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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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Gefühls nicht
erwehren, daß es nicht so sehr sein brennendes Nationalgefühl als vielmehr so
etwas wie ein Steckbrief wegen Mordes war, was ihm zu seiner Reise ins ferne
Hilmendtal den Anlaß gegeben hatte.
    Als ich am nächsten Morgen erwachte,
war der Bus bereits sicher auf dem jenseitigen Ufer angelangt. Ich erkundigte
mich bei unserem ungarischen Gastgeber, wie er das fertiggebracht hatte.
    »Ganz einfach«, meinte er bieder, »so
wie immer: Ich habe den in der Nähe lagernden Stamm herangetrommelt, und sie
haben ihn hinübergetragen.«
     
    Die restliche Fahrt verlief angenehm
glatt. Ab Kandahar benutzten wir die Straße, die Lord Roberts 1880 zu seiner
Befreiung Kandahars hinabmarschiert war. Unser letzter Stopp vor Kabul war die
mauerumzogene Stadt Mukur. Grad als ich mit Behagen im Gästehaus der Stadt ein
ausgezeichnetes Mahl verzehrte, rief mich ein Boy ans Telefon. Nach zwei Wochen
Treck durch Wüsten und Gebirge war so ziemlich das letzte, was ich erwartete,
ein Telefonanruf. Es ergab sich, daß rund um Afghanistan ein Telefonkabel lief,
mit dem jede größere Stadt durch Nebenanschluß verbunden war — vermutlich das
umfangreichste Nebenanschlußsystem der modernen Telefonie.
    Der afghanische Chef des Protokolls
wollte sich mit mir von Kabul aus über die Empfangszeremonien für den nächsten
Tag besprechen. Er setzte mir auseinander, daß es ihm, infolge Fehlens einer
Eisenbahn in Afghanistan, nicht möglich sein würde, mich, wie in anderen
Ländern üblich, auf dem Bahnsteig zu begrüßen. In Afghanistan errichtete man zu
diesem Zweck etwa fünfzehn Kilometer vor der Hauptstadt ein Empfangszelt, in
dem er mich morgen feierlich treffen werde. Vorgeschrieben, fügte er beiläufig
hinzu, sei großer Anzug: Cut, gestreifte Hosen, Zylinder.
    Ich tat mein Bestes, nicht allzuviel
Verblüffung zu zeigen. In meinem schönsten Sonntagnachmittagsfranzösisch teilte
ich ihm mit, daß mein Cut in einem Koffer zuunterst im Bus vergraben sei, daß
er zweifellos auch durch die Reise stark im Aussehen gelitten habe, daß ich
morgen noch über dreihundert Kilometer Wüstenfahrt zurückzulegen habe und die
Idee, es in einem engsitzenden, stickigen Cut und seidenbespannten Zylinder zu
tun, nicht für verlockend hielte.
    Der Chef des Protokolls schlug mir
vor, dem Beispiel der englischen Gesandten zu folgen, die gewöhnlich zwanzig
Kilometer vor der Stadt unter einer großen Palme anhalten ließen und dort den
Anzug wechselten. Ich erwiderte, ich hielte von diesem Vorschlag auch nichts
und möchte meinerseits vorschlagen, den ganzen Firlefanz wegen der
augenblicklichen Kriegszeit zu streichen und mich genauso zu empfangen, wie ich
gerade sei: in Korkhelm, Khakianzug und kurzen Hosen, wobei es mich hoch
entzücken würde, wenn auch er sich gleich formlos kleidete. Der Chef des
Protokolls entgegnete in fließendem Französisch, daß sich Afghanistan
keineswegs im Kriegszustand befände. Sein Land sei neutral und lasse sich
durchaus nicht von seinen Gewohnheiten abbringen, nur weil andere Länder
partout nicht miteinander in Frieden leben könnten. Als die Verbindung
schließlich unterbrochen wurde, waren sich unsere Gemüter immer noch nicht
entscheidend nähergekommen. Vergeblich versuchte ich, Kabul noch einmal zu
sprechen. Wie ich später erfuhr, brauchte der Premierminister die Leitung, um
einen kleinen Plausch mit seinem Schwager in Herat zu halten.
    Am späten Nachmittag stoppten wir kurz
vor Kabul bei einem riesigen Zelt, das einfach am Straßenrand errichtet worden
war. In Khakianzug und Korkhelm wurde ich feierlich hineingeleitet und dem
stellvertretenden Chef des Protokolls — selbstverständlich in großem Anzug —
vorgestellt. (Später erzählte mir der Chef des Protokolls, der einer meiner
besten Freunde wurde, daß er absichtlich ferngeblieben sei, da er sehr richtig
befürchtet habe, ich werde seinen Rat ignorieren.)
    Wir bekamen einige ausgezeichnete
Melonen und Fruchtsäfte angeboten (Afghanistan ist streng antialkoholisch) und
wurden dann zur Gästevilla der Regierung geleitet, wo wir wohnen sollten, bis
wir passende Gebäude für uns gefunden hätten.
    Als mich der stellvertretende Chef des
Protokolls verließ, teilte er mir mit, der Außenminister werde mich empfangen,
sobald es ihm nur möglich sei. In der Zwischenzeit würde ich mich ja gewiß an
die internationalen Regeln halten und keinen Verkehr mit den übrigen Ausländern
aufnehmen? Unheilschwer fügte er hinzu, daß der Außenminister sehr

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