Bär, Otter und der Junge (German Edition)
spielt. Er trinkt. Er isst. Er vögelt. Er liebt seinen Job. Er hasst seinen Job. Er ist glücklich. Er ist traurig. Er denkt, er verliert den Verstand. Er denkt, er war noch nie im Leben klarer.
Er kommt dieses erste Weihnachten nicht nach Hause, denn er glaubt nicht, dass er bereit dazu ist. Er hört auf, so oft auf meinem Telefon anzurufen. Er tut es jetzt nur noch, um sich daran zu erinnern wie ich klinge. Manchmal sieht er sich das Foto neben seinem Bett an. Manchmal legt er es in die Schublade und lässt es für Tage dort. Weihnachten kommt und geht. Silvester kommt und geht. Er stößt mit ein paar Freunden auf die Zukunft an und sie alle zählen der Reihe nach ihre Vorsätze auf. Als er an der Reihe ist, denkt er sich irgendeinen Mist über nicht mehr so viel trinken aus, zu was alle ebenfalls ihre Gläser heben und lachen, aber in seinem Inneren beschließt er, über mich hinwegzukommen, mit seinem Leben weiterzumachen. Er sagt sich selbst, dass es keinen Grund gibt, sich nach irgendeinem Jungen zu verzehren. Selbst als ihn eine kleine Stimme dafür ausschimpft, dass er sehr wohl weiß, dass ich nicht einfach nur irgendein Junge bin, steht sein Entschluss fest und ihm ist klar, dass es der einzige Weg ist.
Eines Tages im Juni ist er überrascht, dass er nun schon seit einem Jahr hier ist.
Plötzlich ist es Labor Day und er ist auf einer Grillparty bei einem seiner Klienten. Er hat Spaß, ist aber auch ein wenig gelangweilt. Er ist kurz davor, sich zu verabschieden, als die Gastgeberin ihm jemanden vorstellt. Otter sitzt und als er aufsteht, sieht er sich diesem äußerst süßen Typen gegenüber. Er heißt Jonah und er ist groß und stämmig, hat schwarzes Haar und blaue Augen und sein eigenes Haus. Es stellt sich heraus, dass er dreißig ist und in einer Werbeagentur arbeitet. Er hat einen braunen Labrador namens Moxie und fährt gerne Motorrad. Er ist sehr intelligent und äußerst attraktiv. Sie unterhalten sich den Rest der Nacht.
Ein paar Tage später haben sie ihr erstes Date.
Es ist der dreiundzwanzigste Dezember und er bringt Jonah, der über Weihnachten nach Hause reist, zum Flughafen.
„Bist du sicher, dass du hier alleine okay sein wirst?“, fragt Jonah ihn.
Otter zuckt mit den Schultern. „Es wird nicht allzu schlimm. Da sind noch ein paar Drucke, die ich überarbeiten muss und ich hab ein paar Freunden versprochen, dass ich zum Essen zu ihnen komme.“
Jonah sieht besorgt aus. „Warum fährst du nicht einfach nach Hause? Ich bin sicher, deine Familie wäre glücklich, dich zu sehen. Und du könntest nach deinem Freund sehen. Wie war doch gleich sein Name? Tiger?“
„Bär“, antwortet Otter und plötzlich will er nach Hause gehen und sich mein Foto ansehen. Er hat es von neben seinem Bett in den Schrank geräumt, denn er glaubte nicht, dass Jonah Verständnis haben würde. Er hat Jonah nicht erzählt, was zwischen ihm und mir passiert ist und er glaubt nicht, dass er das jemals tun wird. Er weiß, dass er, mit genügend Zeit, Jonah lieben könnte. Er glaubt wirklich, dass er es könnte.
„Dann eben Bär“, sagt Jonah und macht eine abwinkende Geste, die Otter irgendwie irritiert. „Du solltest sie alle besuchen. Es ist immerhin Weihnachten.“
Er sieht Jonah zu, wie er ins Terminal davongeht, als er entscheidet, dass dieser Recht hat. Er war viel zu lange fort. Er beeilt sich nach Hause zu kommen und bucht online ein Flugticket. Es ist teuer und der Flug geht erst am Weihnachtstag, aber das ist es wert. Er nimmt mein Bild aus dem Schrank, setzt sich auf den Boden und sieht es sich an, bis sich das Gewicht, das immer auf seinem Herzen laste,t ein wenig hebt, nur ein klein wenig. Er fühlt sich, als betrüge er Jonah, aber er kann nicht anders. Mit Jonah zusammen zu sein, hat ihm immer das Gefühl gegeben, mich zu betrügen, auch wenn ich niemals sein gewesen bin. Er glaubt, er ist ein Monster.
Als er zum Flughafen fährt, ist er voller nervöser Anspannung. Als er im Flieger sitzt, ist er voller stiller Angst. Als das Flugzeug landet, ist er voll ungebremster Panik. Als er den Mietwagen fährt, hat das Grauen ihn völlig in der Hand. Als er in die Einfahrt einbiegt und mein Auto sieht, ist er kurz davor umzukippen. Als er die Küchentür öffnet und mich alleine sieht, denkt er, dass es aussieht, als habe ich auf ihn gewartet. Er kann nicht anders, als zu lächeln. Er zögert nicht. Er lässt seine Tasche fallen, stürmt auf mich zu und nimmt mich in seine Arme. Er atmet tief
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