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Bädersterben: Kriminalroman

Bädersterben: Kriminalroman

Titel: Bädersterben: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Geisler
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Börteboothafen machte, um einen Müllsack zu ergattern. Das war gar nicht so einfach, weil die meisten Geschäfte in den Hummerbuden fast ausschließlich Zigaretten, Schnaps und Parfüm feilboten. Schließlich fand er das Magazin von Rickmers, in dem er zwei große graue Plastiksäcke erstand.
    Auf dem Weg zum Fahrstuhl ins Oberland am Lung Wai drückte er in den einen Müllsack mit dem Finger Löcher für Augen und Mund. Vor dem Fahrstuhl warteten bereits drei kostümierte Spaßvögel, die es offensichtlich auch zum Maskenball trieb. Ein Kapitän mit Weihnachtsmannbart, ein unrasierter Börtebootfahrer und ein Pirat mit Augenklappe, der sich zur besseren Erkennung das Wort ›Pirat‹ mit schwarzer Schuhcreme auf die Stirn geschmiert hatte. Maritime Kleidungsstücke hingen vermutlich bei allen Insulanern im Schrank, sodass Olli mit seinem Müllsack, den er unter der Jacke verbarg, durchaus etwas Besonderes bieten würde.
    Die Tür öffnete sich, und die Fahrstuhlführerin nickte den Kostümierten skeptisch zu. Sie schienen bereits ein wenig vorgeglüht zu haben, denn der Kapitän begann sofort, mit der Liftdame zu flachsen. »Dreimal erste Klasse, Schnucki. Der Rest ist Trinkgeld.« Er händigte ihr grinsend eine Münze aus.
    Die Liftdame blickte genervt und kassierte dann mit säuerlicher Miene Olli ab, bevor sich die Türen schlossen. Im geschlossenen Fahrstuhl bemerkte er schnell, dass die drei Herren offensichtlich keine Kostüme trugen, sondern vermutlich direkt von der Arbeit kamen, denn sofort breitete sich beißender Schweißgeruch in der gesamten Kabine aus.
    Wenig später öffnete sich die Fahrstuhltür, und die drei betraten das Oberland. Beim Herausgehen versetzte der Kapitän der Fahrstuhlführerin schnell noch einen Klaps auf den Hintern. Ihrem wütenden Gegenhieb wich der Schwerenöter geschickt aus, diese Übung schien er nicht zum ersten Mal zu machen.
    Sie drohte ihm mit der Faust. »Warte nur, du Ferkel. Irgendwann musst du wieder herunterfahren. Dann erwische ich dich schon noch!«
    Den Kapitän schien die Drohung nicht weiter zu stören, allerdings pöbelte er erst aus sicherer Entfernung zurück, während seine Kumpane feixten. »Das macht doch nichts, Schnucki. Dann bin ich breit und bekomme das alles nicht mehr mit. Allzeit gute Fahrt noch.«
    Als Olli den Fahrstuhl verließ, klingelte sein Handy. Er trat einige Schritte beiseite, um nicht im Licht der Laterne aufzufallen, die den Eingang zum Fahrstuhl erhellte. Es war jedoch lediglich Stuhr, der sich aus unerfindlichen Gründen überschwänglich bei ihm bedankte und bestärkte, auf der richtigen Spur zu sein. Olli hielt sich ausgesprochen kurz, denn die drei schwankenden Gestalten drohten zu entschwinden. Er klappte sein Handy zusammen und beeilte sich, ihnen zu folgen. Schließlich hatten sie genau den Weg eingeschlagen, den Svenja beschrieben hatte.
    Wenig später dröhnte ihm von Weitem laute Musik entgegen, und keine fünf Minuten darauf fielen die drei Gestalten in die Mocca-Stuben ein, aus denen ihnen fröhliches Gelächter entgegenscholl. Olli huschte an den Mocca-Stuben vorbei und sah sich hastig nach Passanten um, denn irgendwie musste er noch seine Klamotten tauschen. Hemd und Unterhose würde er anbehalten, aber die restliche Kleidung musste weg, sonst würde er sich unter dem Plastik zu Tode schwitzen. Er schlich Richtung Kirchturm, und da seine Vermutung, dahinter einen kleinen Friedhof zu finden, bestätigt wurde, konnte er sich dort unbemerkt hinter einem Gebüsch entkleiden und den Müllsack überstreifen. Seine Klamotten stopfte er in den unversehrten Sack und deponierte ihn hinter einem Grabstein. Dann machte er sich zufrieden zurück auf den Weg in die Mocca-Stuben.

     
    Olli holte tief Luft, bevor er die Tür aufzog, die mächtigen Filzvorhänge teilte und das Etablissement betrat. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich unter dem Gejohle der Anwesenden über seine Kostümierung einen Weg durch die dunkle, vollbesetzte Kneipe zum letzten Tresenplatz zu bahnen. Das muss kein unangenehmer Weg sein, aber in den Mocca-Stuben schien das weibliche Geschlecht deutlich in der Unterzahl zu sein, und die am Tresen hängenden Gestalten ließen sich hämisch über seinen Mülldress aus. Olli war aber nur froh, den letzten freien Platz ergattert zu haben und sah sich um. Die Enge im Lokal war durch eine kleine Bühne verursacht, für die im Schankraum ein Teil der Tische weichen musste. Offensichtlich würde heute Abend noch etwas

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