Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
Vom Netzwerk:
Nur
gestattete er keinesfalls, daß seine marxistischen Ideologien seiner
Bequemlichkeit im Wege standen. Das Intourist-Hotel wurde, um den Ansprüchen
seines Chefs zu genügen, in großzügiger Weise geführt. Die Menüs waren auf
seinen Geschmack abgestimmt. Die Mahlzeiten fanden zu seinem Appetit
entsprechenden Stunden statt, und die Zimmer waren so angeordnet, daß er selber
das eleganteste Appartement bewohnen konnte. Auch eine persönliche Leibwache
besaß er: Karkadajew, einen muskulösen, braungebrannten Georgier mit wenig
Verstand und viel Treue. Karkadajew trug Babajews Gewehr, servierte ihm seine
Mahlzeiten, mixte seine Drinks und zog ihm nach der Jagd die Stiefel aus.
    Deshalb waren wir gar nicht erstaunt,
als unserem offenen Ford beim Aufbruch zur Gazellenjagd auf Babajews
Veranlassung ein Lastwagen folgte, der Nahrungsmittel, Zeltzubehör und Bier
hinter uns dreinschleppte. In unserem Auto befanden sich außer dem Fahrer vier
Personen: Babajew, Karkadajew, Chip und ich. Die Straße lief nach Süden, immer
am Strand des Kaspischen Meeres entlang. Landeinwärts erstreckte sich die
trockene Sandwüste. Schon nach einer Stunde waren wir von der Sonne und dem
blendenden Licht heiß und durstig geworden. Am Straßenrand stand ein kleiner
Junge und winkte uns mit einer Schnur aufgereihter roter Dinge zu.
    »Raki!« schrie Babajew. »Halt!
Karkadajew, geh und kauf uns jedem eine Schnur — aber sieh zu, daß es nur
Weibchen sind, die sind zarter.«
    Die Raki erwiesen sich als eine Art
Kreuzung zwischen Langusten und Krebsen. Sie waren im Salzwasser des Kaspischen
Meeres gekocht und, obwohl von ausgezeichnetem Geschmack, nicht gerade
besonders gut gegen Durst. Doch dafür sorgte Babajew. Er bedeutete dem
Lastwagen durch Armwedeln, neben uns zu fahren. »Einen Krug Bier, flott!«
gellte er. Ein schäumender Krug wurde uns herübergereicht, und weiter ging die
Fahrt.
    Aber ein Krug Bier für vier durstige
Männer hält nicht ausgesprochen lange vor. Babajew winkte erneut den Lastwagen
herbei. Die Fahrer verlangsamten ihre Fahrt etwas, als wir den Krug zum
Nachfüllen hinübergaben, und nahmen dann das alte Tempo wieder auf. Ehe wir die
Jagdgefilde erreichten, hatten wir noch etliche Male für neue Raki gestoppt und
noch ein gut Teil öfter gebremst, um unseren Bierkrug füllen zu lassen.
    Während der Fahrt erklärte uns der
neben dem Chauffeur sitzende Babajew, daß wir die Gazellen vom Auto aus
schießen würden. »Heranpirschen kann man sich nicht«, führte er aus, »und um
sie sonstwie zu erwischen, rennen sie viel zu schnell.«
    Aus dem Auto zu schießen deckte sich
nicht ganz mit unseren Ansichten von Sport; aber dann überlegten wir, daß man
eben alles einmal versuchen müsse.
    »Die ganze Sache hat nur einen kleinen
Haken: Wenn man sich nicht sehr sorgfältig an die Regeln hält, kann man sich
unter Umständen gegenseitig anschießen«, fuhr Babajew in seinen Erklärungen
fort. »Wichtig ist, daß immer nur einer schießt. Sobald wir in Schußnähe sind,
stehe ich auf, schieße einmal und setze mich wieder. Dann steht der hinter mir
Sitzende auf, schießt und setzt sich, dann der hinten in der Mitte Sitzende und
schließlich der Mann hinter dem Fahrer. Also merken Sie sich diese drei Dinge
gut: nicht mehr als einen Schuß abgeben, die Reihenfolge einhalten und nicht
nach vorn heraus schießen, da Sie dabei leicht den Motor treffen können.«
    Wir waren etwa zehn Minuten lang durch
die Wüste gekreuzt, als wir weit vor uns ein auf und nieder hüpfendes helles
Pünktchen ausmachten. Babajew zeigte es dem Fahrer, und eine Sekunde später
flogen wir im Hundertkilometertempo über den Sand. Plötzlich gähnte haarscharf
vor uns eine tiefe Rinne. Der Fahrer, ein Experte dieses Sports, riß den Wagen
schräg zur Seite und rutschte die Senke hinunter. Unten drückte er den Gashebel
durch, und unser braver Wagen kletterte tatsächlich in der Diagonale wieder zur
Wüstenfläche hinauf. Wenige Minuten danach hatten wir die unselige Gazelle
eingeholt. Sie lief Zickzack und Spiralen und pumpte das Letzte aus sich
heraus: Aber wir fuhren schließlich doch längsseits, und Babajew tötete sie mit
einem einzigen Schuß. Blitzschnell war Karkadajew draußen und durchschnitt die
Kehle mit einem häßlichen langen Messer.
    »Moslemitisches Gesetz«, erklärte
Babajew entschuldigend. »Dürfen kein Fleisch essen, das nicht durch die Kehle
ausgeblutet ist.« Chip und ich lächelten uns an. Hatten wir nicht davon

Weitere Kostenlose Bücher