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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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der
Pfote, fand. Radek nahm ihm die Flasche weg, befestigte den Sauger auf einer
Champagnerflasche und gab diese dem Bärchen. Der Kleine hatte ein paar kräftige
Züge Mumm’s Cordon Rouge intus, ehe er den Irrtum bemerkte und die Flasche
zornig auf den Fußboden schmetterte. Radek war inzwischen natürlich
verschwunden, und Yegorow, der sah, wie unglücklich das Bärchen war, nahm es in
den Arm und hob es auf die Schulter, als ob er ein Kind schwenkte. Dies muß er
etwas zu gut gemacht haben, denn das Baby verunreinigte in höchst unziemlicher
Weise des Generals nagelneuen, Ordens- und bändergeschmückten Rock.
    Das erste, was ich selber von den
Vorgängen mitbekam, war das tobende Gebrüll des Generals. Als ich hinaufrannte
und eiligst den Schauplatz der bösen Tat betrat, war bereits ein halbes Dutzend
Kellner fieberhaft damit beschäftigt, die Uniform vermittels Servietten und
Fingerschüsselchen zu reinigen. Der Schaden war aber durch solche halbe
Maßnahmen nicht mehr zu beheben, und der General schäumte auf beste alte
Militaristenart.
    »In was für eine Gesellschaft bin ich
hier eigentlich geraten?»brüllte er mich an. »Werden bei den Amerikanern Gäste
nur eingeladen, um sich von wilden Tieren versauen zu lassen? Ist das hier eine
Botschaft oder ein Zirkus? Erzählen Sie Ihrem Botschafter gefälligst, daß sich
Sowjetgenerale nicht wie Clowns behandeln lassen!!»
    Nach diesem Anpfiff stakelte er
zornbebend aus dem Saal, während ich, hinter ihm dreinlaufend, zu erklären
versuchte, daß im Grunde alles ganz anders geplant gewesen sei. Doch Yegorow
fluchte und tobte noch, als er aus der Eingangstür stürmte. »Durch diese Tür
bin ich zum letzten Mal gegangen!« donnerte er mir abschließend zu und
marschierte auf sein Auto los.
    Ich berichtete dem Botschafter den
Zwischenfall, holte mir auch hier eine Mordszigarre, schrieb die ganze
Geschichte in den Kamin und raste in die Küche, um eine neue Streitigkeit zu
schlichten. Diesmal handelte es sich darum, wem die Ehre gebühre, den
Plumpudding anzuzünden.
    Eine Stunde später etwa rief mich der
Oberbutler aufgeregt heran. »Da kommt noch ein Gast«, flüsterte er
konsterniert.
    Ich fegte eilig zur Auffahrt hinunter
und kam noch eben zurecht, um General Yegorow mit einer ganz neuen Uniform
hereinstolzieren zu sehen.
    »War schließlich doch nicht Ihr
Fehler, meine ich«, sagte er jovial, »Babys sind eben Babys, auch Bärenbabys!«
Er lachte dröhnend. »Und außerdem wollte ich wenigstens noch einmal tanzen.«
    Am nächsten Morgen um neun hielt eine
Handvoll Unverwüstlicher das Orchester immer noch in Schwung. Um zehn beschloß
ein georgischer Tanz Tuchatschewskis mit Lolja Lepischinskaja, dem neuen
Ballettstar, unser kleines Fest. Es war Tuchatschewskis letzter Auftritt in der
Botschaft vor seiner Erschießung.
    Um halb elf waren die letzten Gäste
gegangen. Unter ihnen befanden sich der türkische Botschafter, Wassif Bey,
wegen seines enormen Umfanges manchmal auch »Massiv« Bey genannt, der im
darauffolgenden Jahr einem Herzschlag erlag, und Umanski, später
Sowjetbotschafter in Washington und in Mexiko, wo er bei einem Flugzeugunglück ums
Leben kam.
    Als sich die Tür hinter dem
allerletzten Gast geschlossen hatte, sank ich erschöpft auf einen Stuhl und
ließ mir eine Flasche Champagner bringen — die erste seit Beginn des Festes.
Als sie leer war, begann ich das Schlachtfeld aufzuräumen. Zuerst mußten
natürlich die Vögel in die Voliere eingefangen und wieder in ihre
Transportkäfige verstaut werden. Die Fasanen und Wellensittiche hatte ich schon
erwischt und kam auch ganz nett mit den Zebrafinken voran, als sich mit einem
Male meine pausenlose nächtliche Tätigkeit plus schnell getrunkenem Champagner
bemerkbar machte und ich mich entschloß, zu Bett zu gehen. Unglücklicherweise
vergaß ich, die Volierentür hinter mir zu schließen.
    Kaum im Bett, weckte mich der
Kammerdiener des Botschafters wieder. »Der Botschafter möchte Sie
augenblicklich im Ballsaal sprechen.«
    Schlafbenommen taumelte ich hoch,
stieg recht und schlecht in meinen Anzug und stolperte an den Ort der gestrigen
Schlacht. Der Botschafter stand wieder unter dem Kronleuchter und sah zum
zweitenmal verärgert aus. Die Ursache seiner schlechten Laune wurde mir sofort
klar, als ich der Richtung seines Blickes folgte: Hoch unter der Kuppel des
Raumes segelte eine große Schar buntleuchtender Zebrafinken fröhlich
zwitschernd durch die Luft! »Verdammt«, sagte der

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