Bär, Otter und der Junge (German Edition)
ein und spürt meinen Körper an seinem und er spürt wie meine Arme sich um ihn legen und in seinem Kopf plant er bereits, zurückzuziehen und er versteht nicht, wie um alles in der Welt er überhaupt weggehen konnte. Er weiß, dass ich noch immer mit Anna zusammen bin und er weiß, dass er mich niemals so haben wird wie er es möchte, aber er kann mir zumindest nah sein. Er denkt, alles wird wieder okay sein. Dann ziehe ich mich von ihm zurück und es ist wie ein Tritt zwischen die Beine und er weiß nicht, was er tun soll.
Er folgt mir ins Wohnzimmer und hofft, dass ihm etwas einfällt, das er sagen kann. Bis ihm etwas Geistreiches eingefallen ist, ist er auch schon im Wohnzimmer und seine Eltern springen in glücklicher Überraschung auf, schlingen ihre Arme um ihn. Creed erhebt sich und schlägt ihn glücklich auf den Rücken. Ty springt auf und Otter fängt ihn mit ausgestreckten Armen und wirbelt ihn im Kreis. Otter sieht mich an, aber ich ihn nicht. Mein Kiefer ist angespannt und meine Brauen gerunzelt und ihm gehen so viele Dinge durch den Kopf und er kann sich nicht konzentrieren. Während des Abends stellt er mir Fragen, die ich ignoriere oder jemand anderem beantworte. Irgendwann hört er damit auf und sieht mich einfach nur an. Niemand bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Otter denkt, es ist seine Schuld, dass ich so kühl geworden bin. Es ist seine Schuld, dass ich mich verändert habe.
Die ganze Woche über fühlt er sich, als sei er auf einer Achterbahn und käme nicht herunter. Er wacht morgens auf, sicher, dass dies der Tag sein wird, an dem er mich sieht. Nachts geht er zurückgewiesen ins Bett. Dann kommt der Morgen und alles beginnt von neuem. Er sieht Anna, wenn sie rüber kommt und ist überglücklich, als sie Ty dabei hat. Er wartet voller Erwartungen, dass ich folgen werde, was ich nicht tue. Er weiß nicht, dass er mich für weitere eineinhalb Jahre nicht sehen wird.
Zwei Tage später telefoniert er mit Jonah. Jonah ist froh, dass Otter sich dafür entschieden hat, über die Feiertage nach Hause zu fahren. Jonah sagt ihm, dass er kaum erwarten kann, ihn zu sehen. Otter erzählt ihm, dass es in Seafare kalt und regnerisch ist. Jonah erzählt ihm, wie sehr er ihn vermisst hat. Otter erzählt ihm von einem Film, den er sehen möchte, wenn er zurück ist. Jonah erzählt ihm, dass er ein Weihnachtsgeschenk für ihn hat, das er lieben wird. Otter ist dabei, ihm zu erzählen, dass er nun gehen muss, als er innehält. Er denkt wieder, dass er diesen Mann lieben könnte, wenn er sich selbst die Chance dazu geben würde. Er denkt, dass er etwas dicht an Glück finden könnte, wenn er sich selbst lassen würde. Er versucht wieder in die Unterhaltung zu finden, aber er ist müde und sein Herz ist nicht dabei. Jonah hört etwas in seiner Stimme und fragt ihn danach.
„Es ist nichts, ich bin nur müde“, antwortet Otter. Er hat nun Kopfschmerzen.
„Hast du's geschafft, deinen Freund zu sehen?“, fragt Jonah. „Den mit dem Kind?“
„Ähm. Jepp. Ja. Hab ich. Vor ein paar Tagen“, antwortet Otter und wünscht sich, Jonah würde aufhören zu reden.
„Wie geht’s ihm?“
„Gut. Ihm geht’s gut.“ Und das tut es und er weiß das und es tut ihm weh. Nicht, weil er wollte, dass ich leide, sondern weil er nichts mit meiner momentanen Situation zu tun hat. Immerhin ist er derjenige, der davongelaufen ist.
„Otter?“, fragt Jonah. „Warst du...“, er zögert. „Warst du jemals mit ihm zusammen?“
Otter lacht harsch. „Nein. Er ist hetero. Warum fragst du?“
„Ich weiß nicht. Immer, wenn du ihn erwähnst, bekommt deine Stimme diesen merkwürdigen Klang und ich schätze, ich bin einfach davon ausgegangen.“ Jonah klingt erleichtert und Otter findet das seltsam. Aber er öffnet seinen Mund und plötzlich ist er kurz davor, ihm zu erzählen, was wirklich zwischen uns geschehen ist. Er formt das erste Wort, hält aber inne. Er blinzelt verwirrt. Warum hatte er aufgehört? Warum hatte er begonnen? Er glaubt, dass er es Jonah jetzt noch nicht erzählen wird, weil er ihm noch nicht völlig vertraut. Er denkt, er sagt nichts, weil es keine Rolle spielt. Aber in seinem Herzen kennt er den wahren Grund. Er erzählt es nicht, weil es ein Geheimnis ist, unser Geheimnis und für Otter ist das auf beinahe kranke Weise romantisch.
Der Tag kommt, an dem Otter nach Hause gehen muss. Er ist erschöpft, denn er hat die ganze vergangene Nacht damit verbracht, einen Brief an mich zu verfassen. Es gibt
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