Bär, Otter und der Junge (German Edition)
Aufpassen` verdammt gute Arbeit geleistet“, sage ich ihm ruhig. „Mehr als jeder andere auf der Welt.“
Er lächelt mich an. „Das versuche ich“, erklärt er mir ernst. „Aber Otter...“ Er hält inne.
„Aber Otter was?“, bohre ich vorsichtig.
Er zuckt mit den Schultern. „Otter lässt dich lächeln. Ich weiß, dass ich das auch tue“, fügt er schnell hinzu, als ich meinen Mund öffne, um zu widersprechen. „Aber du warst so lange traurig und ich hatte keine Ahnung wieso, und dann wusste ich es.“
„Und was wusstest du, Junge?“
Er sieht mich seltsam an, so, als sollte ich nicht einmal fragen müssen. „Du warst traurig“, sagt er, „weil Otter weg war. Aber jetzt ist er zurück und du bist nicht mehr traurig. Und deshalb hoffe ich, dass er nie mehr weggehen wird.“
Ich lächle meinen kleinen Erwachsenen traurig an und küsse ihn auf die Stirn. Sein Freund öffnet die Haustür und Mrs. Herrera steht hinter ihm und winkt. Ty schnallt sich ab und schnappt sich seine Tasche vom Rücksitz. Er öffnet die Tür und schreit seinem Freund ein „Hi“ zu und grinst mich über seine Schulter hinweg an, und dann ist er weg. Ich sehe ihn die Stufen zur Vordertür hinaufrennen und er dreht sich um und winkt mir zu und ich winke ihm wild zu, und dann sind sie drinnen und die Tür schließt sich. Ich wende den Wagen, fahre davon und fühle mich seltsam allein. Dann piepst mein Telefon, teilt mir mit, dass ich eine SMS vom Jungen bekommen habe.
hab dich lieb papa bär
„D ER Junge ist derjenige, der gefragt hat, ob er bei einem Freund übernachten kann?“, fragt Otter mich ein paar Stunden später am Telefon während meiner Pause. „Oh-oh. Wie schlägst du dich?“
Ich wechsle das Ohr und trete gegen den Boden. „Was meinst du damit, wie ich mich schlage?“, frage ich bitter. Mir ging es niemals besser.“ Offensichtlich.
Er lacht leise in mein Ohr. „So klingst du.“ Er hält für einen Moment inne, und sagt dann: „Vielleicht ist es eine gute Sache, Bär. Vielleicht fängt er endlich wieder an, der Welt zu vertrauen.“ Ich weiß, dass das für ihn schwer zu sagen ist, denn wir beide wissen, dass er ein entscheidender Grund dafür ist, dass der Junge sein Vertrauen überhaupt verloren hat. Es ist natürlich nicht nur Otters Schuld, aber er hat sicherlich nicht gerade geholfen. Mir fallen diverse gemeine Dinge ein, die ich darauf erwidern könnte, aber ich tue es nicht. Anscheinend werde ich alt.
„Ich schätze, du hat recht“, seufze ich. „Ich dachte nur nicht, dass es passieren würde, bevor er mindestens dreißig ist.“
„Es ist gut, dass es jetzt geschieht“, sagt er sanft. „Ich denke, dass er langsam anfängt eine eigenständige Person zu werden. Aber du... du musst ihn lassen.“
„Ich weiß!“, antworte ich wütender als beabsichtigt. „Ich hab mir das in den letzten drei Jahren, mehr als alles Andere gewünscht, weißt du? Dass er okay ist. Aber jetzt, da es geschieht... ich weiß nicht. Ich denke, dass es zu viel zu schnell ist. Was, wenn was passiert? Ich kann nicht sofort an seiner Seite sein, um sicher zu gehen, dass er okay ist!“
Er holt tief Luft. „Bär, du kannst nicht immer sofort für ihn da sein, wenn etwas Schlimmes passiert. Ihr müsste beide eure eigenen Sachen machen können. Du hattest ja noch nicht mal Gelegenheit, die ganzen dummen Dinge zu tun, die Leute in deinem Alter nun mal tun.“
„Ich muss keine dummen Dinge tun!“, gebe ich zurück. „Ich bin absolut zufrieden damit, die Dinge zu tun, die ich die letzten drei Jahre getan habe. Es hat uns bis jetzt am Leben gehalten, oder?“ Ich beginne, schwer zu atmen, beginne das Dunkel der Verzweiflung zu spüren. Ich erzähle Otter nicht, dass es ich den ganzen Tag nicht geschafft habe, mich zu konzentrieren. Ich erzähle ihm nicht, dass ich mein Telefon in den letzten vier Stunden jede Minute gecheckt habe. Ich erzähle ihm nicht, dass ich bereits bei den Herreras angerufen habe und dass Mrs. Herrera mir versichert hat, dass alles in Ordnung ist. Ich weiß, dass Otter Recht hat: Ich hatte nie wirklich die Chance, etwas zu tun. Ich war immer so eingebunden darin, dafür zu sorgen, dass Ty okay ist, dass ich mich nie damit beschäftigen konnte, was ich wollte. Klar, gab es die Momente, in denen ich kleine Wellen der Verbitterung gespürt habe, aber ich habe gelernt, diese Gefühle zu verdrängen, bevor sie zu irgendetwas heranreifen konnten. Aber trotzdem... jetzt, da ich endlich die Chance
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