Bär, Otter und der Junge (German Edition)
fällt in das abgedunkelte Zimmer und breitet sich auf dem Bett aus, auf dem Otter und der Junge liegen. Otters Kopf liegt auf der Seite und ich weiß, dass er schläft, denn er atmet tief und ruhig. Der Junge steigt und fällt bei jedem Einatmen, wie er da auf Otters Brust liegt. Der Meeresboden bewegt sich unter mir und ich weiß, dass er bald aufbrechen und mich verschlingen wird. Ich gehe langsam ins Zimmer und schüttle den Jungen sanft. Seine Augen reagieren sofort in Alarmbereitschaft, suchen den Raum müde ab, bis sie bei meinem Anblick aufleuchten. Sein Lächeln ist vorsichtig und ich weiß, dass er versucht abzuschätzen, wie es mir geht. Ich nehme mein letztes Fünkchen Kraft und lächle zurück, und es muss genug gewesen sein, denn er entspannt sich sichtlich. Ich lege einen Finger an die Lippen, sage ihm, er solle leise sein. Er nickt und befreit sich langsam aus Otters Griff. Otter bewegt sich ein wenig im Schlaf, und als ihm eine Haarsträhne in die Stirn fällt, bricht mir das Herz. Der Junge geht zur Tür und sieht mich wieder an. Ich folge ihm und schließe die Tür hinter mir.
Ty nimmt meine Hand und wir gehen die Stufen hinunter, wo Creed mit verschränkten Armen und wippendem Fuß steht. Er sieht uns und verdreht die Augen. „Was ist hier los?“, knurrt er. „Eure Mutter ?“
Ich zucke mit den Schultern.
„Was wollte sie, Bär? Wo, verdammt noch mal, war sie?“
„Creed, du musst mir 'nen Gefallen tun“, sage ich. Meine Stimme klingt leise und rau, als wäre sie seit Jahren nicht benutzt worden.
„Alles, Bär. Das weißt du.“
Ich halte die Hand des Jungen fester, sehe auf ihn hinab, und er sieht etwas in meinen Augen, und dann weiß er es. Seine Augen weiten sich und seine Unterlippe zittert, und die Anschuldigung in seinem Blick ist beinahe mehr, als ich aushalten kann. „Was hast du getan?“, flüstert er. „Oh Bär, was hast du getan ?“
„Das Einzige, das ich tun konnte“, sage ich ihm, und eine Träne rollt aus seinem Auge.
„Du hast es mir versprochen“, sagt er wütend. „Du hast mir versprochen, dass sich nichts ändert.“
Creed sieht verwirrt zwischen uns hin und her. „Was? Was ändert sich? Was ist hier los, Bär? Was musst du tun? Deine Mom ist nicht immer noch bei euch daheim, oder? Denn wenn sie es ist, schwöre ich bei Gott, werde ich sie in ihren verdammten Arsch treten – “
Ich unterbreche ihn, indem ich den Kopf schüttle. „Sie ist weg. Sie ist wieder da, von wo auch immer sie gekommen ist.“ Ich sehe, wie der hinunter zu Ty. „Geh mit Creed, Junge“, sage ich ihm leise. „“Er wird auf dich aufpassen, bis ich nach Hause komme.“
„Was hast du getan?“ , schreit er. Creed springt erschrocken zurück. Ich blinzle nicht einmal. „Was, verdammt, hast du getan, Bär?“
„Ich hab getan, was ich tun musste, Ty“, sage ich dumpf. „Ich hab getan, was ich tun musste, damit du in Sicherheit bist. Ich erwarte nicht, dass du's verstehst.“
Seine Augen beginnen zu betteln, als er nach meiner Hand greift. „Was auch immer es ist, wir können's wieder gut machen!“, bettelt er. „Was auch immer sie getan hat, sie ist jetzt weg! Wir können alles wieder so machen, wie es sein soll.“
Ich schüttle meinen Kopf, und seine Tränen laufen jetzt ungebremst. „Geh mit Creed, Junge.“
„Bär?“, sagt eine Stimme vom oberen Teil der Treppe, und die Erdbeben beginnen. Ich kann sie durch meinen Körper rollen spüren, und jeden Unterschlupf, den ich je errichtet habe, jeder sichere Hafen, den ich je konstruiert habe, bricht auseinander und löst sich auf. Dolche stechen durch meine Augen und ich drehe mich um, und sehe Otter auf dem oberen Treppenabsatz stehen, wie er sich, sein Haar zu allen Seiten abstehend, die letzten Reste Schlaf aus den Augen reibt. Er lächelt zu mir hinunter, aber es verblasst langsam, als er in mir das sieht, was auch der Junge gesehen hat.
„Otter, irgendetwas stimmt nicht“, sagt der Junge laut. „Irgendwas ist hier falsch, und Bär hat mir versprochen –“
„Creed“, sage ich. „Bitte bring Ty nach Hause. Ich komme sofort nach.“
„Nein!“ , brüllt der Junge. Als Creed ihn hochhebt. „Nein, Creed! Du verstehst das nicht! Du musst ihn aufhalten! Du musst Bär aufhalten!“
Creed sieht hilflos zu mir herüber, und als ich auf die Tür zeige, beginnt der Junge zu schluchzen. „Ich hasse sie!“, kreischt er. „ Ich hasse sie! Du kannst sie das nicht tun lassen! Du kannst sie nicht gewinnen
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