Bär, Otter und der Junge (German Edition)
immer geschlossenen Augen. „Aber du hast gelogen. Was willst du?“
„Ich muss hier nicht stehen und so mit mir reden lassen“, sagt sie und ich merke, wie sie einen Schritt zurück macht. „Ich verdiene es nicht, so behandelt zu werden“, murmelt sie. „Ich bin noch immer deine Mutter und ich weiß, was das Beste für dich ist.“
Meine Augen fliegen auf und ich hab genug. „Was, verfickt nochmal, willst du?“, brülle ich und mein Hals beginnt zu brennen, als die Worte aus mir herausplatzen. Ich schwimme weiter ins Meer hinaus. In der Ferne höre ich die Geräusche des Donners durch den Himmel brechen, und als mein Verstand in den Himmel blickt, sieht er gewaltige Gewitterwolken aufziehen. Wind streicht sanft durch mein Haar, bringt ein Versprechen auf Regen mit sich. Bär, flüstert sie. Bär, du musst ans Ufer kommen. Du musst ans Ufer kommen, bevor der Sturm hier ankommt. Wenn du es nicht tust, wirst du hinausgezogen werden und nicht einmal ich kann dir dorthin folgen.
Meine Mutter blickt mich ängstlich an, und zum ersten Mal in meinem Leben bin ich froh, dass sie damals gegangen ist. Oh, ich hab manchmal Dinge gefühlt, die dicht an die Erleichterung herankamen, die ich jetzt empfinde, aber noch nie in den letzten drei Jahren, war dieses überwältigende Gefühl der Richtigkeit in meinem Gehirn so vorherrschend gewesen. Sie hat gesagt, dass Otter und ich niemals Otter und ich geworden wären, wenn sie geblieben wäre und so sehr ich es auch leugnen möchte, habe ich das grauenhafte Gefühl, dass sie recht hat. Otter wäre hier geblieben, und ich wäre fort und aufs College gegangen, und die Möglichkeit, dass Otter und ich zusammengekommen wären, wäre vielleicht nie dagewesen. Und um die Sache schlimmer zu machen, ich hätte den Jungen hier bei ihr gelassen. Sicher, ich hätte mich jeden Tag selbst dafür beschimpft und getreten, aber ich schätze, ich hätte es trotzdem getan. Wenn sie geblieben wäre, wäre so vieles anders gelaufen, so vieles wäre falsch gelaufen. Ich hätte niemals dieses letzte Puzzlestück gefunden, das ich gebraucht habe, um alles perfekt passend und fertig sein zu lassen. Ich wäre niemals in der Lage gewesen, zu sehen, wie aus dem Jungen das wird, was er heute ist. Ich verstehe jetzt, dass ich sie niemals wirklich hassen kann, denn sie hat mir das ultimative Geschenk gemacht: Sie hat mir meine Familie gegeben.
„Mom“, seufze ich, und die Kampfeslust verlässt mich, „ich denke, du solltest gehen. Ich will das hier nicht mehr. Ich denke, dass du einfach gehen und nicht wieder kommen solltest.“
„Bär“, sagt sie schaudernd, „ich kann dich hier nicht so lassen. Nicht, wenn ich weiß, dass du deine Mom so dringend brauchst.“ Sie schüttelt den Kopf. „Ich muss für dich da sein.“
„Ich brauch dich nicht“, sage ich ihr so sanft wie ich kann. „Ich brauche dich schon eine sehr lange Zeit nicht mehr. Du hast gesagt, du bist gekommen, um zu sehen, wie es dem Jungen und mir geht. Du hast deine Antwort. Du hast sie mit deinen eigenen Augen gesehen und kannst jetzt mit dem Wissen dahin zurückgehen, von wo auch immer du gekommen bist, dass es uns beiden gut geht. Und so wird es auch immer sein.“
Sie sieht aus, als wolle sie die Arme ausstrecken und nach meinen Schultern greifen, und einen Moment lang denke ich, dass ich sie lassen würde. Ich denke, ich würde eine Umarmung erwidern. Ich denke, dass es vermutlich der letzte Kontakt wäre, den ich mit ihr hätte. Wenn Ty eines Tages versuchen sollte, sie zu finden, wäre das seine Entscheidung. Dies wird das letzte Mal sein, dass ich meine Mutter sehe, und wie traurig das auch klingen mag, wird es das Beste sein. Ich werde von hier aus zu Otter gehen und mich von meinen Jungs in die Arme schließen lassen, und vielleicht werde ich ein bisschen weinen, aber ich denke, dass ich es mir verdammt nochmal verdient hab. Creed wird da sein, vermutlich bereits über alles im McKenna-Haushalt ins Bilde gesetzt, und ich werde ihm in die Augen sehen und ihm sagen, dass ich seinen Bruder liebe. Er wird mich einen Moment lang komisch ansehen und sich dann Otter zuwenden, von dem ich weiß, dass er dieses schiefe Grinsen zeigen wird, und dann wird er wieder mich ansehen, und sein Lächeln wird praktisch sein Gesicht teilen. Er wir lachen und den Kopf schütteln und meckern, dass ich es ihm nicht schon früher gesagt habe. Ty wird ihm sagen, dass das der Grund dafür ist, dass er nicht mehr Schwuchtel sagen darf, und
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