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Bädersterben: Kriminalroman

Bädersterben: Kriminalroman

Titel: Bädersterben: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Geisler
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Rückflug zum Flughafen Büsum einzuprogrammieren. Das Navigationsgerät sperrte sich gegen seine Eingaben, und irgendwann musste er den Ausschalter drücken, um das Gerät neu zu starten. Der Blick des Piloten war fest auf die Anzeige des künstlichen Horizonts gerichtet, anscheinend flog er jetzt per Hand. War Dreesen bei seinen Flügen nach Helgoland nicht jedes zweite Mal gescheitert?

     
    Stuhr fühlte sich, als befände er sich hilflos in einer in das Weltall geschossenen Rakete mit unbekanntem Ziel. Das entsprach natürlich nicht seiner tatsächlichen Lage, aber die Gefahr, an anderen Sternen zu zerstauben, schien ihm relativ gering im Vergleich zu der Wahrscheinlichkeit, in dieser gewaltigen Nebelbank auf das nächste fehlgeleitete Fluggerät zu crashen, das genau wie sie im Blindflug durch die Luft irrte. War nicht genau das der Unterschied zwischen Glück und Pech? Die einen landeten sicher auf dem Flughafen, und die anderen als Verunglückte in der Zeitung. Die zierliche Dame neben ihm schien die Situation nicht anders zu empfinden, denn sie hängte sich unerwartet in seinen Arm ein und klammerte sich ängstlich an ihm fest.
    Wieder fielen die berühmten drei Worte, doch erst nach mehrfachem Drücken des Reset-Schalters bekam der Pilot sein Navigationsgerät wieder zum Laufen. Jetzt konnte er immerhin das Kürzel des Büsumer Flughafens eingeben, und endlich erschien wieder eine dünne Linie, die den direkten Weg dorthin wies. Das kleine Flugzeugsymbol drehte sich langsam auf den richtigen Kurs, aber den sie umgebenden Nebel konnte der Pilot auch in der nächsten Viertelstunde nicht abschütteln. Er schien heftig mit der Luftsicherung zu kommunizieren, denn offensichtlich hatte sich die Nebelbank inzwischen auch auf das Büsumer Flugfeld abgesenkt. Er gab neue Koordinaten ein, und seine Ansage kam nicht unerwartet.

    »Wir scheinen heute nicht besonders viel Glück zu haben. Sie sehen ja selbst, auch hier in Büsum ist kein Herunterkommen. Wir müssen zunächst den Cuxhavener Flughafen ansteuern, dort soll das Tief den Nebel bereits weggeschoben haben.«
    Ein Stöhnen von hinten über die widrigen Bedingungen war nicht zu überhören, aber die Passagiere schienen sich dennoch mit dieser Schicksalsgemeinschaft abzufinden. Stuhrs Nachbarin hängte sich noch ein wenig fester in seinen Arm und seufzte.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin glücklich verheiratet, aber das ist schon das dritte Mal in diesem Jahr, dass wir nicht auf der Düne landen können. Diesmal geht es wenigstens nach Cuxhaven.«
    Stuhr irritierte ihre Erleichterung über ihr neues Ziel, denn schließlich stand ihr Fahrzeug, vermutlich der Wagen mit dem Aufkleber der Langen Anna, am Büsumer Flughafen. Sie würde also in Cuxhaven festsitzen. »Entschuldigen Sie, aber Cuxhaven ist doch Lichtjahre von Büsum entfernt, oder?«
    Seine Nachbarin verstand die Anspielung. »Sie meinen, weil ich mein Auto am Büsumer Flugplatz habe? Ach, dorthin komme ich mit dem nächsten Flug zum Festland wieder zurück. Auf Helgoland darf man sowieso nicht Autofahren, und am Flughafen Büsum werden keine Parkgebühren erhoben. Was soll es also? Aber von Cuxhaven geht immerhin eine Katamaranfähre nach Helgoland, die ist schnell und zuverlässig. Manchmal ist es mit dem Seegang etwas schwierig, aber es gibt Sicherheitsgurte an Bord. Ich muss jedenfalls unbedingt auf die Insel, ich werde dort dringend gebraucht. Es ist Hauptsaison, mein Haus ist voll mit Gästen, und mein Mann rackert Tag und Nacht. Der bricht mir irgendwann zusammen.«
    Sie überreichte ihm eine farbige Visitenkarte, die sie als Chefin des Hauses Panoramic auswies. Ihr Name war Anna Maria Rasmussen, und die vier silbernen Sterne auf dem Kärtchen wiesen dezent, aber unübersehbar auf die gehobene Qualität ihrer Lokation hin. Ihr Name ließ darauf schließen, dass sie aus dem norddeutschen Raum stammte.
    »Rasmussen. Uralter helgoländischer Adel, vermute ich. Von Geburt an Insulanerin, richtig?«
    Sie grinste breit zurück. »Nein, ich habe mich schnöde auf die Insel heraufgeheiratet. Eigentlich stamme ich aus Schlasien.«
    Schlasien? Das kannte Stuhr nicht. Er sah sie fragend an und wartete gespannt auf die Antwort, und es war ihm absolut nicht unangenehm, dass der kleine Plausch seine Flugangst vertrieb.
    Ihr Lächeln wurde zutraulicher. »Ich stamme aus Schlesien, kurz vor Asien. Schlasien. Kennen Sie das deutsche Spottlied nicht? Ich bin in Breslau geboren, gebürtige Polin. Das ist

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