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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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jeden Augenblick
erwartet. Ich werde meine Leute verständigen; vergessen Sie nicht, die Ihren
zusammenzurufen. Bis gleich!«
    Ich rief Kennan im National-Hotel an
und teilte ihm die Neuigkeit mit. »Ich gehe schnurstracks zum Zoll, und sobald
die Operation angelaufen ist, berichte ich Ihnen, was die Ladung enthält.« Für
das Wort »Operation« habe ich immer eine Schwäche gehabt. Es klingt bedeutsam
und militärisch.
    Dann rief ich einen Bekannten an,
einen Verehrer der Tochter des Hauses, der in einer nahe gelegenen Garage
beschäftigt war und ein Motorrad zur Verfügung hatte.
    Ob
er wohl sofort kommen und mich in einer Regierungsangelegenheit zum Zoll fahren
könne? Es sei außerordentlich dringend — und amtlich, fügte ich hinzu.
    Dann
das Kommissariat für Auswärtige Angelegenheiten, jawohl, sie würden umgehend
einen Boten der Protokollabteilung mit allen notwendigen Papieren losschicken.
Braunkohlen-Trust und Gewerkschaftsrat waren schnell alarmiert.
    Das laute Gurgeln eines Motorrades auf
der Straße kündigte die Ankunft des Anbeters der Haustochter an. Augenblicke
später schlitterten wir über vereiste Straßen zum Lagerhaus des
Kunstgummi-Trusts und dann zum Bahnhofsplatz.
    Als wir am Zollamt vorfuhren, sah ich
zehn schwere Lastwagen mit je acht wuchtigen Packern in den Hof einbiegen.
Drinnen warteten der Zollchef, sein Assistent und ein flinker Bote des
Kommissariats für Auswärtige Angelegenheiten bereits auf mich. Alle schienen
glänzender Laune zu sein, besonders der riesige Chef, dessen Augen für diese
frühe Morgenstunde schon ungewöhnlich munter funkelten. Gemeinsam schritten wir
über den Hof hinaus an die Zollrampe, der Chef voran, ich, inzwischen vor
Wichtigkeit fast platzend, gleich hinter ihm.
    Mitten
im Lagerschuppen stolperte der Chef.
    »Karl Georgijewitsch«, verkündete er,
jedes einzelne Wort feierlich betonend, »die erste Ihrer vierzig Wagenladungen
ist ausgepackt worden und liegt zu Ihren Füßen.«
    Er
wies auf einen kleinen Holzkasten auf dem Boden. Quer über den Deckel lief eine
Aufschrift:
    »Pilsener
Bier — zwölf Liter. Mit besten Empfehlungen — die Brauerei.«

Der Krieg mit den Trusts
     
     
     
    Schließlich kamen die Möbel und die
Rollschränke und die Schreibmaschinen aber doch an — tropfenweise natürlich.
Und am Ende brachten wir sie sogar in den zugehörigen Räumen und Gebäuden
unter. Eines Abends spät schleppten George Kennan, »Pinky« Daves, ein Architekt
des State Department, und ich ein riesiges Bett ins Schlafzimmer des Hausherrn
im »Spaso-Haus«, wie wir es nach einer Straßenbezeichnung nannten, der
zukünftigen Residenz des Botschafters, und in der Frühe des nächsten Morgens
bereits eilten wir zum Bahnhof, um den Botschafter und seinen Hausstand zu
empfangen. Auf dem Bahnhof herrschte eine leichte Verwirrung, weil mit dem Zug,
den Bullitt benutzte, auch eine umfangreiche Delegation weiblicher Kommunisten
zu den alljährlichen Feierlichkeiten am »Tag der Frau« nach Moskau kam. Etliche
aufregende Minuten lang schien es, als sei Bullitt drauf und dran, mit den
Blumensträußen und der Musikkapelle empfangen zu werden, die Frauen dagegen mit
Verbeugung und Händeschütteln des Chefs des Protokolls, der als oberster
Zeremonienmeister die Aufgabe hatte, neue Botschafter willkommen zu heißen.
Irgendwie aber kam im letzten Augenblick doch noch alles klar, und jedermann
war glücklich.
    Mit Bullitt traf seine französische
Köchin ein: Louise, eine ebenso kompetente wie energische Vertreterin ihres
Faches. Kaum hatte der letzte Wagen der vom Bahnhof kommenden Kolonne das
Spaso-Haus erreicht, als Louise auch schon eine schnelle, aber dennoch
umfassende Inspektion ihres neuen Arbeitsbereiches vornahm. Ein paar Minuten
später stürzte sie ins Speisezimmer, wo der Botschafter gerade frühstückte: »Um
Himmels willen, Exzellenz — es ist ja nichts im Hause! Nichts, gar nichts, sage
ich Ihnen!«
    Ich sah Kennan an und brummte vor mich
hin: Was heißt hier nichts? Tag für Tag verrenke ich mir vor lauter Schlepperei
fast die Schultern, nur um das Haus mit allem möglichen Krimskrams
vollzustopfen, und jetzt ist es also glücklich immer noch leer!
    »In der Küche — nichts: keinerlei
Gewürze, nicht mal Paprika! In den Schlafzimmer nichts — nicht einmal
Kleiderbügel!«
    Bullitt lachte und wandte sich Chip
Bohlen zu, der mit ihm von Paris herübergekommen war, wo er sich auf der Schule
für orientalische Sprachen zwei Jahre lang auf seine

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