Bahama-Krise
Feuervögel nicht vor uns ankommen.«
Billy Cunningham riß die Tür der Kabine auf,
bevor die Kufen des Hubschraubers den Boden berührt hatten. In
gebückter Haltung kam er unter den ausschwingenden Rotoren durch das
kniehohe Gras auf uns zugestürmt. Ein prüfender Blick auf meine
verbundenen Füße und auf den bandagierten Arm. »Ist Debbie unverletzt?«
fragte er dann.
Dade und Sherry-Lou traten taktvoll zur Seite. Chuck,
Sherry-Lous Bruder, kam aus der Kabine geklettert und begab sich zu
seinem Vater, um ihm mit Händen und Füßen von dem ersten Flug seines
Lebens zu erzählen. Ich sagte Billy, was er wissen mußte. Alles, was
jetzt nicht unbedingt nötig war, klammerte ich aus, wir würden später
Gelegenheit haben, darüber zu sprechen. Er kniff die Augen zusammen.
»Du sagst, sie haben Debbie gefoltert?« sagte er ungläubig.
»Ich habe gehört, wie sie schrie«, sagte ich knapp. »Ich
konnte nicht dabeibleiben, weil auf mich gefeuert wurde.« Schweigen.
»Ich weiß, ich hätte versuchen sollen, Debbie freizuschießen.«
»Nein«, widersprach Billy, »dann wärst du jetzt tot, und wir
wüßten immer noch nicht, wo Debbie überhaupt steckt.« Er blickte zu dem
Hubschrauber hinüber und hob den Daumen. Die Rotoren begannen erneut zu
schwingen. »Zwei Polizeihubschrauber sind zur Perkins-Farm unterwegs«,
sagte er. »Außerdem sind ein paar Hubschrauber mit
Cunningham-Detektiven im Anflug. Am besten, wir fliegen jetzt auch zur
Farm.«
»Es gibt noch was, bevor wir losfliegen«, sagte ich. »Dade
Perkins hat was gegen den Cunningham-Clan, und er hat mir auch erzählt,
warum. Der Mann hat mir das Leben gerettet. Ich möchte also, daß ihr
eure Bulldozer aus Big Thicket Country zurückpfeift.«
»Das hängt nicht von mir ab«, sagte Billy. »Jack
meint …«
»Es kommt nicht mehr darauf an, was Jack meint, das weißt du
ganz genau.«
»Da wäre auch noch mein Vater.« Er runzelte die Stirn. »Ich
glaube nicht, daß wir den von dem Projekt abbringen können. Laß mich
über die Sache nachdenken. Und jetzt komm!«
Wenige Minuten später landeten wir auf dem Rasen vor dem
Farmhaus der Perkins. Zwei Hubschrauber der Polizei erwarteten uns, die
Silhouetten von vier weiteren Hubschraubern, die im Anflug auf die Farm
begriffen waren, kamen wie bizarre Raubvögel über den Himmel. Als alle
am Boden waren, hielten wir Kriegsrat.
Dade Perkins hatte den Tisch in seinem Wohnzimmer mit
Streichholzschachteln und Tabaksdosen vollgestellt. Er benutzte diese
Gegenstände, um uns die Baulichkeiten der Ainslee-Farm zu
veranschaulichen. Als Sherry-Lou ankündigte, daß sie bei dem
Sturmangriff auf die Gangsterfestung dabei sein wollte, erhob sich
reger Widerspruch.
Billy brachte den Polizeioffizier, der gegen die Teilnahme
einer Frau Bedenken vorbrachte, zum Schweigen. »Hören Sie mit dem
Gejammere auf, und lassen Sie uns jetzt losfliegen!«
»Aber wir können doch nicht eine Frau in diesen Hexenkessel
bringen«, protestierte der Hüter der Ordnung. »Es wird mit Sicherheit
zu einem Schußwechsel kommen.«
Sherry-Lou schaltete sich ein. »Mrs. Mangan muß von einer Frau
betreut werden, wenn …« Sie verschluckte das Ende des Satzes,
und ich vollendete ihn in Gedanken … wenn sie noch am Leben
ist.
»Ich kenne Leroy«, hörte ich Sherry-Lou sagen. Eine
unheilvolle Andeutung schwang in ihrer Stimme.
»Wann hast du je etwas mit Leroy Ainslee zu tun gehabt?« Ihr
Vater war krebsrot geworden.
»Wir haben mal eine Schießerei gehabt, als er mir an die
Wäsche wollte«, sagte Sherry-Lou beiläufig.
Dade Perkins versank in dumpfes Brüten. Dann ergriff Booth,
der Polizeioffizier, das Wort. »Während des Sturmangriffs auf die
Ainslee-Farm wird die ganze Zeit ein Polizeihubschrauber in der Luft
bleiben«, sagte er. »Es ist zu befürchten, daß diese Typen nach allen
Seiten weglaufen. Mit Hilfe des Hubschraubers behalten wir den
Überblick. Ich schlage vor, daß Miß Perkins in diesem Hubschrauber
mitfliegt.«
Wir liefen zu den Helikoptern und starteten. Fünf Minuten
später gingen wir wie ein Heuschreckenschwarm auf der Ainslee-Farm
nieder. Ich befand mich in der Mitte der Formation. Bisher war kein
Schuß auf uns abgegeben worden. Und wenig später wußte ich auch, warum.
Alle Männer waren geflüchtet. Auf dem Gehöft, das ich bei meiner
überstürzten Flucht für eine dörfliche Ansiedlung gehalten hatte,
befanden sich nur Frauen und Kinder. Die Kinder kamen herbeigelaufen
und betrachteten das Schauspiel, das
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