Bahama-Krise
haben Debbie gefoltert«,
sagte ich.
Erst als er mir die Hand auf die Schulter legte, merkte ich,
daß ich am ganzen Körper zitterte.
»Mach dir jetzt keine unnützen Sorgen, Junge«, sagte er. »Bald
ist alles ausgestanden, und du kriegst deine Debbie wieder. Kannst du
gehen?« Er betrachtete meine Füße. »Wäre ganz gut, wenn wir Sherry-Lou
ein Stück entgegengehen.«
»Ich kann's versuchen.«
»Du bist der Typ, der alles immer nur versucht«, sagte er und
lächelte. Er strahlte Zuversicht aus. Meine Hoffnung, Debbie lebend
wiederzusehen, wuchs.
Perkins schaute auf die Ebene hinunter, über die mein
Fluchtweg geführt hatte. »Wir sollten uns vor den Ainslees in acht
nehmen«, sagte er. »Wenn's ihnen in den Kopf kommt, lauern sie uns da
unten irgendwo auf. Oder sie holen Verstärkung, um uns hier an der
Böschung abzuknallen. Am besten, wir verstecken uns da oben.« Er
deutete bergauf. »Sherry-Lou weiß, wo sie uns zu suchen hat.«
Er hob die Doppelflinte hoch, die ich Earl Ainslee abgenommen
hatte.
»Hübsches Rohr«, bemerkte er anerkennend.
»Ich schenk's Ihnen«, sagte ich. »Wie die Dinge liegen, glaube
ich nicht, daß Earl die Waffe zurückverlangt.«
Dade schmunzelte. »Da könntest du recht haben.«
Wir verbrachten eine Stunde in dem Versteck, das Perkins
ausgesucht hatte. Ich war eingenickt. »Sherry-Lou kommt«, weckte er
mich. »Sie bringt Chuck mit.« Er steckte zwei Finger in den Mund und
ließ eine Pfiff ertönen. Die beiden Gestalten, die in einiger
Entfernung durch das Buschland stapften, änderten ihre Richtung und
kamen auf die Felsen zu, zwischen denen wir Zuflucht gesucht hatten.
Sherry-Lou hatte nicht nur Schuhwerk für mich mitgebracht,
sondern auch etwas zu essen. Während ich ein Sandwich nach dem andern
verschlang, fiel mir ein, daß ich vierundzwanzig Stunden lang nichts zu
mir genommen hatte. Ich lehnte mich an einen Felsen, und Sherry-Lou
rieb mir die Füße mit Wundsalbe ein, dann umwickelte sie Spann und
Ferse mit dünnen Bandagen.
Wichtiger als die Sandwiches, die sie mitgebracht hatte, war
ihr Bericht von dem Telefongespräch mit Billy Cunningham. Billy hatte
versprochen, Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen. In diesem
Augenblick mußte bereits ein Schwarm von gecharterten Hubschraubern in
Richtung Big Thicket Country unterwegs sein. Wie ich Billy kannte,
würde er auch von der Einbeziehung ganzer Geschwader der US-Luftwaffe
nicht zurückschrecken. Es war allenfalls der fehlende Landestreifen für
Düsenjäger, der ihn von dieser taktischen Maßnahme abhielt.
»Billy kommt selbst mit hergeflogen«, sagte Sherry-Lou. »Er
sagt, er bringt einen Arzt mit.« Sie vermied es, mich anzusehen. Wir
beide wußten, daß es dabei nicht um meine Verletzungen
ging.
»Worum geht es eigentlich bei der ganzen Aktion?« erkundigte
sich Chuck.
Ich ließ Dade die Story erzählen, ich war zu sehr mit Essen
beschäftigt. »Diese Verbrecher!« sagte Chuck, als Dade fertig war. »Ich
wußte, daß die Ainslees ein übles Pack sind, aber so was …« Er
starrte mich an. »Und Sie sagen, Sie haben Earl getötet?«
»Er ist tot, es sei denn, er bringt das Kunststück fertig,
ohne Kopf weiterzuleben«, sagte ich.
»Da wird Leroy schäumen vor Wut. Leroy ist gefährlich. Was
sollen wir tun, Vater?«
»Hat Billy Cunningham gesagt, wie lange er brauchen wird?«
Dade hatte sich an Sherry-Lou gewandt.
»Er meinte, er kann um drei Uhr hier sein«, antwortete sie.
Ihr Vater zog eine altmodische Taschenuhr aus der Weste.
»Chuck, du gehst jetzt schnurstracks zur Farm zurück«, ordnete er an.
»Wenn Billy in seinem Schmetterling einschwebt, dann steigst du mit ein
und dirigierst ihn zu der großen Wiese am Turkey Creek. Wir warten dort
auf euch. Mr. Mangan kann nicht die ganze Strecke bis zum Haus zu Fuß
gehen.«
»Okay«, sagte Chuck und machte sich auf den Weg. Ich sah ihm
nach, wie er im raschen Lauf zwischen den Büschen verschwand. Wenn der
Marathonlauf einmal durch Big Thicket Country führte, hatten die
Perkins-Kinder Chancen.
Sherry-Lou lachte. »Mein Bruder ist noch nie geflogen«, sagte
sie. »Für den ist das Ganze das Ereignis des Jahres.« Sie befestigte
das Ende meines Armverbands mit einer Klammer. »Wird's so gehen?«
Ich nickte. »Ich mache mir Sorgen wegen Debbie.«
Sie senkte den Blick. »Es tut mir leid für Sie.«
Ihr Vater war aufgestanden. »Wir brauchen eine Viertelstunde
bis zum Turkey Creek«, sagte er. »Es ist besser, wir gehen jetzt los,
damit die
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