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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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beigelegt: Als ursprünglicher Käufer nahm ich mir das
Recht, zu entscheiden, daß das Pferd längs-und nicht quergeteilt werde.
Deutsche und Engländer unterwarfen sich diesem Schiedsspruch, und bis zum
deutschen Angriff auf Rußland 1941 blieb alles wie zuvor. Von da ab war es
sowieso ziemlich klar, daß die fröhlichen Galopps durch die Gegend gezählt
waren und wir uns am besten so schnell wie möglich von unserem Reitstall
trennten.
    Ich rief den Chef der Roten
Kavallerie, Marschall Budjennyi, an und teilte ihm meine Absicht mit, als eine
Geste antihitlerischer Solidarität der Roten Armee meine Pferde zu schenken. Er
dankte mir wärmstens, erklärte jedoch, die Armee dürfe keine Geschenke
annehmen. Ob ich vielleicht mit einem Verkauf einverstanden wäre? Ich sagte, er
verwunde und enttäusche mich tief. Dann fiel mir die Höhe meines Bankkontos
ein, und ich nahm schleunigst den Kompromiß Vorschlag an. Ein, zwei Tage später
erschien in der Datscha ein Offizier, um den Stall abzuschätzen. Ehe wir zu den
Pferden gingen, bot ich ihm im Haus ein paar Glas Wodka an. Darauf dauerte es
sehr, sehr lange, bis wir ihn auf den Hof bekamen. Nachdem er schließlich doch
hinausgewankt war, warf er aus leicht glasigen Augen einen Blick auf die drei
Pferde und sagte, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, die Rote Armee werde
mir den Gegenwert von sechshundert Dollar in Rubeln dafür geben — etwa das
Doppelte von dem, was ich selber bezahlt hatte. Am gleichen Nachmittag holten
ein paar Soldaten die Pferde ab. Traurig sah ich sie nach so vielen Jahren zum
letztenmal aus dem Tor traben, doch als ich auf das Bündel Rubel in meiner Hand
blickte, wandten sich meine Gedanken verwundert der Überlegung zu, wie viele
Pferde der Offizier wohl gekauft zu haben glaubte.
    Dann folgte die Auszahlung der
Besitzer. Der Engländer war noch in der Stadt, und ich gab ihm seinen Anteil am
Profit. Der Deutsche aber war am Morgen des Angriffs auf Rußland interniert und
verschifft worden. Erst 1950 — als ich nach Deutschland versetzt worden war —
erwischte ich ihn in einer Düsseldorfer Nachtbar. Ich gab ihm seine hundert
Dollar, doch schien er vergessen zu haben, daß er vor neun Jahren in Moskau ein
halbes Pferd zurückgelassen hatte.

Jagd à la Russe
     
     
     
    Ehe die Revolution die oberen Klassen
liquidierte und alle Privilegien abschaffte, war die Jagd eine der populärsten
russischen Sportarten. Doch als nach der Revolution die Erlaubnis, Feuerwaffen
zu tragen, auf die Polizei, die Armee und eine Handvoll der früher
Unterprivilegierten beschränkt wurde, gab es nur mehr sehr wenige aktive Jäger.
In der Botschaft aber hatten wir den Bogen bald heraus und fanden reichlich
Mittel und Wege, aufs Land zu kommen und dort zu schießen, was uns nur vor die
Flinte kam. Freilich heißt das nicht, daß ich persönlich jemals viel Schaden
angerichtet hätte! Meine Mitjäger behaupteten im Gegenteil, ich sei der beste
Freund, den unser gefiedertes Wild je gehabt hätte.
    Einige meiner Begleiter waren
erfolgreicher, und hin und wieder brachte sogar meine Flinte einen Fasan oder
ein Rebhuhn zur Strecke. Ob ich aber nun traf oder nicht — es gab wenig
erfreulichere Weisen, nach einem Tag ermüdenden
»Mit-den-Russen-fertig-werden-Müssens« den Abend zu verbringen, als knapp vor
Sonnenuntergang am Rande eines Waldes zu sitzen und darauf zu warten, daß eine
Schnepfe pfeifend durch die rotgoldenen Wipfel zu mir herüberstrich.
    Daneben verfolgten diese Expeditionen
auch noch einen anderen Zweck. In Moskau selbst waren wir so völlig von der
Bevölkerung abgeschnitten, daß sich uns kaum einmal die Chance bot,
herauszufinden, »was die russische Masse dachte«. Die Bauern auf dem Lande
dagegen waren weniger reserviert oder bewacht und redeten unaufhörlich über all
ihre Nöte und Kümmernisse. Ich will diesen Weg nicht gerade als den
allerwissenschaftlichsten zur Erfassung der öffentlichen Meinung bezeichnen;
doch war er zumindest der beste, der uns offenstand.
    Manchmal lockte uns die Jagd auf Wild
und öffentliche Meinung sogar bis in den Kaukasus. Chip Bohlen und ich
entdeckten bei einer dieser Gelegenheiten, bei einem Ausflug nach Baku, einmal
im gleichen Zug General Budjennyi, den Vater der Roten Kavallerie. Auf dem
Bahnsteig grüßte er uns ziemlich knapp; doch sowie wir unterwegs und außer
Sichtweite der Moskauer Geheimpolizei waren, wurde er freundlicher.
    Züge sind in Rußland nicht besonders
schnell, und am Abend des zweiten

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