italienischen Romanik einen geringeren Stellenwert ein. Guglielmo führte den Figurenschmuck am oberen Teil der Domfassade von Pisa aus, dessen Stil – von der Lombardei beeinflusst – Sinn für reiche dekorative Wirkung zeigt und Anregungen aus der byzantinischen, islamischen und der antiken Kunst aufnimmt. Zahlreiche Aufträge für Bildhauer gab es für die Ausgestaltung von Innenräumen: Taufbecken, Kanzeln und Altarschranken.
Nicola (Niccolò) Pisano
In den Fünfzigerjahren des 13. Jh.s erhielt der aus Süditalien kommende Nicola Pisano den Auftrag, die Kanzel des Baptisteriums in Pisa zu gestalten. Der Künstler, der seinen Namen in der rings um die Kanzel geführten Inschrift vermerkte, legte damit den Grundstock für die italienische Skulptur. Er löste sich von der bisherigen Kanzelform des Rechtecks und schuf ein frei stehendes Sechseck, das mit Reliefplatten versehen ist, ein Prinzip, nach dem fortan viele Kanzeln in der Toskana geschaffen wurden.
Weitere Kostenlose Bücher