Baedeker Reisefuehrer Toskana
»Marmische«, wie die Arbeiter hier genannt werden, bauten natürliche Felsspalten aus, in die sie Holzpfähle aus Feigenholz trieben, die dann mit Wasser getränkt wurden, sodass die Ausdehnung des Holzes die Blöcke spaltete. In römischer Zeit bohrte man zudem Eisenkeile längs der Schnittlinie in den Marmorblock, um ihn langsam vom Felsen zu sprengen. Noch Mitte des 19. Jh.s wurde so von den rund 3000 Arbeitern in den damals 600 Steinbrüchen Rohmarmor gewonnen.
Fließender Stoff in Marmor gemeißelt
Einen entscheidenden Fortschritt brachte 1885 die Einführung einer mit Motorkraft betriebenen Drahtseilsäge . Die Jahresproduktion erhöhte sich daraufhin auf fast 200 000 t. Bei dieser bis heute angewandten Abbaumethode dringt ein 4 bis 6 mm dicker Spiraldraht, der im geschlossenen Kreislauf über Rollen gelenkt wird, parallel zur Gesteinsschicht in den Fels ein und befördert dabei unter ständiger Wasserzufuhr das eigentliche Schleif- und Schneidmittel: Kieselsand. Er ist in der Lage, ca. 20 cm pro Stunde in den harten Marmor einzuschneiden. Die gewaltigen, bis zu 400 t schweren Blöcke (Bancata) werden anschließend mit Diamantsägen auf Transportgröße zurechtgestutzt. Jüngste Versuche, Marmor mit Hilfe von Lasertechnik zu schneiden, haben sich bislang noch als zu kostspielig erwiesen.
Ein Bildhauer bei der Arbeit
Die Arbeit in den Marmorbrüchen war immer gefährlich – nicht ohne Grund ließ man dort in der Antike Sklaven und Gefangene schuften. Eine der riskantesten Aufgaben war bis zur Industrialisierung der Abtransport der gigantischen Marmorklötze mit Hilfe primitiver Holzschlitten, die, nur mit Hanfseilen gesichert, durch Seifenschmierung auf Rundhölzern zu Tal glitten. Nicht selten waren Todesopfer zu beklagen, wenn einer der riesigen Blöcke außer Kontrolle geriet und Arbeiter unter sich begrub – noch heute ertönen die Buccine-Hörner im Tal, wenn die Arbeit mit dem Marmor wieder ein Opfer gefordert hat.
Um die Jahrhundertwende übernahmen dann Aufzüge und Seilbahnen den Transport zur Verladerampe. 1876 bis 1891 wurde eine 20 km lange Eisenbahnstrecke gebaut, die über 16 Brücken und durch 15 Tunnel auf teilweise abenteuerlicher Strecke zum Meer hinabführte.
Heute wird im Gebiet der Marmorbrüche überall mit moderner Großtechnik gearbeitet; PS-starke Bagger heben die bis zu 25 t schweren Blöcke auf große Lastkraftwagen für den Transport zu den Hafenanlagen in Marina di Carrara, Marina di Massa und Marina di Pietrasanta. Von dort wird der Marmor in alle Welt exportiert. Der Weg bis zur Küste ist allerdings nach wie vor äußerst kurvenreich, eng und hat streckenweise ein Gefälle bis zu 20 % – ein unkonzentrierter Moment, und die tonnenschwere Last kann schnell zur tödlichen Gefahr werden.
Marmor für alle
In den Souvenirläden von Carrara und am Rande der Serpentinenstraßen zu den Steinbrüchen wird alles Erdenkliche aus Marmor angeboten, vom viel kopierten »David« über Tischplatten bis zu Schachfiguren und Aschenbechern.
Der Besuch der Steinbrüche ist ohne spezielle Erlaubnis möglich, doch ist bei der Besichtigung Vorsicht geboten. Wer sich über die Geschichte des Steins, seine Abbaumethoden und seine Verwendung informieren möchte, sollte auf jeden Fall zwei Museen besuchen: Walter Danesis Freilichtmuseum in Fantiscritti und das Mar-mormuseum in Carrara.
*Aulla, Fortezza della Brunella
Die mächtige Brunella-Burg von Aulla ca. 15 km nördlich bewacht den Zusammenfluss von Aulla und Magra. Der Ende des 13. Jh.s begonnene Festungsbau wurde Anfang des 16. Jh.s erweitert. Lohnend ist das Museum der Naturgeschichte der Lunigiana, der angrenzende Park lädt zu Spaziergängen ein.
März – Mai, Okt. Di. – So. 9.00 – 12.00, 15.00 – 18.00, Park bis 18.30 Uhr; Juni – Sept. 9.00 – 12.00, 16.00 – 19.00, Park bis 19.30 Uhr, Nov. – Feb. 9.00 – 12.00, 14.00 – 17.00, Park bis 17.30 Uhr; Eintritt: 3,50 €;
www.fortezzadellabrunella.it
Equi Terme
Führungen durch den Kulturpark »Grotte di Equi« und den Archeoparco Equi Terme zeigen die Attraktionen des Kurorts, der für seine Funde aus der Altsteinzeit und die Schwefelheilquelle bekannt ist.
1.7. – 30.9. Mo. – Fr. 10.30 – 12.30, 14.30 – 19.00, Sa., So. 10.30 – 19.00 Uhr; Eintritt: 1. Weg 5 €, 2. Weg 8,50 €; www.terredilungiana.com
*Fivizzano, Castello della Verrucola
Das bis 1350 entstandene Verrucola-Schloss mit Kirche und Renaissance-Loggia (15. Jh.) gehört heute dem Bildhauer Pietro
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