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Bär, Otter und der Junge (German Edition)

Bär, Otter und der Junge (German Edition)

Titel: Bär, Otter und der Junge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: TJ Klune
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Ich weiß, dass ich dich noch mehr gehasst hätte, als ich es jetzt tue, wenn du uns mit dir in den Abgrund gezogen hättest.“
    „Das wollte ich nicht“, flüstert sie, die Tränen fließen inzwischen hemmungslos. „Ich hab nur keinen anderen Weg gesehen...“
    „Das ist inzwischen rübergekommen“, sagt Otter trocken. „Warum beantwortest du jetzt nicht Bärs Frage? Warum bist du hier?“
    Sie sieht ihn an, als wolle sie ihn mit ihren Blicken töten, dann blickt sie wieder auf ihre Hände. „Ich hab's doch schon gesagt: Ich wollte sehen, wie's meinen Söhnen so geht. Ich wollte sicher sein, dass sie okay sind. In letzter Zeit habe ich wieder häufiger an euch gedacht.“ Sie erschauert und macht weiter: „Ich weiß, wie das klingt, glaubt mir. Ich sag's nicht, weil ich irgendwie besonders fies sein will. Aber... unabhängig davon wie ihr gerade für mich empfindet, seid ihr doch noch immer meine Kinder, und ich – ich weiß nicht. Ich schätze, es ist Schuld, oder so, aber in letzter Zeit spukt ihr mir ständig durch den Kopf. Manchmal denke ich, dass ich euch die Straße hinuntergehen sehe, und ich weiß, dass es nicht sein kann, aber ich renne euch trotzdem hinterher, und wenn ich ankomme, seid ihr es natürlich nicht. Sie sehen euch nicht einmal ähnlich.“ Otter und ich starren uns mit weit aufgerissenen Augen an, als wir uns an die Geschichte erinnerten, die er mir aus seiner Zeit in San Diego erzählte, als ich ihn heimsuchte.
    „Es ist merkwürdig“, fährt sie fort, „aber ich hab es nicht aus dem Kopf bekommen, dass ich nach Hause kommen und meine Söhne sehen muss. Ich dachte, dass ich vielleicht lernen kann, eine gute Mutter zu sein, und dass...“ Sie hält inne und sieht mich an, in ihren Augen glänzt es. „Macht irgendwas von dem ich sage Sinn?“, fragt sie leise.
    „Das tut es“, räume ich ein, weigere mich jedoch, sie wissen zu lassen, warum. „Ich verstehe mehr, als du dir vorstellen kannst.“ Ich schüttle den Kopf, als ihr Gesichtsausdruck hoffnungsvoll wird. „Aber es ist zu wenig und zu spät. Was auch immer du gehofft hast, hier zu erreichen, ist jetzt erledigt.“
    „Du kannst mir niemals vergeben?“, fragt sie dumpf.
    „Vielleicht eines Tages. Jetzt? Nein. Kann ich nicht. Und dass du hier bist, hat alles nur schlimmer gemacht. Ich denke, es ist für uns alle das Beste, wenn du jetzt gehst.“
    „Ty?“, fragt sie kleinlaut, und ich hasse sie dafür.
    Der Junge schüttelt den Kopf. „Ich will dich nicht hier haben. Papa Bär hat sich besser um mich gekümmert, als du es jemals hast oder konntest. Sogar ich kann das sehen, und ich bin erst neun.“ Er wirft mir einen Blick zu und ich lächle ihn an, was ihm den Mut gibt, weiterzumachen. „Er muss schon seit einer langen Zeit auf mich aufpassen, und endlich fängt alles an, gut zu werden. Ich hab mein Bestes getan, mich um ihn zu kümmern, und ich glaub, ich hab meine Sache gut gemacht.“
    „Das hast du, Junge“, flüstere ich ihm zu und er lächelt.
    Er blickt zu Otter auf, der ihn auf die Stirn küsst, und er sieht zurück zu seiner Mom. „Und Otter ist zurückgekommen, weil er kapiert hat, dass er Bär liebt, und Bär liebt ihn, und wir brauchen niemals wieder jemanden, der uns sagt, was Familie bedeutet. “ Er verstummt, dann wird sein Gesicht weiß.
    Vermutlich passt es zu meinem.
    Die Augen meiner Mom blitzen auf. Sie starrt erst den Jungen an, dann sieht sie zwischen Otter und mir hin und her und schüttelt den Kopf. „Er was?“, fragt sie ruhig.
    „Gar nichts“, antworte ich schnell. „Du musst jetzt gehen.“
    Als sie mich jetzt ansieht, ist da etwas in ihren Augen, etwas, das ich nicht ganz zuordnen kann. Es füllt mich mit bösen Vorahnungen, denn das nächste, mit dem ich es in Verbindung bringen kann ist Triumph . Sie sieht aus, als hätte sie gerade etwas gewonnen, und mein Herz zieht sich in meiner Brust zusammen. Meine Haut fühlt sich klamm an.
    „Ich habe... von dir gehört“, sagt sie zu Otter, mit einer Stimme, die vor offensichtlichem Ekel nur so trieft. „Bevor ich gegangen bin, hat mir jemand erzählt, dass er gesehen hat, wie du in eine Schwuchtel bar, oben in Portland gegangen bist. Ich hab's nicht geglaubt. Ich hab demjenigen gesagt, dass du keinesfalls... keinesfalls so einer wärst.“
    „Du hast keine Ahnung, über was du hier –“, beginnt Otter mit vor Wut funkelnden Augen.
    „Es spielt keine Rolle“, unterbreche ich. „Was auch immer er ist, geht dich nichts an.“

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