Bär, Otter und der Junge (German Edition)
dass alles, was aus dir geworden ist, auch ihn denselben Weg entlanggeführt hätte. Er wird mir danken, und er wird mich lieben, weil ich seine Mutter bin.“
Ich schüttle den Kopf. „Ich werde das nicht zulassen.“
„Du hast keine Wahl, Bär“, sagt sie. „Daran hättest du denken sollen, bevor du dich auf dieses Niveau herabgelassen hast. Du hättest dafür sorgen können, dass es nicht passiert. Im Grund ist alles deine Schuld.“
„Nein“, sage ich, unwillig ihr zu glauben. Sie hat Unrecht. Sie kann nicht Recht haben. Der Sturm braust lautstark über mich hinweg, und ich glaube, die Stimme in meinem Kopf schreien zu hören, aber ich kann nicht verstehen, was sie sagt, und dann ist sie verschwunden, verloren im Wind.
„Doch“, sagt sie. „Doch, und wenn es dir nichts ausmacht, ruf Otter jetzt an und sag ihm, dass er Tyson zurückbringen soll. Wenn du es nicht tust, werde ich die Polizei rufen und wir werden sie entscheiden lassen.“
„Ich werde ihnen alles erzählen, was du getan hast“, sage ich mit Nachdruck. „Damit wirst du nicht davonkommen. Du hast mir eine unterschriebene Vollmacht für Tyson gegeben.“
Sie hebt eine Augenbraue, was ihr Gesicht glättet und einen Moment lang sieht sie jünger aus, und ich sehe meine Mom in der Frau, die dort vor mir steht und beinahe zerbricht es mich, aber ich sehe, dass sie, unabhängig davon wer ich denke, der sie ist, es genießt, die Schlinge zuzuziehen, mich darin zappeln zu lassen, bis ich beginne, nach Luft zu schnappen.
„Werde ich nicht?“, fragt sie. „ Das Schlimmste, was passieren kann ist, dass die Polizei kommen wird, und dann sagst du, was du zu sagen hast und ich sage, was ich zu sagen habe und was denkst du, was dann geschieht? Alles was du hast, ist eine illegal beglaubigte Vollmacht, die eingeleitet wurde, bevor du achtzehn warst. Denkst du, sie würden ihn hierbleiben lassen, Bär? Sie werden dich ansehen und sehen, dass du selbst noch ein Kind bist, und dass du gegen Gott sündigst, und sie werden alle wissen, was aus dir geworden ist. Und du kannst über mich sagen, was du willst. Vielleicht werden sie ihn mit mir kommen lassen, vielleicht auch nicht. Wenn sie es nicht tun, Bär, werden sie ihn trotzdem von hier wegbringen und ihn irgendwo unterbringen, bis alles geklärt ist. Was denkst du, wie Ty eine Pflegefamilie wohl bekommt? Denkst du, dass er zu einer Familie kommen wird, die ihn liebt? Eine Familie, deren moralisches Empfinden nicht außer Kontrolle ist? Er wird von uns beiden weggebracht werden, aber ich kann damit leben. Zumindest würde er nicht hier sein. Zumindest wäre er nicht hier bei dir.“
Meine Augen sind riesig und mein Mund trocken und mir fällt absolut nichts ein, das ich ihr sagen könnte. Ist es das, was geschehen würde? , denke ich. Würden sie ihn mir wirklich wegnehmen? Sie kann nicht Recht haben! Sie sagt das nur, um mir Angst zu machen! Niemand, nicht einmal sie, ist so grausam. Sie weiß, was das mit dem Jungen machen würde. Irgendwie weiß sie es und ich werde verdammt sein, wenn ich es zulasse.
„Du kannst das nicht tun“, wiederhole ich.
Sie lächelt wieder, was die Schlinge vollständig zuzieht. „Ich kann und ich werde. Aber...“ Sie hält inne, als würde sie über etwas nachdenken. „Vielleicht müsste es nicht so weit kommen.“
„Was?“, frage ich verwirrt.
Vorsicht, Bär! , höre ich sie schreien. Oh Gott, tu das nicht –
„Wenn du und ich zu einer Übereinkunft kommen, könnte ich es mir vielleicht noch einmal überlegen“, sagt sie, als sie vor mir auf und ab geht. Ich bemerke unwillkürlich, dass ihre Tränen vollständig versiegt sind und ich schätze, dass das alles ein Spiel war. Ich denke, dass sie alles irgendwie geplant hat, bis hin zum letzten Detail. Dass sie irgendwie von Anfang an über uns Bescheid wusste.
„Was für eine Übereinkunft?“, frage ich dumpf.
Sie hält vor mir an. „Wenn ich Ty hier bei dir lasse, musst du versprechen, etwas für mich zu tun. Wenn du diese eine kleine Sache für mich tust, verspreche ich, aus dem Bild zu bleiben. Ich verspreche, Seafare zu verlassen, und dass ihr mich nie wieder sehen werdet.“
„Was?“
„Du wirst die Sache mit Otter beenden“, sagt sie kalt. „Das geht lange genug. Ich werde nicht zulassen, dass mein Sohn eine Schwuchtel wird. Ich werde nicht zulassen, dass du Tyson zu einer Schwuchtel erziehst. Du wirst Otter sagen, dass du einen Sinneswandel hattest, und dass du ihn nie wieder sehen
Weitere Kostenlose Bücher