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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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gehört,
daß Religion Opium für das Volk sei? Ganz offensichtlich hatte der Leninismus
in Baku immer noch ein paar Süchtige zu bekehren.
    Kurz darauf waren wir wieder
unterwegs. Für die nächste halbe Stunde sahen wir nichts als die glimmernden
Hitzewellen der Wüste und die blendende Sonne am wolkenlosen gelben Himmel.
Doch dann begann plötzlich eine ganze Menge heller Flecken vor uns auf und
nieder zu hüpfen. Wieder drückte der Fahrer das Gaspedal durch, und abermals
flogen wir über den aufstäubenden Sand, nur war es diesmal nicht eine einzelne
Gazelle, der wir folgten, sondern eine große Herde von vielleicht dreißig oder
vierzig Stück.
    Und das war der Grund alles folgenden
Übels — dieses — und das von Babajew gestiftete Bier.
    Sowie wir neben der Herde waren, stand
Babajew auf und schoß. Ich war, nach der von ihm beschriebenen Regel, der
nächste. Ergo stand ich auf, visierte mein Ziel an und wollte gerade feuern,
als mir auffiel, daß das Ding vor der Mündung weniger nach einer Herde Gazellen
als nach Babajews Hinterkopf aussah.
    »He! Hinsetzen!« brüllte ich
ungehalten, doch waren augenscheinlich der Gazellen zu viele für seine Regeln,
und so schoß er wieder. Ich richtete den Lauf über seinen Kopf weg und feuerte.
Im gleichen Moment spürte ich Karkadajews Flinte auf meiner Schulter. Auch er
schoß. Mittlerweile fühlte sich Chip ernstlich benachteiligt. Ich hörte ihn
schreien: »Runter — verdammt, ich schieße!«, und konnte knapp meinen Kopf
einziehen, ehe eine Ladung über mich wegzischte.
    Für die nächsten zehn Minuten war der
Ford in ein Taschenformat-Schlachtschiff verwandelt, das nach allen Richtungen
hin krachende Breitseiten entlud. Einmal wirbelten wir noch haarscharf vor dem
vergebens außer Schußweite fliehenden Lastwagen herum. Ich hörte die Kugeln
gegen das Chassis spritzen, doch wurde offenbar niemand verletzt. Schließlich
ging uns die Munition aus, und wir hörten auf. Rund um uns auf dem Wüstensand
lag ein halbes Dutzend toter Gazellen, und ein bißchen weiter fort warteten vier
oder fünf verwundete auf den Gnadenschuß. Unsere eigenen Schäden waren nicht
nennenswert. Der Kühlerverschluß war futsch und einer der Lastwagenreifen
durchlöchert. Ansonsten waren wir ziemlich heil geblieben.
    »Da sehen Sie selber, wie so was vor
sich geht«, sagte Babajew bombastisch und sehr selbstzufrieden, »wenn man sich
nur an die Regeln hält und die Reihenfolge nicht vergißt, kann nichts
passieren!«
     
    Während meiner Moskauer Jahre
wechselte sich eine ganze Anzahl Botschafter dort ab, aber nur einer von ihnen,
Laurence Steinhardt, war Jäger. So gern wir ihn auch auf unsere Jagdausflüge
mitnahmen — es komplizierte die Sache leider sehr, daß wir dann immer drei oder
vier GPU-Männer mitschleifen mußten.
    Jedem Botschafter in Moskau —
ausgenommen vielleicht dem von Tannu Tuwa oder der Äußeren Mongolei — folgte
auf Schritt und Tritt ein Rattenschwanz in adrette, doppelreihige blaue
Sergeanzüge gekleideter GPU-Männer. Obschon sie gelegentlich von einer
Botschaft in die andere herüberwechselten, handelte es sich im großen ganzen
doch stets um die gleichen Individuen, die ich nach sieben Jahren allesamt
ziemlich genau kannte. Komisch war bloß, daß sie offiziell überhaupt nicht
existierten. Als einmal in einem amerikanischen Magazin eine Geschichte
veröffentlicht wurde, in der unser Botschafter bemerkte, die ihn beschattenden
GPUs fielen ihm kaum zur Last, protestierte das Kommissariat für Auswärtige
Angelegenheiten heftigst. »Es gibt gar keine GPU-Leute, die Ihrem Botschafter
folgen«, teilte man uns mit.
    »Ach — und wer sind dann die Burschen,
die seit zehn Jahren dauernd um unsere Chefs herumwimmeln?« fragten wir. »Die
Sowjetregierung hat nicht die leiseste Idee. Wir wissen nur eines bestimmt: daß
es keine GPU-Agenten sind«, erwiderte das Kommissariat halsstarrig. »Vielleicht
sind es nur neugierige Sowjetbürger«, fügten sie schulterzuckend hinzu. Von da
an nannten wir die GPUs in der Botschaft einfach »diese neugierigen Bürger«.
    Doch ob sie nun offiziell existierten
oder nicht, machten wir Mit dem Botschafter einen Jagdausflug, so nahmen sie
uns auf alle Fälle Platz weg, mußten zu essen haben und brauchten Betten zum
Schlafen.
    Einmal übertraf das Kommissariat für
Auswärtige Angelegenheiten sich selbst und willigte ein, für Botschafter
Steinhardt eine Elchjagd zu arrangieren.
    Auf die Anfrage, wie viele von uns
teilnähmen,

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