Bär, Otter und der Junge (German Edition)
nicht verstehen kann, dass der Junge und Alex bisher noch keine Übernachtungsparty hatten und ich erzähle ihr, dass Ty kein Fleisch isst und dass sie mich einfach anrufen soll, falls er was braucht. Oder Otter. Oder Anna. Oder Creed. Ty sieht ernsthaft gedemütigt aus, als ich Mrs. Herrera die Telefonnummern wiederholen lasse. Sie bestätigt, dass sie die Nummer des Gifttelefons hat. Nein, sie haben keine großen Hunde. Ja, sie weiß, dass sie Ty nicht alleine zum Strand gehen lassen soll. Nein, sie ist ziemlich sicher, dass kein Regen angesagt wurde, aber sie wird ihn drinnen behalten, falls es doch regnen sollte. Ja, sie ist sicher, dass ich keine speziellen vegetarischen Lebensmittel mitgeben muss. Sie sagt mir, dass sie leider nicht in der Lage sei, eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchzuführen und ich bin schon dabei, ihr zu sagen, dass heute Abend vielleicht doch nicht so gut passt, als Ty mir gegen das Schienbein tritt und ich ihr sage, dass ich ihn auf dem Weg zur Arbeit absetzen werde.
Ich zwinge Ty dazu, sein Handy-Ladegerät mitzunehmen, damit er sein Handy, für den Fall, dass er mich wegen irgendwas anrufen muss, aufladen kann. Er sagt, er wird für den Fall, dass ich ihn wegen irgendwas anrufen muss, zusehen, dass es aufgeladen ist. Als wir seine Tasche packen, stopfe ich vier Garnituren Wechselwäsche hinein und er wirft mir einen düsteren Blick zu und packt wieder einige aus. Ich stelle sicher, dass er seine Zahnbürste (und Zahnpasta und Zahnseide und Mundspülung und Kinder-Aspirin und Pflaster und eine Pinzette) hat. Er hält mich auf, als ich ihm einen Tupperbehälter mit Mandel-Müsliriegeln einpacke, denn ich soll verdammt sein, wenn er hungern wird, weil alles, was sie zu bieten haben, Lammkeule in Schweinefleischsauce an Hackfleisch ist. Er bringt mich zur Couch, um mit mir zu reden. Ich sitze, mit meinen Händen auf dem Schoß gefaltet und nicke.
Als er nicht hinsieht packe ich ihm die Müsliriegel wieder ein.
„Wirst du okay sein?“, fragt er, als wir losfahren. Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel und sehe, wie blass mein Gesicht ist.
„Wirst du okay sein?“, erwidere ich und mag seinen amüsierten Gesichtsausdruck kein bisschen.
„Mit mir wird alles gut sein, Papa Bär“, sagt er ruhig. „Aber auch, wenn ich wirklich die ganze Nacht bleiben will, kann ich trotzdem heute Abend anrufen, bevor ich ins Bett gehe?“ Ich lächle und sage ja und wir beide entspannen uns, und mir wird erst später klar, dass er es eher meinetwegen, als für sich gefragt hat.
„Was wirst du heute Abend machen?“, fragt er mich, als wir in das Viertel seines Freundes abbiegen. „Du solltest wahrscheinlich nicht alleine sein.“
Ich schnaube. „Verarschst du mich?“, frage ich ihn. „Das ist die erste Nacht, an der du nicht an meinem Rockzipfel hängst. Ich werde rausgehen und Party machen.“
Er sieht mich wissend an. „Du solltest einfach zu Otter gehen“, sagt er, als er aus dem Fenster starrt. „Dann werde ich wissen, wo du bist und dass du okay bist.“
„Dass ich okay bin?“, frage ich ihn perplex. „Warum sollte ich nicht okay sein?“
Er ist einen Moment lang still und ich bin kurz davor, ihn erneut zu fragen, als er sagt: „Ich weiß, dass du okay sein wirst. Aber ich weiß, dass du noch okayer sein wirst, wenn du mit Otter zusammen bist.“ Er sieht mich wieder an. „Ergibt das Sinn?“
Ich schüttle den Kopf. „Erklär's mir.“ Ich habe ernsthaft keine Ahnung, was durch seinen Kopf geht. Ich weiß, dass es keine Möglichkeit gibt, dass er wissen kann... du weißt schon, über uns (sprich: Was auch immer es ist, das ich mit Otter tue), aber ich weiß auch, dass er scharfsinniger ist, als jeder andere, den ich kenne. Ich bin neugierig, was er mitbekommen hat.
Er seufzt. „Otter musste mir versprechen, dass er auf dich aufpasst“, erklärt er mir. „Weißt du noch, als wir vor ein paar Tagen über Nacht bei ihm waren? Das ist es, was ich ihm zugeflüstert habe.“
„Warum hast du ihn darum gebeten?“, erwidere ich und entscheide, ihm nicht zu sagen, dass ich das bereits weiß.
„Darum, Bär. Du hast praktisch mein ganzes Leben auf mich aufgepasst und ich bin noch nicht groß genug, um auf dich aufzupassen. Otter schon.“
Vor dem Haus der Herreras fahre ich rechts ran. Ich ziehe die Handbremse, lege meine Hand an den Hinterkopf des Jungen und drücke meine Stirn gegen seine. Er summt glücklich und spielt mit meinen Fingern. „Du hast beim `auf mich
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